Jede:r spricht darüber, aber kaum eine:r weiß, wie es wirklich funktioniert. Anders als die Vorstellung von Viedeospiel-ähnlichen Welten, liegt die Zukunft des sogenannten Metaverse tatsächlich in dem, was wir im echten Leben tun, nur eben in digitaler Form. Die Metaverse-Revolution nimmt Fahrt auf, jetzt liegt es auch an den Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern, sich mit neuen Trends, Herausforderungen und möglichen Chancen auseinanderzusetzen.
Neues Internet – Web3
Zentral für das Funktionieren des Metaverse ist das Konzept von Web3 – die nächste Evolutionsstufe des Internets. Web3, oder dezentrales Web, verändert grundlegend, wie wir mit digitalen Inhalten und Diensten interagieren. Im Gegensatz zum traditionellen Web2, bei dem Macht und Kontrolle in zentralisierten Einheiten liegen, basiert Web3 auf Blockchain-Technologie und ermöglicht eine Dezentralisierung.
Virtuelle Marktplätze
Im Metaverse bieten virtuelle Marktplätze eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, von virtuellen Modeartikeln bis hin zu digitalem Immobilienbesitz und In-Game-Assets. In Decentraland können User:innen etwa virtuelle Immobilien, bekannt als LAND, kaufen und verkaufen.
Im Gegensatz zu traditionellen E-Commerce-Plattformen nutzen virtuelle Marktplätze immersive 3D-Umgebungen, die es ermöglichen, mit Produkten auf eine realistische Weise zu interagieren. Das Wiener Start-up Squarebytes visualisiert beispielsweise Immobilien und Stadtviertel als dreidimensionale Umgebungen.
Non-Fungible-Tokens, kurz NFTs, haben sich über Kunst und Immobilien hinaus erweitert und umfassen eine Vielzahl digitaler Güter, die tokenisiert werden können. Nutzer:innen haben die Möglichkeit, auf diesen virtuellen Marktplätzen zu handeln und so völlig neue Wirtschaftssysteme zu schaffen.
Auch die Modebranche verwendet NFTs, um im Metaverse digitale Kleidung und Accessoires zu erstellen. Im Angebot stehen etwa Luxusmarken wie Louis Vuitton und Burberry, aber auch Web3-exklusive Marken wie RTFKT und The Fabricant.
Arbeiten im Metaverse
Mit dem wachsenden Potenzial des Metaverse entstehen immer mehr virtuelle Jobs. Diese reichen von traditionellen Stellen, die für virtuelle Umgebungen angepasst wurden, wie Marketing, Design und Kundensupport, bis hin zu völlig neuen Berufen, die eigens für die virtuelle Welt erschaffen wurden, wie das Hosten von virtuellen Veranstaltungen, die Entwicklung virtueller Immobilien und die Anpassung von Avataren.
Wie wird im Metaverse bezahlt und wie kann man investieren?
Die Bezahlung funktioniert via Decentralized Finance (dezentrale Finanzen, kurz DeFi), ein Sammelbegriff für Finanzdienstleistungen, die über eine Blockchain abgewickelt werden und somit ohne Zwischenhändler wie Banken auskommen. DeFi ermöglicht Metaverse-User:innen, ihre virtuellen Vermögenswerte wie NFTs oder Kryptowährungen in Liquiditätspools zu setzen. Im Gegenzug erhalten sie Zinsen als Rendite. Dieser Prozess wird als Yield-Farming bezeichnet. Wird die Bereitstellung von Coins in einem DeFi Pool durch die Herausgabe von neuen Token belohnt (Token als incentives), nennt man das Liquidity Mining.
Wie wird das Metaverse verwaltet?
Gemeinschaftgesteuerte Organisationen, sogenannte dezentralisierte autonome Organisationen (DAOs), die auf Blockchain basieren, treffen kollektive Entscheidungen. Decentraland hat DAOs bereits implementiert: Token-Inhaber:innen haben die Stimmrechte und können aktiv dazu beitragen, die Zukunft der Plattform zu gestalten. Ähnlich wie in der realen Welt haben virtuelle Unternehmer:innen bei DAOs die Möglichkeit, Geschäftsideen für Finanzierungen vorzuschlagen. Eine Chance für innovative Start-ups und Projekte, die sich in dieser dezentralisierten Umgebung beweisen wollen.
Die Herausforderungen
Mit dem Erfolg des Metaverse entsteht auch eine Vielzahl von regulatorischen und rechtlichen Herausforderungen, darunter etwa staatliche Vorschriften und Steuerprinzipien, wenn virtuelle Güter gehandelt werden, oder Fraud-Erkennung.
Außerdem ist das Metaverse aufgrund seiner dezentralen Struktur ein attraktives Ziel für Cyberkriminalität.Virtuelle Konten sind demnach potentiell anfälliger für Hackerangriffe als herkömmliche Konten. Weiters ist nicht geklärt, wie mit den Themen Mobbing, Belästigung und Hassreden umgegangen wird. Ähnlich wie auf Social Media fehlen diesbezüglich einheitliche Regularien und Gesetze.
Die Regulierung des Metaverse stellt also eine vielschichtige Herausforderung dar, die juristische Komplexitäten, Fragen des Immaterialgüterrechts, Cybersicherheitsbedenken und die Balance zwischen Freiheit und Verantwortung umfasst.
Ausblick – Metaverse für alle?
Futurist:innen erwarten, dass innerhalb der nächsten Dekade eine zugängliche Version des Metaverse entstehen könnte. Diese Entwicklung wird durch die Integration neuer Technologien, die Evolution dezentralisierter Finanzen und die Ausdehnung virtueller Gemeinschaften geprägt sein. Die Erschließung dieses digitalen Neulands erfordert Offenheit und Anpassungsfähigkeit – auch von Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern, die ihr Handeln an die virtuelle Wirtschaftsform anpassen müssen.
Tetyana Kohansal ist seit 2017 Aktuarin bei ks actuaries und auf Software Entwicklung für quantitative Lösungen im Bereich Banken und Versicherung spezialisiert. Als studierte Versicherungsmathematikerin beschäftigt sie sich intensiv mit den Themen Machine Learning Algorithmen und Portfolio Management.