StartOpinionÖsterreich-Wahlen: Die Selbstausschaltung der SPÖ

Österreich-Wahlen: Die Selbstausschaltung der SPÖ

Die SPÖ hat sich in den vergangenen Monaten selbst in eine strategische Sackgasse manövriert. In einer politischen Landschaft, die von Frust und Verunsicherung geprägt ist, könnte ausgerechnet sie zum unfreiwilligen Wegbereiter für eine rechte Regierung werden.

Früher war auf die Frauen noch Verlass, wenn es darum ging, der rechten Front die Stirn zu bieten – denn es waren in erster Linie Männer, die die FPÖ gewählt hatten. Diesmal hat sich, laut Wählerstrom-Analysen, der Gender Gap erstmals fast geschlossen. Das zeigt vor allem eines: nämlich wie groß der Frust gegenüber der Regierung und den traditionellen Parteien sein muss.

Denn an der Frauenpolitik der Blauen wird dieser Erfolg kaum liegen: keine Rede dort vom Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, von gleichem Lohn für gleiche Arbeit oder gezielten Arbeitsmarktprogrammen. Nur zwei Punkte: das Thema Sicherheit (im Kontext mit der Migrationspolitik) und die Aufwertung von Pflege. Wobei selbst letzter Punkt – aus den Reihen der FPÖ – nicht unbedingt nach Progressivität klingt: „Die familiäre Betreuung muss mit dem gleichen Betrag gefördert werden wie die außerhäusliche Betreuung“, sagte FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker zu Beginn dieses Wahljahres in sheconomy, als wir bei der Frage nachhakten: „Was bietet die Politik den Frauen?“. Immerhin sei die Familie für Kinder „die bewährteste Bildungseinrichtung seit der Geburt“, so Ecker.

Wie der Machtpoker in den kommenden Wochen für Österreich ausgehen wird, kann aus heutiger Sicht niemand ernsthafterweise prognostizieren. „Es ist alles sehr kompliziert“, hätte vielleicht der 2008 verstorbene, schwer unterschätzte, ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende Fred Sinowatz an dieser Stelle gesagt ­und, wie schon damals, auch heute viel Weitblick damit bewiesen. A propos SPÖ: Mit der Urabstimmungsregelung über Parteivorsitz und Koalitionspakt, die Parteichef Andreas Babler eingeführt hat, hat sich die SPÖ selbst um einen Bewegungsspielraum gebracht, der sich gerade jetzt als hilfreich erweisen könnte. So aber besteht die Gefahr, dass die Basis jeden Kompromiss mit der ÖVP verweigert und an den zwei SPÖ-Aushängeschildern 32-Stunden-Woche und Vermögenssteuer („Reichensteuer“) festhält – beides No-Go-Themen für die ÖVP. Damit könnte ausgerechnet die Partei, die sich stets für ihre Fortschrittlichkeit, ihren Kampf gegen den Antisemitismus, ihre Internationalität und ihre grundsätzlich antifaschistische Grundhaltung rühmte, zum Königsmacher für die FPÖ werden.

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