Keine Frage: Nachhaltigkeit zeigt sich in vielen Facetten. Gerade – und vor allem – in der Hotellerie. Die Energiebilanz im Blick behalten. Bio-Lebensmittel am Frühstücksbüfett anbieten. Oder aber auf Kühlschränke verzichten. Diesen Weg ging die Motel One Group schon vor rund 20 Jahren. „Die Entscheidung, keine Minibars in den Zimmern zu installieren, war damals ungewöhnlich, passte aber nicht zu unserem Konzept und unserem Fokus auf das Wesentliche. Zudem sind Kühlschränke wahnsinnige Energiefresser – heute sammeln wir dadurch im Sinne der Nachhaltigkeit große Pluspunkte.“
Für Ursula Schelle-Müller bedeutet Nachhaltigkeit allerdings viel mehr als das. Für sie wird die auch in Form von Gastfreundschaft gelebt. Nachhaltig soll auch das Gefühl sein, mit dem die Gäste das Haus verlassen – und es in Erinnerung behalten.
Eine gleichbleibende Qualität, der Standard, den man immer erwarten kann – das ist es, was die Gäste zu schätzen wissen. Ein großer unternehmerischer Erfolg, der über Jahre erarbeitet wurde, könnte man nun sagen. „Glück und Zufall“ sind eher die Worte, die Ursula Schelle-Müller dafür findet. Warum? „Ich empfinde das in meinem Selbstverständnis nicht als eine wahnsinnige Leistung. Es ist ein Einsatz, der für mich immer selbstverständlich war und über den ich nicht ständig an Rednerpulten sprechen müsste.“ Ihren Ehemann Dieter Müller beschreibt Ursula Schelle-Müller als Strategen und Visionär. „Ich bin eher die Ausgestalterin, Umsetzerin, Gefühldenkerin.“
Der Campus soll Nähe schaffen
Als sheconomy sich mit Ursula Schelle-Müller trifft, geht es direkt rein ins Hotelleben – in die Lobby des Motel One in der Tegernseer Landstraße in München. Auch, wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Hier hat nicht nur ein Hotel der Gruppe seinen Standort, hier befindet sich auch die Verwaltung und die Ausbildungs-Akademie des Unternehmens. Ursula Schelle-Müller ist sich sicher: „Es ist hilfreich, wenn du als Head-Office Mitarbeiter*in weißt, worum es geht – nämlich um ein Hotel, um Gäste und um Mitarbeitende. Wir wollen mit dem Campus das Bewusstsein dafür schärfen. Er schafft Nähe, der Bezug geht nicht verloren.“
Der Bezug zu den Menschen ist der Unternehmerfamilie besonders wichtig. „Am Ende des Tages sind es immer die Mitarbeitenden, die ein Hotel besuchenswert machen. Das Hotel kann noch so schön sein – wenn der Spirit nicht stimmt, die Mitarbeiter*innen nicht mit Leidenschaft und Spaß arbeiten und das dem Gast vermitteln, wird es kein Erfolg.“ Aber ihr ist auch klar: „Nur, wenn du selbst die Mitarbeitenden ernst nimmst und wahrnimmst, können sie die Wertschätzung dem Gast weitergeben.“
Teams gut aufstellen
Was sich so einfach anhört, ist eine Herausforderung – gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Rund 3.000 Mitarbeitende zählt die Motel One GmbH heute, während der Corona-Pandemie sprang Personal in andere Wirtschaftszweige ab. Obwohl man mit einem großen HR-Team arbeite, internen und externen Trainer*innen, gelte es, die Teams gut aufzustellen – „in der Menge und in der Qualität.“ Regelmäßige Schulungen in den Hotels und E-Learnings seien obligatorisch. Und: „Unser Wunsch ist es, dass die Kolleg*innen einmal im Jahr am Campus sind, um hier ein Training zu bekommen.“ Ein Baustein für Ursula Schelle-Müller, das Unternehmen nachhaltig für die Zukunft
aufzustellen.
Ein anderer: Achtsam und umsichtig mit den Ressourcen umgehen – auch, und gerade im Design, das durch sein Türkis besticht. Die Farbe entstand, weil sie Ursula Schelle-Müller an eine Bucht in Mallorca erinnert. „Diesen positiven Vibe wollte ich ins Hotel holen.“ Ein Team aus zehn Interior-Designerinnen sorgt heute für die Inneneinrichtung und dafür, dass das Motel One seinen ganz eigenen Wiedererkennungswert hat. Inspiration finden sie und ihr Team auf Reisen, in Büchern, Zeitschriften und auf Messen. Rund 200.000 Euro kostet ein Zimmer, bis es ausgestattet ist. Der Renovierungszyklus mit etwa zehn Jahren ist recht kurz. „Wir überlegen immer, wie wir die Materialien im Kreislauf halten können. Das Ziel muss am Ende sein, dass gar nichts in den Müll geht, wenn wir ein Zimmer renovieren.“ Ein Prozess für Ursula Schelle-Müller, „den wir Schritt für Schritt gehen. Wir werden die Welt nicht von heute auf morgen verändern, aber wir müssen uns auf den Weg machen.“
Neue Standorte entwickelt das Unternehmen immer wieder. Lage, Lage, Lage und eine gute Verkehrsanbindung sind dabei wichtig – zudem die Sichtbarkeit des Hauses. Bestes Beispiel: Das Hotel am Sendlinger Tor in München, das zu den stärksten Häusern der ganzen Gruppe zählt. Vor wenigen Wochen übergab Ursula Schelle-Müller ihre Tätigkeit als CMO an Susan Schramm. „Mir persönlich war es wichtig, eine weibliche Nachfolgerin für mich zu finden, die die Vision weiterlebt und -trägt. Mein Mann und ich sind im Aufsichtsrat, ziehen uns sukzessive aus dem Tagesgeschäft zurück und freuen uns, wenn wir unsere Zeit in andere Projekte stecken dürfen.“ Konkret in das Hotel Kitzhof in Kitzbühel, das Resort „Das Achental“ im Chiemgau und in den derzeit im Bau befindlichen Chiemgauhof, ein luxuriöses Hideaway direkt am Chiemsee. Für die Geschicke der Motel One GmbH ist nun Sohn Daniel Müller als Co-CEO gemeinsam mit Stefan Lenze verantwortlich. Beide sind schon lange im Unternehmen und leben das Selbstverständnis des guten Umgangs. „Die Vorbildfunktion ist gerade im Umgang miteinander wichtig“, ist sich Ursula Schelle-Müller sicher.
Zur Person
Ursula Schelle-Müller (geb. 1965) begann, nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften 1992 zunächst als PR und Marketingassistentin bei den damals im Aufbau befindlichen Astron Hotels in München. Nach deren Verkauf im Jahr 2002 konzentrierte sich das Unternehmen auf den Aufbau der Marke Motel One. Schelle-Müller blieb in dem kleinen Team um ihren Mann Dieter Müller, Gründer und Chairman der Motel One Group, und konnte Konzept, Produkt und Marke der neuen Budget Design Hotels „Motel One“ mitgestalten und prägen. Als CMO war sie verantwortlich für Marketing und Design. Seit Sommer 2023 begleitet Ursula Schelle-Müller das Unternehmen im Aufsichtsrat.
Ausgezeichnet
Nachhaltig: In der Studie „Nachhaltigkeits-Champions“ des Analyseinstituts ServiceValue in Kooperation mit DIE WELT wird Motel One 2023 in der Kategorie „Hotels – Budget“ als „Besonders nachhaltig“ eingestuft. Die Studie hebt Unternehmen hervor, die aus Verbrauchersicht besonders umweltbewusst und ökologisch handeln. 300.000 Kund*innenurteile bewerteten hier 1.200 Unternehmen aus fast 80 Branchen.
Preis-Leistung: Gemeinsam mit dem Handelsblatt prämiert YouGov jedes Jahr die fünf
besten Marken in einer Kategorie als „Preis-Leistungs-Sieger“. Motel One konnte sich erneut in der Kategorie „Hotels“ durchsetzen, vor B&B Hotels, NH Hotels, Ibis und Best Western. Die Bewertung basiert auf 900.000 Online-Interviews.
Zahlen und Fakten
Gegründet wurde das Unternehmen 2000, Sitz ist in München. Aktuell werden 92 Hotels mit 25.817 Zimmern betrieben. Die Motel One GmbH gilt als Begründer und Vorreiter des Budget-Design-Konzepts. Die durchschnittliche Auslastung betrug 75 Prozent im dritten Quartal 2023. In diesem Quartal wurde ein Umsatz von 231 Millionen Euro (Vorjahr: 202) erwirtschaftet, das ist ein Plus von 15 Prozent. Der Gewinn vor Steuern (EBT) lag in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 bei 158 Millionen Euro (Vorjahr: 83). Das Ergebnis nach Steuern hat sich nahezu verdoppelt – auf 114 Millionen Euro (Vorjahr: 58).