StartBusinessOptimismus in der Wirtschaft

Optimismus in der Wirtschaft

Gedankenaustausch mit Gefühl: Das Motto des diesjährigen Zukunfts.Symposium im oberösterreichischen Eferding war „Optimus & Liebe. Im Business“. Wie man, unter dem Einfluss von künstlicher Intelligenz, weg von der Kultur eines von Gier gesteuerten Wachstums hin zu einer Ökonomie des Gebens finden könnte.

Manche Sichtweisen verändern sich über die Jahre. Bei anderen braucht es manchmal nur einen Schritt aus dem Alltag heraus, ein bisschen Distanz und auf einmal schärfen sich alte Bilder neu und bekommen frische Farbe.

Müsste man die Atmosphäre beschreiben, die das Zukunfts.Symposium, das die Kulturanthropologin Bettina Ludwig kürzlich im oberösterreichischen Eferding veranstaltet, umwehte, trifft der zweite Satz zu Beginn dieser Story so ziemlich den Nagel auf den Kopf. Das Motto der erstmals zweitägigen Veranstaltung lautete „Optimismus und Liebe in der Wirtschaft“ – weil wir uns, wie Ludwig animierend meint, „doch alle wieder auch im Geschäftsleben ein bisschen mehr auf das Geben konzentrieren sollten“. Im Zentrum der Veranstaltung stand deshalb ein Vortrag über „Giftivism“, worunter man eine Ökonomie versteht, die auf einer Mischung aus Schenken und Aktivismus beruht. Begründet wurde sie vor etwa 20 Jahren vom ehemaligen Berater von Ex-US-Präsident Barack Obama, Nipun Mehta. Obama hatte damals Mehta, Founder der NGO-Plattform „Service Space“ für Freiwilligenarbeit, in sein Team geholt. Der ehemalige Silicon Valley-Manager sollte Konzepte entwickeln, um die Armut in den USA besser in den Griff zu bekommen. In seinem Talk referierte er unter anderem darüber, wie man „indigenous wisdom“ – indigene Weisheit, die in uns allen ruht – mit künstlicher Intelligenz zusammenbringt. Und er schenkte seinem Publikum inspirierende Momente, „how to learn to listen to our heart‘s intelligence“ – wie wir lernen, auf unsere „Herz-Intelligenz“ zu hören.

„Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“

Auch Star-Motivator Ali Mahlodji vermittelte einen positiven Blick auf die Zukunft, in dem er erinnerte, wie wichtig es sei, an Vorhaben dranzubleiben und auch in schwierigen Zeiten nicht das Handtuch zu werfen. Er zog etwa eine Parallele zu Kleinkindern, die ja alle unter gewaltiger Anstrengung gehen lernen – „Selbst, wenn es nach dem zehnten Versuch niederfällt, würde kein Kind je auf die Idee kommen, zu sagen: Schaffe ich nicht, habe kein Talent fürs Gehen, ich gebe auf“. Sein Mantra: „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“.

Ex-ORF-Sportmoderatorin und „Minerva“-Preisträgerin Mari Lang erzählte auf mitreißende Art, wie es während ihrer Mutterschaftskarenz zu ihrem mittlerweile mehrfach preisgekrönten Podcast „Frauenfragen“ kam. Start-up Gründer Peter Buchroithner (Chatbot „Swelly“, „Stardust“-Kaffee) berichtete von seiner unternehmerischen Erfahrung, von Burn-out und neuem Antrieb und seiner genialen 4-Tage Woche, die darin besteht, alle 2 bis 2,5 Tage einen Tag Pause einzulegen. Red-Bull-Mediahaus-Gründer Andreas Gall mahnte ein, bei Geschäftsentscheidungen stärker auf die Stimmen junger Menschen zu hören und diese durchaus ins Executive Board miteinzubeziehen.

Organisatorin Bettina Ludwig schenkte Einblick in ihre Forschungsarbeit in der afrikanischen Kalahari-Wüste, wo sie seit Jahren schon das Leben einer Gruppe von 2.400 Individuen beobachtet: Um ihren Alltag zu organisieren würde sich diese Gesellschaft in Teilgruppen von 65 Personen aufteilen mit ganz konkreten Aufgaben. Zeit wäre für die Kalahari keine Linie, sondern ein Kreislauf, daher gäbe es auch keine Kindheit in dem Sinn, wie wir sie verstehen. Gezählt werde nur bis fünf – alles weitere firmiere dann nur mehr unter „viel“. Entscheidungen werden gemeinschaftlich gefällt, Besitztum existiere nicht und die Menschen würden auch keine Zukunftsform kennen, wenn sie redeten. Interessante Details, die einen ganz schön ins Grübeln bringen konnten, wenn man versuchte, sich so eine Gesellschaft vorzustellen. Dazu musizierten die wunderbare Ina Regen sowie der indische Rapper Nimo Patel. Die eine führte mit ihrem Song „Wie a Kind“ im Publikum zu Tränen der Ergriffenheit, der andere brachte mit „Planting Seeds“ alle zum gemeinschaftlichen Singen und Tanzen. Großartige Stimmungsbäder.

Tag zwei, der dann nicht mehr öffentlich zugänglich war, sondern an dem man nur per Anmeldung teilnehmen konnte, fand an der wunderschönen Schlögener Schlinge statt, eine Flussschlinge im oberen Donautal in Oberösterreich, etwa auf halbem Weg zwischen Passau und Linz. Hier gab vormittags es rege Diskussionen, Gruppenarbeiten, Bewusstseins-Übungen direkt am Fluss. Der Nachmittag stand wieder ganz im Zeichen von künstlicher Intelligenz, wobei allen klar war, dass man über etwas reden würde, dessen Zukunft keiner vorhersehen kann. Nur um ein Gefühl für die zeitliche Dimension zu geben, in der wir uns befinden, gab Nipun Mehta zu bedenken: „Das Fernsehen hat 70 Jahre gebraucht, um ein Milliardenpublikum zu erreichen, ChatGPT vier Tage – die Frage ist, wie rasch sich die nächste Generation von AI verbreitet…“ Und er warf die zukunftsentscheidende Frage in den Raum: „Wie können wir Herzens-zentriert bleiben in diesem rasenden Zug?“

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