StartInnovationTechKopf der Woche: Anna Maria Coclite

Kopf der Woche: Anna Maria Coclite

Die von Anna Maria Coclite entwickelte „Smartskin“ soll feinfühliger als die menschliche Fingerspitze sein. Sie nimmt Druck, Feuchtigkeit und Temperatur simultan wahr und produziert elektronische Signale. Die Technologie macht intelligentere Prothesen denkbar und könnte auch für sensiblere Roboter eingesetzt werden.

Die Haut ist das größte Sinnesorgan und zugleich der Schutzmantel des Menschen. Sie „erfühlt“ mehrere Sinneseindrücke gleichzeitig und meldet Informationen zu Feuchtigkeit, Temperatur und Druck an das Gehirn. Nun ist es der Forscherin Anna Maria Cocilte von der TU Graz mittels neuartigem Verfahren gelungen, das Drei-in-Eins-Hybridmaterial „Smartskin“ für die nächste Generation von künstlicher, elektronischer Haut zu entwickeln. Für Coclite ist ein Material mit solchen multisensorischen Eigenschaften „eine Art ‚heiliger Gral‘ in der Technologie intelligenter künstlicher Materialien. Insbesondere die Robotik und intelligente Prothetik würden von einer besser integrierten, präzisieren Sensorik ähnlich der menschlichen Haut profitieren.“

Feinfühliger als menschliche Fingerspitzen

Knapp sechs Jahre lang arbeitete das Team im Rahmen von Coclites ERC-Projekt „SmartCore“ an der Entwicklung von Smartskin. Mit 2.000 einzelnen Sensoren pro Quadratmillimeter ist das Hybridmaterial feinfühliger als menschliche Fingerspitzen. Coclite erklärt: „Das Hydrogel kann Wasser absorbieren und dehnt sich dadurch bei Feuchtigkeits- und Temperaturänderungen aus. Dabei übt es einen Druck auf das piezoelektrische Zinkoxid aus, das auf diese und auf alle anderen mechanischen Belastungen mit einem elektrischen Signal reagiert“. Die Haut des Menschen nimmt Dinge ab einer Größe von etwa einem Quadratmillimeter wahr. Die Smartskin hat eine tausendmal kleinere Auflösung und kann Objekte registrieren, die für die menschliche Haut zu klein sind (etwa Mikroorganismen).

Viele Anwendungsfelder

Dem hautähnlichen Hybridmaterial eröffnen sich nun mehrere Anwendungsfelder: Im Gesundheitswesen beispielsweise könnte das Sensormaterial selbstständig Mikroorganismen erkennen und entsprechend melden. Denkbar sind auch Prothesen, die der*dem Träger*in Auskunft über Temperatur oder Feuchtigkeit geben, oder Roboter, die ihre Umwelt sensibler wahrnehmen können. Die sensorischen Nanostäbchen – der „smarte Kern“ des Materials – werden mit einem dampfbasierten Herstellungsverfahren produziert. Dieses Verfahren ist in Produktionsanlagen etwa für integrierte Schaltkreise bereits gut etabliert. Die Herstellung der Smartskin kann damit leicht skaliert und in bestehende Produktionslinien implementiert werden.


Zur Person: 

Der Forschungsschwerpunkt von Anna Maria Coclite liegt in der Materialwissenschaft und hier insbesondere auf der sogenannten CVD-Methode (Chemical Vapor Deposition). Das ist ein Verfahren zur Materialbearbeitung im Nanobereich. Coclite arbeitete mit dieser Methode am MIT (Massachusetts Institute of Technology), wo sie drei Jahre lang als Post Doc tätig war. Die Forscherin nahm die CVD-Methode mit nach Europa und entwickelte sie an der TU Graz weiter. Anna Maria Coclite erhielt 2014 für das Projekt Three-S ein Marie Curie Fellowship und im selben Jahr vom Wissenschaftsfonds FWF eine Forschungsförderung für das Projekt Pro-CVD. Coclite ist Co-Leiterin des fakultätsübergreifenden Forschungsschwerpunkts „Advanced Materials Science“, einem der fünf strategischen Field of Expertise der TU Graz.

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