Freude statt Selbstoptimierung, kleiner Aufheller im Alltag statt sterile Medizinoptik – Gesundheit darf Spaß machen, so das Credo der Gründerinnen von Bears with Benefits, Laurence Saunier und Marlena Hien. Wie die beiden im Start-up mit Vitamin Gummies für Haut und Haar gemeinsam durchgestartet sind, ihren Exit erreicht haben und welcher Erfolgsbaustein dafür entscheidend war.
Wann wurde „der kleine Bär“ geboren? Wie ist die Idee entstanden?
Marlena Hien: Wir sind nie mit dem Gedanken gestartet, Gummibärchen zu produzieren. Aber uns fiel nach dem eigenen Bedürfnis heraus auf, wie steril das Supplementregal war – alles weiß, medizinisch, langweilig. Gleichzeitig wussten wir, wie wichtig das Thema Gesundheit ist. Wir wollten etwas entwickeln, das Freude macht, nicht nach Pflichtprogramm funktioniert. In den USA und Asien gab es bereits funktionale Gummies, in Deutschland kaum. Uns war klar: Gerade hier, im Land der Gummibärchen, steckt enormes Potenzial. Farben spielen dabei eine tragende Rolle, denn Gesundheit darf Spaß machen. Knallpink steht für Lebensfreude, Energie, Weiblichkeit und Leichtigkeit. Diese emotionale Bildsprache ist ein wesentlicher Teil unserer Marken-DNA.
Welche Altersgruppen sprecht ihr an?
Laurence Saunier: Unsere Produktpalette erlaubt uns, Frauen von etwa 16 bis 60+ anzusprechen. Die klar stärkste Zielgruppe sind jedoch Frauen zwischen Anfang 30 und Mitte 40 – vor allem Mütter mit jüngeren Kindern. Schwangerschaft, Stillzeit und die Zeit danach sind häufig der Punkt, an dem Frauen sich erstmals intensiver mit Mikronährstoffen beschäftigen. Schlafmangel, Stress, hormonelle Umstellungen, Haarausfall – genau hier entstehen echte Bedürfnisse. Unsere Produkte sind so konzipiert, dass sie in diese komplexe Lebensphase möglichst unkompliziert passen.
Welche funktionalen Vorteile haben Gummies gegenüber Tabletten?
M.H.: Gummibärchen sind nicht nur emotional aufgeladen, sie sind auch funktional sinnvoll. Sie enthalten Ballaststoffe wie Pektin und pflanzliche Öle, die vor allem bei fettlöslichen Vitaminen wie Vitamin D die Bioverfügbarkeit verbessern. Außerdem lassen sich natürliche Farben aus Karotten, Süßkartoffeln oder Beeren nutzen. Viele Menschen nehmen Tabletten ungern oder vergessen sie – Gummies werden bewusst und gerne konsumiert. Das steigert die Compliance massiv.
Sind Gummibärchen nicht bereits geschützt?
L.S.: Unsere Produkte sind klar Nahrungsergänzungsmittel, emotional und visuell also anders positioniert. Natürlich kamen schnell Nachahmer, vor allem online und auf Amazon. Aber unser Anspruch war von Anfang an: evidenzbasierte Rezepturen, saubere Kommunikation, Compliance mit europäischen Regularien. Das unterscheidet uns klar z.B. von klassischen Süßwarenherstellern.
Ihr kommt nicht aus der Lebensmittel- oder Gesundheitsbranche – warum habt ihr euch das zugetraut?
M.H.: Man braucht kein Pharmaziestudium, um ein Supplement zu entwickeln, aber man braucht Respekt vor der Verantwortung. Wir haben uns früh Expertinnen ins Team geholt – Ernährungsmedizinerinnen, Regulatory-Spezialistinnen. Nahrungsergänzung ist stark reguliert, national wie europaweit. Die Lebensmittelüberwachung kontrolliert engmaschig, Wettbewerber mahnen sich gegenseitig ab, Plattformen wie Amazon fordern permanent Nachweise. Wer hier unsauber arbeitet, bleibt nicht lange am Markt. Dieses System schützt letztlich auch die Verbraucherinnen – und uns als Marke.
Wo liegen für euch aktuell die wichtigsten Absatzkanäle, was ist im Markt zu beobachten?
L.S.: Unsere stärksten Kanäle sind nach wie vor große Plattformen, ein ganz zentraler Wachstumstreiber ist seit Jahren Influencer-Marketing – das liefert konstant 20–30 Prozent unseres Umsatzes. Parallel haben wir sehr früh in CRM investiert, in E-Mail- und WhatsApp-Marketing. Unser Ziel war immer, uns unabhängiger von Performancekanälen zu machen und eine eigene Community aufzubauen. Hinzu kommt der stationäre Handel.
Wie würdet ihr eure Marke einordnen – Health, Femtech, Lifestyle?
M.H.: Wir sehen uns als demokratische Wellness- und Lifestyle-Brand von Frauen für Frauen. Man muss kein Biohacker oder Longevity-Nerd sein, um unsere Produkte zu nutzen. Unser Ansatz war immer: Wir nehmen euch die Komplexität ab. Ihr müsst euch nicht mit einzelnen Vitaminen beschäftigen, sondern bekommt funktionale Rundumlösungen für Haare, Haut, Immunsystem oder Stress. Nahrungsergänzung ist für uns keine Ersatzhandlung, sondern eine Ergänzung zu einem gesunden Lebensstil, ohne Druck.
Was hat sich durch den Verkauf an den französischen Konzern Havea für euch operativ verändert?
L.S.: Bis April waren wir noch voll operativ als Geschäftsführerinnen tätig, jetzt sind wir in einer strategischen Senior-Advisor-Rolle. Mit rund 60 Mitarbeitenden, internationalen Märkten und einem Umsatz in der Größenordnung von 50 Millionen Euro braucht es andere Führungsstrukturen. Irgendwann muss sich ein Unternehmen auch von seinen Gründerinnen lösen dürfen. Der Verkauf an Havea hat uns Zugang zu Laboren, Produktion, Distribution und Internationalisierung eröffnet – etwa für den US-Markt, den wir alleine so nicht hätten skalieren können.
Was war das größte Learning auf der Reise?
M.H.: Bootstrapping war unser größtes Learning – und unser größter Vorteil. Wir wurden als weibliche Gründerinnen mit Kommunikations-Hintergrund und einem Beauty-nahen Produkt lange nicht ernst genommen, Venture Capital gab es für uns nicht. Also mussten wir von Tag eins profitabel arbeiten. Das war hart, aber es hat uns diszipliniert, unabhängig gemacht und krisenfest. Während viele hochbewertete Startups später in die Insolvenz gingen, waren wir immer wirtschaftlich stabil. Rückblickend war genau das der Schlüssel zum erfolgreichen Exit.
Wie wichtig war es, dass ihr zu zweit gegründet habt?
M.H.: Extrem wichtig. Unternehmertum ist emotional, fordernd, oft einsam. Wir haben uns gegenseitig aufgefangen, motiviert und immer wieder aus Tiefs gezogen. Unsere Eigenschaften haben sich perfekt ergänzt. Und wir kannten unsere Arbeitsweisen schon aus früheren Projekten, wussten um Stärken und Schwächen. Alleine hätte zumindest eine von uns diesen Weg so nicht durchgehalten.
Was ist euer Bestseller?
L.S.: Unser erstes Produkt für Haut, Haare und Nägel ist bis heute unser stärkstes Produkt. Es ist ein klassischer Beauty-Need, funktioniert aber auch auf gesundheitlicher Ebene – durch Zink, Biotin, Selen und weiteren Mikronährstoffen.
Wo liegen aktuell die größten Herausforderungen?
L.S.: Wir sehen steigende Rohstoffpreise, fragile Lieferketten, höhere Marketingkosten und ein generell vorsichtigeres Konsumverhalten. Gleichzeitig wächst der Gesundheitsmarkt weiter – auch durch den Longevity-Trend. Gesundheit ist eines der letzten Themen, an denen viele Menschen wirklich sparen wollen. Unsere Produkte profitieren zudem vom „kleinen Luxus im Alltag“: Dieses Gönn-ich-mir-jetzt-Gefühl ist in unsicheren Zeiten besonders stark.
BEARS WITH BENEFITS (beautybears GmbH) ist eine 2018 in München
gegründete Fem-Health-Brand, die Nahrungsergänzungsmittel in Form von
Gummies entwickelt. Die Gründerinnen sind Laurence Saunier und Marlena Hien, die aus dem Agenturgeschäft kommen. Das Start-up wurde Ende 2022 an die französische HAVEA Group nach 4 Jahren Bootstrapping und €15 Mio Jahresumsatz verkauft und agiert heute als deren digitale Wachstumssparte in DACH und Südeuropa. Der Jahresnettoumsatz ist
inzwischen auf ca. €55 Mio gestiegen