Die Zahl der Aufsichtsrätinnen steigt zwar langsam an, die Vorstandsebenen der größten österreichischen Unternehmen geben aber immer noch ein wenig diverses Bild ab. Nach wie vor ist in 45 von 58 österreichischen börsennotierten Unternehmen keine einzige Frau im Vorstand.
Von 191 Vorständen in börsennotierten Unternehmen sind aktuell nur 14 Frauen. Das geht aus dem aktuellen EY Mixed Leadership Barometer des Beratungsunternehmens EY hervor. Die steigende Zahl der Aufsichtsrätinnen sollte daher nicht zur Beschreibung eines generellen Aufwärtstrends herangezogen werden. Leider ist sogar das Gegenteil der Fall: Im Vergleich zum Jahresbeginn gab es mit Stichtag 1. August 2020 in den Vorstandsrängen sogar einen leichten prozentuellen Rückgang der Frauen von 7,7 auf 7,3 Prozent. Die Zahl weiblicher Vorstände blieb gleich, allerdings bezogen neun zusätzliche Männer ihre Chefsessel.
»Mittlerweile bin ich für eine Quote. In den letzten 20 Jahren hat sich bei der Anzahl von Frauen in Führungspositionen oder in Aufsichtsräten nur wenig geändert.«
Erschreckend auch das Gesamtbild: Nach wie vor ist in 45 von 58 österreichischen börsennotierten Unternehmen keine einzige Frau im Vorstand. Nur drei Frauen stehen 2020 ganz oben: Herta Stockbauer bei der BKS Bank, Karin Trimmel beim Kräuterlikörhersteller Gurktaler und Elisabeth Stadler bei der Vienna Insurance Group. Schon 2018 wies Stockbauer auf diese nur sehr geringen Fortschritte hin: »Ich habe lange gedacht, wir brauchen sie nicht und Frauen werden in Österreich auch so gut vorankommen. Mittlerweile bin ich für eine Quote. In den letzten 20 Jahren hat sich bei der Anzahl von Frauen in Führungspositionen oder in Aufsichtsräten nur wenig geändert.« Auch das Argument, dass es zu nicht genügend qualifizierte Frauen gibt, die entsprechende Positionen in Aufsichtsräten oder Vorständen einnehmen könnten, lässt Stockbauer nicht gelten: »Dasselbe wurde auch in Norwegen oder Deutschland gesagt. Erstaunlicherweise ließen sich doch sehr gut ausbildete und kompetente Frauen finden. Und die Unternehmen schreiben weiter gute Gewinne. Das Ergebnis lohnt sich immer. Denn gemischte Teams arbeiten nachgewiesener Maßen erfolgreicher.«
Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative »Women. Fast Forward« bei EY Österreich, weist darauf hin, dass es teilweise immer noch zu wenig Unterstützung aus der Politik, den Unternehmen und auch vom persönlichen Umfeld gibt, um Strukturen nachhaltig zu verändern: »Wenn die Zahl der Frauen weiter im Tempo der letzten Jahre von unter einem Prozentpunkt steigt, wird es bis zum Jahr 2073 dauern, bis in den Vorstandsgremien 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer sitzen«, so Pelzmann. Die Hauptursache liegt für Helen Pelzmann unter anderem in der Scheu der Unternehmen vor Veränderungsprozessen in den obersten Leitungsfunktionen. »Keine Frauen in den Vorstandsetagen sind ein starkes Indiz, dass es sehr wohl Aufstiegshindernisse gibt und Tradition anstatt Wandel, Aufbruch und Fortschritt gelebt wird.«
Header: Elisabeth Stadler, Generaldirektorin (CEO) & Vorstandsvorsitzende VIG © Ian Ehm