»Wir Frauen im Sport« ist ein Verein, der die Gleichstellung der Geschlechter im Sport forciert und fördert. Gegründet wurde der Verein von Elisabeth Auer und Nina Strasser. Wir haben die beiden Frauen zu einem Gespräch eingeladen.
Im Fußball wurde die Männer-Bundesliga fortgesetzt, während die Frauenliga coronabedingt abgebrochen wurde. Inwiefern spiegelt diese Entscheidung das Ungleichgewicht in der österreichischen Sportlandschaft wider?
Auer: Der Frauenfußball hat keinen Stellenwert, das hat sich in Krisenzeiten wieder deutlich gezeigt. Wenn es ums Geld geht, ist Schluss mit Gleichberechtigung. Das ist die traurige Wahrheit. Wenn sie halb Europa bei der EM schwindlig spielen, jubeln alle mit. Jetzt ist es gerade ganz still.
Strasser: Es ist offensichtlich, dass in der Sportpolitik nicht die sportliche Leistung entscheidet, sondern die Wirtschaft. Während also für die Männer in der höchsten heimischen Fußball-Klasse schnell eine Lösung gefunden wurde, mussten viele international erfolgreiche heimische Spitzensportler*innen sehr lange auf Konzepte warten, wie sie das Training trotz Corona optimal weiterführen können. Im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2021, wo sie wieder für Medaillen sorgen sollen, ein echter Wettbewerbsnachteil. Der Verein Wir Frauen im Sport setzt sich generell für Gerechtigkeit im Sport ein, nicht nur für ein Geschlecht.
»Der Sport ist männlich dominiert, daher besteht seit Jahrzehnten ein Ungleichgewicht und die Männer setzen diese männliche Tradition fort.«
Wieso ist Leistungssport, der von Männern ausgeübt wird, mehr wert als jene sportlichen Erfolge, die von Sportlerinnen eingefahren werden?
Auer: Das ist eine gute Frage, und ich gebe Ihnen eine populistische Antwort: Weil Männer das Geld an Männer verteilen. Der Sport ist männlich dominiert, daher besteht seit Jahrzehnten ein Ungleichgewicht und die Männer setzen diese männliche Tradition fort. Wer gibt den schon freiwillig ein Stück vom Kuchen ab? Klar ist das nur ein Grund von vielen. Für mich aber einer der Wichtigsten.
Strasser: Ein Beispiel: Für die Verteilung von Fördergeldern ist in Österreich die sogenannte Sport GmbH zuständig, eine Organisation, die den Wert der Sportarten in Österreich maßgeblich bestimmt. Weder im Aufsichtsrat noch in den beiden Gremien für Spitzensport und Breitensport ist eine Frau vertreten. Die beiden Geschäftsführer sind Männer. Die Gelder, die die Sport GmbH an Verbände ausschüttet, sind nicht an Vorgaben geknüpft, wie etwa, dass sie unter Männern und Frauen gerecht verteilt werden, oder gar daran, dass Frauen im Vorstand sind. Genau das fordern wir aber. Nicht zu akzeptieren ist auch, dass es immer noch Sportvereine gibt, in denen ausschließlich Männer Spitzensport betreiben dürfen oder Mädchen ab einem gewissen Alter hinausgeschmissen werden. Schon an Sportminister Heinz-Christian Strache haben wir diesbezüglich eine Anfrage gestellt. Eine Entscheidung von Sportminister Werner Kogler gibt nun zumindest Anlass zur Hoffnung: Er hat auf das Amt des Sporthilfe-Präsidenten verzichtet, sodass Susanne Riess in dieses Amt gewählt werden konnte, die sowohl im Sport als auch in der Wirtschaft versiert ist.
Wie kam es zur Gründung der Initiative »Wir Frauen im Sport«?
Auer: Der Verein wurde als Netzwerk von Frauen gegründet, die im Sport tätig sind oder waren. Jede von uns hat ähnliche Geschichten aus dem Berufsalltag erzählt. Meistens ging es um Benachteiligung und Sexismen. Die Idee entstand zwischen Nina Strasser und mir.
Strasser: Dass sich dabei vor allem Sportjournalist*innen zusammen gefunden haben, ist sicher kein Zufall. Wir können Ungleichstellungen leichter thematisieren, als Sportler*innen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Trainern und Funktionären stehen. Grundsätzlich kann und soll sich aber jede Frau, die im Sport tätig ist, bei uns engagieren.
Was hat sich seit der Gründung getan? Ist eine Tendenz zu mehr Gleichstellung erkennbar?
Strasser: Wir haben unter anderem durch von uns veranstaltete Diskussionen geschafft, die uns wichtigen Themen immer wieder in den öffentlichen Diskurs zu bringen. Im ORF sind Frauen als Expertinnen im Sport inzwischen gefragt. Wir Frauen im Sport-Vorstands-Mitglied Karoline Zobernig moderiert seit geraumer Zeit die ORF-Sendung Sport am Sonntag, was natürlich ihr Verdienst ist, nicht unserer.
Auer: In der Gesellschaft sehe ich keinen Fortschritt. Über den Zeitraum der letzten Jahre gesehen, gibt es keine kontinuierliche Veränderung zu mehr Gleichstellung. Es gibt vereinzelt Ausreißer, wodurch Frauen medial mehr aufmerksam bekommen. Aber die Prognose ist düster.
Wie soll es mit der Initiative weitergehen? Was sind eure Ziele?
Auer: Ziel ist Gleichbehandlung von allen Menschen, die im Sport tätig sind. Egal ob Sportler*innen, Trainer*innen oder Sportjournalist*innen und bis dahin eine gezielte Förderung.
Strasser: Unser Ziel ist, dass es den Verein nicht mehr braucht, da Frauen und Männer die gleichen Möglichkeiten im Sport erhalten und für die gleiche Leistung, gleich viel verdienen.
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