Frau Aichinger, 2010 lag der Recycling-Anteil von PET-Flaschen bei Vöslauer bei 50%. Was hat sich in den letzten 15 Jahren verändert?
A: 2018 haben wir die erste 100%-RePET-Flasche gemacht und uns vorgenommen, bis 2025 alles umzustellen. Allerdings haben wir Gas gegeben und hatten bereits Anfang 2020 dieses Ziel erreicht. Wir wollen nicht nur recyclebares Material erzeugen, sondern es auch tatsächlich recyceln. Bei PET-Material ist es relativ einfach. Wir wollen es aber bei vielen anderen Materialien auch machen. Wobei wir natürlich schon an Grenzen stoßen. Die Folie ist ein großes Thema, da ist der Anteil noch lange nicht bei 100%. Aber auch hier versuchen wir, den Wiederverwendungs- und Wiederverwendbarkeits-Anteil sukzessive zu erhöhen. Wir wollen außerdem einen 100% recycelten Verschluss haben.
Herr Hauke, wie sieht in Österreich der Status Quo beim Recycling aus – und was sind die Vorteile des PET-Systems? Warum sollte man als Konsument:in darauf achten, PET-Flaschen zu kaufen?
H: PET ist das Rolemodel für Kunststoffrecycling, denn es kann zu 100% recycelt und wieder in den Kreislauf zurückgebracht werden, auch bei Lebensmittel-Verpackungen. Wir sammeln in Österreich 76% der PET-Flaschen. Dieses gesammelte Material, geht zu 100% zurück in die Getränke-Industrie und wird in denPET-Anlagen auch wirklich wieder zu Flaschen. Was bei PET noch dazu kommt: Es gibt die gesetzliche Vorgabe, dass ab 2025 25% Rezyklat in der Verpackung sein müssen und ab 2030 sogar mindestens 30%.
Wie sieht der Kreislaufprozess bei den PET-Flaschen von Vöslauer aus?
A: In unserem Fall geht das Material zu einem sehr großen Teil zur PET to PET nach Müllendorf im Burgenland. Das ist ein Unternehmen, das wir 2006 gemeinsam mit vier anderen großen Getränkeherstellern gegründet haben. Benutzte PET-Flaschen werden dort zu Flakes verarbeitet, aus den Flakes wird Granulat gemacht und aus dem Granulat dann sogenannte Preforms. Aus diesen Preforms, die man sich vorstellen kann wie kleine Eprouvetten, werden dann bei uns vor Ort Flaschen geblasen. Diese werden anschließend gefüllt und verpackt. Dieser Kreislauf funktioniert sehr gut, das ist ein erprobtes und eingespieltes System.
Seit letztem Jahr gibt es bei Ihnen auch eine wiederbefüllbare PET-Flasche – also eine richtige Mehrweg-PET-Flasche. Warum?
A: Die hat es in Österreich vor 20 Jahren das letzte Mal gegeben und wir haben sie jetzt wieder eingeführt. Diese Flaschen kommen mit einer Kiste wieder retour, nahezu zu 100%, und werden dann bis zu 12mal wiederbefüllt. Das spart gegenüber einer Einwegflasche oder Zweiwegflasche 400 t Material. Wichtig ist allerdings, dass man in solche Flaschen keine Fremdstoffe hineinfüllt, weil man sie dann schwer wiederverwenden kann. Das ist ganz vielen Leuten überhaupt nicht bewusst. Wenn da beispielsweise ein Zigarettenstummel in einer Mehrwegflasche ist, dann ist das bei Glas nicht so ein großes Problem. Bei PET schon.
Wie findet da bei Vöslauer die Bewusstseinsbildung statt? Oder macht das die ARA?
A: Wir haben schon begonnen, das zu kommunizieren, vorwiegend auf Social Media.
H: Unser Kernziel ist es, dass in Österreich gesammelt wird. Deswegen kommunizieren wir primär Themen rund um die Sammlung und das Recycling. Dafür haben wir unterschiedliche Maßnahmen wie zB. die Umweltbildung in Kindergärten und Volksschulen, unseren Recyclingguide oder unsere „Rohstoffe im Kreislauf halten“ Initiative gemeinsam mit unseren Kund:innen.. Für die Kommunikation nutzen wir nicht nur unsere eigenen Medienkanäle sondern unterstützen auch Kindergärten, Schulen und Abfallberater regelmäßig mit Materialien zum Recycling und zur Kreislaufwirtschaft. Wir sind in Österreich mit diesem Thema sehr präsent, im Gegensatz zu anderen Ländern, wie z.B. Deutschland, wo relativ wenig kommuniziert wird. Dort ist auch die Qualität der Sammlung deutlich schlechter. In Deutschland sind bis zu 40 oder 50% Fehlwürfe in der gelben Tonne. In Österreich haben wir 10% Fehlwürfe. Seit Jahresbeginn werden auch in ganz Österreich alle Kunststoffverpackungen in der Gelben Tonne bzw. dem gelben Sack gesammelt, damit wir auch die von der EU definierten Kreislauf-Ziele 2025 erreichen.
Wie sieht es danach aus? Gibt es schon Pläne für die Zeit nach 2025?
A: Bis 2030 haben wir uns vorgenommen, die Mehrwegquote deutlich zu erhöhen. Natürlich muss auch der:die Konsument:in mitmachen. Allerdings sind wir der Ansicht, dass die Leute prinzipiell gern gute Produkte kaufen – egal, ob das Mehrweg oder Einweg ist. Darüber hinaus prüfen wir generell sukzessive alle Materialien und schauen, wo es Möglichkeiten gibt, den Recyclinganteil zu erhöhen. Wir spielen das so weit, dass wir das nicht nur bei den Verpackungen machen, sondern auch bei Promotions sehr bewusst auf Nachhaltigkeit schauen. Wir haben z.B. refurbed Elektrogeräte verlost oder auch recycelte Fahrräder. Vor allem bei Sportgeräten schauen wir, dass wir recycelte Materialien hernehmen. Hier gibt es erstaunlicherweise ein sehr vielfältiges und lifestyliges Angebot. Wir versuchen, die Recyclingwelle quer durchzuspielen.
H: Das ist bei uns ähnlich. Das Hauptziel ist, dass die Bevölkerung mitmacht, damit Österreich die Sammelquoten erreicht. Dafür ist eine umfassende Bewusstseinsbildung wichtig. Ein weiteres entscheidendes Thema ist für uns, dass wir unser Modell – wir treiben seit 30 Jahren die Kreislaufwirtschaft in Österreich– in andere Bereiche ausdehnen wie z.B. in die Bauwirtschaft, den Textil- oder Kaffeekapselbereich. In der EU sind Recyclingziele bis 2035 gesetzt sowie der Green Deal bis 2040. Unser Ziel geht aktuell bis 2035. Bis dahin soll der Siedlungsabfall um 75% recycelt wird.
A: Man kann die Bevölkerung zum Sammeln motivieren, wenn sie sieht, was mit den Dingen passiert z.B., wenn daraus attraktive Produkte entstehen. Und natürlich ist auch der gesellschaftliche Druck da. Etwa, wenn es beim jungen Festivalpublikum als total uncool gilt, „Zeug“ in die Gegend zu werfen.
Wie sieht es bei den Unternehmen aus?
H: Große Konzerne haben schon jetzt klare Ziele wie viel Prozent Rezyklat in den Verpackungen verwendet werden soll und wie viel Prozent wieder rezykliert werden soll. Dadurch entsteht eine Dynamik, auch im Bereich Kunststoff.
A: Es entsteht auch ein Druck von Seiten der Arbeitnehmer:innen. Eine der ersten Fragen von jungen Mitarbeiter:innen ist: Wie haltet ihr es mit dem Thema Recycling und Nachhaltigkeit?
H: Das sehen auch wir in einem hohen Andrang an Bewerbungen. Viele wollen zu uns kommen, weil auch sie etwas Sinnvolles und somit ihren Beitrag für die Umwelt leisten wollen.
Die ARA als Innovationstreiber
Zukunft. Kreislauf. Wirtschaft. Seit 30 Jahren agiert die ARA als treibende Kraft der österreichischen Abfall- und Kreislaufwirtschaft und ist Marktführer unter den Sammel- und Verwertungssystemen für Verpackungen sowie Elektroaltgeräte und Batterien.
Die ARA gilt heute als internationales Best Practice und entwickelt als Servicepartner der Wirtschaft maßgeschneiderte Entsorgungslösungen im Bereich der Abfall- und Kreislaufwirtschaft: vom Entpflichtungsservice über Stoffstrom- und Abfallmanagement bis zu ARA Circular Design reicht das Leistungsspektrum, das zudem die Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft forciert.