„Wenn wir die Zukunft aktiv gestalten wollen, müssen wir ständig nach neuem Wissen streben“, so der Aufruf von Gründerin und Gastgeberin Steffi Czerny bei der DLD Conference. Im Januar richten sich die Augen der Tech-Szene auf die Digital- und Innovationskonferenz, zu der mehr als 1300 Teilnehmende aus aller Welt nach München reisen. Das Besondere: Hier haben auch Kunst, Philosophie und Musik ihren festen Platz in den zahlreichen Diskussionsrunden – denn nur im Zusammenspiel der Disziplinen lassen sich neue Lösungen für die immensen globalen Herausforderungen finden, so Czerny. „Nur wenn wir wagen zu wissen, zu lernen, zu verstehen, können wir unser volles Potenzial entfalten, unserem eigenen Urteilsvermögen vertrauen und mit einer ausgewogenen Portion kritischem Denken und Optimismus die Welt aufbauen, in der wir leben wollen“, erklärte Czerny das diesjährige Motto der Konferenz „Dare to know“. Sheconomy war in München dabei und greift die wichtigsten Tech-Entwicklungen und Prognosen führender Expertinnen auf.
Künstliche Intelligenz
KI dürfte die Welt schneller verändern, als jede andere Technologie zuvor. Wie Business und Gesellschaft damit umgehen, diese Frage stand im Fokus der Konferenz, rund 200 Speaker*innen widmeten sich dem Thema. Anders als noch 2023 ging es nun konkret darum, was vor allem generative künstliche Intelligenz leisten kann und – vor allem mit Blick auf den EU AI Act und der globalen Konkurrenz – in welchem regulatorischen und ethischen Rahmen sich Unternehmen dabei bewegen.
„Wir sehen, dass es zum einen kleinere, spezialisierte Modelle geben wird, die etwa in Kombination mit Vektordatenbanken trainiert werden. Gleichzeitig wird so genannte General Purpose AI mit Weltwissen trainiert. Es kann heute noch niemand genau sagen, worauf die Entwicklungen hinauslaufen werden. Deshalb ist es wichtig, viel auszuprobieren. Dabei sei eines besonders wichtig: Technologie sollte kein Selbstzweck sein, sondern Menschen helfen“, sagt etwa Claudia Nemat, Innovationschefin der Deutschen Telekom. „KI ist wie ein Fahrrad fürs Gehirn, und wir müssen lernen, es zu fahren“, so die Vorständin.
Web3 und Blockchain
„2024 wird das Jahr des Spatial Computings, und KI ist einer der Schlüssel, der uns dorthin bringen wird“, davon zeigte sich Cathy Hackl, eine der weltweit führenden Tech-Futurist*innen mit Schwerpunkt auf Virtual und Augmented Reality. Aus ihrer Sicht ist das Web3 die nächste Computing Platform, in der physische Räume und virtuelle Räume eng miteinander und mit den Nutzenden über immersive Erlebnisse verknüpft sind. Leistungsstarke KI werde dabei Large Vision Models voranbringen, zeigte Hackl. Neue Devices im Zusammenspiel mit neuen Anwendungen hätten das Potenzial, heutige Smartphones zu ersetzen und sogar Telepresence zu ermöglichen, so die Expertin.
Unter dem Titel „Sparks of Progress“ sprachen Bettina Warburg, Investorin und Web3-Expertin und Marjorie Hernandez, Co-Founderin von Lukso darüber, wie Standards das Web3 vorantreiben und „die Wirtschaft der Zukunft ermöglichen“. Die Berliner Softwareentwicklung Lukso hat beispielsweise mit Universal Profiles neuartige Blockchain-Konten bereit gestellt, die Nutzern künftig die Interaktion im Web3 vereinfachen soll. Durch technologische Möglichkeiten der Blockchain-Technologie wie Verifizierung oder Dezentralisierung könnten künftig auch den Ängsten vor negativen Folgen künstlicher Intelligenz begegnet werden. Die beiden Expertinnen appellierten, bei der Blockchain mehr auf die technologischen Chancen und weniger auf die Finanz-Seite zu schauen.
Circular Economy und neue Materialien
Ramona Liberoff, Geschäftsführerin von PACE – einer Public-Private Kooperationsplattform, die darauf abzielt, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen – warb dafür, neue Energien und Klimaschutz mit anderen Narrativen zu versehen. „Wir brauchen auch eine Mindset-Veränderung“, so Liberoff. Marketing sollte stärker dazu eingesetzt werden, die positiven Seiten des Klimaschutzes in den Fokus zu rücken.
Alissa Baier-Lentz, Mitbegründerin und COO von Kintra Fibers setzt sich für neue Materialien in der Fashion-Branche ein. Das vom Modehändler H&M unterstützte Unternehmen hat eine proprietäre synthetische Faser entwickelt, die zu 100 % biobasiert und kompostierbar ist. Das Material könne Polyester optisch und haptisch ersetzen und auf Standard-Polyester-Produktionsanlagen hergestellt werden, berichtete Baier-Lentz in München
Fusionstechnologie
Unternehmen wie Marvel Fusion, das sich selbst als deutscher Technologiepionier auf dem Gebiet der Fusionsenergie sieht, arbeiten mit Hochdruck daran, die CO2-freie Energielösung als entscheidenden Beitrag zur globalen Energiewende voranzubringen – als Ergänzung zu erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind. Marvel Fusion entwickelt eine neuartige Fusionstechnologie, die auf sich rasch beschleunigenden Innovationen in der Laser- und Nanotechnologie aufsetzt und Quanteneffekte auf atomarer Ebene nutzt, um die Fusionswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Zwar dürfte es laut Heike Freund, COO von Marvel Fusion und weiterer Fachleute noch 10 bis 15 Jahre dauern wird, bis die so gewonnene Energie in der Breite nutzbar sei – das Potenzial der Technologie sei jedoch erkannt und werde privat und öffentlich unterstützt, so Freund.
Die Sessions der DLD Conference sind auf Youtube abrufbar.
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