Julia Klinglmüller führt den Betrieb, mit aktuell 10 Fachmarktzentren, in eine grüne und erfolgreiche Zukunft und legt dabei großen Wert auf nachhaltiges Denken und Handeln. Wie sie das schafft und welche Vorteile ihr 10-köpfiges reines Frauen-Team hat, erzählt sie im Interview.
Sie haben 2015 mit nur 29 Jahren die Geschäftsführung des Familienunternehmens übernommen. Vor welchen Herausforderungen standen sie damals – sowie heute – als junge Frau in diesem Business?
Julia Klinglmüller: Obwohl ich seit meiner Kindheit aktiv in der Firma involviert war, habe ich plötzlich unfreiwillig die Führungsverantwortung übernehmen müssen. Es fühlte sich wie ein Sprung ins kalte Wasser an, von der Rolle der Tochter zur Rolle des Chefs. Verantwortung hatte auf einmal viele Farbschattierungen: für die Firma, alle Shop-Partner:innen und Mitarbeiter:innen, die eigene Familie und ja, auch die Zukunft. In dieser Übergangsphase musste ich meinen eigenen Leadership-Stil, meine eigene Vision und Richtung als Führungskraft entwickeln und mich in meiner neuen Rolle zurechtfinden. Ich musste mich selbst kennenlernen und herausfinden, wie ich gesehen werden möchte und wie ich meine Aufgaben erfolgreich bewältigen kann.
Es war und ist mir wichtig, sowohl innerhalb meines Teams als auch bei meinen Verhandlungspartner:innen einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Anfangs fehlte es mir noch an Verhandlungsgeschick und -taktik. Auch hier musste ich meine Position erst erarbeiten. Jedoch blieb kaum Zeit, da das Geschäft weitergehen musste und ich mich schnell anpassen musste.
Die Vereinbarkeit von Führungsposition und Familie stellt eine weitere große Herausforderung dar. Ich habe eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten und Aufgaben, die viel Zeit und Engagement erfordern. Gleichzeitig möchte ich jedoch auch eine gute Balance zwischen meiner beruflichen Karriere und meinem Familienleben finden. Ich befinde mich in einer Übergangsphase, in der ich meinen eigenen Stempel setzen möchte. Dabei geht es darum, das erfolgreiche Konzept der Elterngeneration an die neuen Anforderungen anzupassen. In einer so dynamischen Welt wie heute ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, klar zu denken und Zukunftsvisionen mit betriebswirtschaftlicher Machbarkeit in Einklang zu bringen.
„In einer so dynamischen Welt wie heute ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, klar zu denken und Zukunftsvisionen mit betriebswirtschaftlicher Machbarkeit in Einklang zu bringen.“
Ich habe Phasen durchlaufen, um mich in meiner Rolle zu stabilisieren, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu meistern und nun in der Entwicklungsphase erfolgreich zu sein. Ich möchte erfolgreiche Elemente weiterführen und gleichzeitig selbstbewusst zukunftsträchtige Konzepte etablieren. Dieser Prozess erfordert stetige Weiterentwicklung und Anpassung, um den Anforderungen der heutigen Welt gerecht zu werden.
Wie steht es ganz allgemein um die Herausforderungen aber auch Stärken von Frauen im Bereich der Gewerbeimmobilien?
J.K.: Wie in jeder Branche ist es wichtig, einen fachlichen Hintergrund zu haben. Der verleiht einem schon mal eine Grundfestigung. Frauen stehen vor der Herausforderung, sich in einem oft von Männern dominierten Umfeld zu behaupten und ihre Kompetenz und Fachkenntnisse zu demonstrieren.
Frauen bringen oft eine besondere Sensibilität und Empathie mit, die ihnen erlaubt, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und die Bedürfnisse und Perspektiven anderer zu erkennen. Dies ermöglicht es, Beziehungen aufzubauen, Teams zu motivieren und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Ihre Fähigkeit, den Blick auf das große Ganze zu lenken, ermöglicht es ihnen auch, komplexe Zusammenhänge und langfristige Auswirkungen von Entscheidungen zu erfassen. Am besten der Intuition folgen und das große Ganze im Auge behalten. Und ganz wichtig ist es, dem eigenen Bauchgefühl mehr Raum zu geben, mit dem war ich bisher sehr erfolgreich.
Auf der anderen Seite haben Männer oft eine starke analytische Denkweise und ein klares Ziel vor Augen. Sie verfolgen dieses Ziel mit Entschlossenheit und können durch ihre faktenbasierte Herangehensweise effektive Lösungen finden. All diese Fähigkeiten ergeben zusammen ein wunderbares Führungsduo.
Sie setzen bei ziwa besonderen Wert auf Nachhaltigkeit – wie gelingt Ihnen das in Ihrem Geschäftsfeld der Fachmarktzentren? Wo setzen Sie an?
J.K.: Die ziwa Group legt einen besonderen Wert auf Nachhaltigkeit im Bereich der Gewerbeimmobilien. Wir haben in den letzten Jahren viele einzelne Aktivitäten dazu entwickelt. Damit wir dem Thema aber wirklich genügend Raum geben, haben wir sie unter das Dach unserer Nachhaltigkeitsagenda ziwa Green gesetzt. Damit ist die Relevanz für uns intern im Asset-, Center- und Facilitymanagement schon mal deutlich klarer und quasi täglicher Bestandteil des Arbeitens all meiner Mitarbeiter:innen.
Für mich persönlich war Nachhaltigkeit schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens, und ich habe mich von Anfang an für alternative Energien interessiert. Mit der aktuellen Entwicklungsphase wird das Thema Nachhaltigkeit greifbarer. Unser Ansatz besteht darin, von reaktiven Lösungen wegzugehen und stattdessen schon vorausschauend neue Wege zu beschreiten. Dabei betrachten wir nicht nur unsere Mitarbeiter:innen, sondern auch unsere Shop-Partner:innen und alle Beteiligten in unserer Wertschöpfungskette.
Unsere Mission ist es, Ressourcenlösungen anzubieten, die uns unabhängig machen und den Blick auf das Wohl der nachfolgenden Generationen richten. Wir möchten zeigen, dass eine betriebswirtschaftliche Denkweise mit Nachhaltigkeit vereinbar ist. Obwohl es nicht immer möglich ist, finden wir dort, wo es geht, Wege, um Nachhaltigkeit zu integrieren. Wir bauen Photovoltaikanlagen zur Stromversorgung, kombiniert mit Ökostrom. Wir haben genügend Dächer, um die Anlagen darauf zu platzieren, und sehen diese als neue Art von Schmuck für unsere Gebäude. Mit insgesamt 4.000 Paneelen streben wir nach möglichst hoher Autonomie unserer ziwa Parks und optimieren gleichzeitig die Betriebskosten.
„Wir möchten zeigen, dass eine betriebswirtschaftliche Denkweise mit Nachhaltigkeit vereinbar ist.“
Aktuell sind bereits drei unserer Parks mit Superchargern ausgestattet, um die E-Mobilität zu fördern. Wo möglich, führen wir Begrünungen durch, um Hitzeeffekte auszugleichen. Außerdem engagieren wir uns für den Schutz der Bienen. Bald werden sich 500.000 Bienen in geeigneten ziwa Parks ansiedeln, um dem Bienensterben entgegenzuwirken.
Bei ziwa profitieren unsere Shop-Partner:innen und die Umwelt gleichermaßen von unseren Bemühungen, Nachhaltigkeit in unseren Gewerbeimmobilien umzusetzen.
Ihr zehnköpfiges Team besteht aktuell nur aus Frauen. Welche Vorteile sehen Sie von rein weiblichen Teams? Beziehungsweise: welche Vorteile würden Sie in einem gemischten Team sehen?
J.K.: Unser zehnköpfiges Team besteht aus Frauen. Die Zusammensetzung basiert jedoch nicht explizit auf dem Geschlecht, sondern darauf, Kompetenzen und eine harmonische Teamdynamik zu finden. Das ist für uns das Wichtigste. Ein rein weibliches Team kann einige Vorteile bieten. Frauen bringen oft verschiedene Perspektiven, Kommunikationsstile und Herangehensweisen ein, die zu einer kreativen und vielfältigen Arbeitsumgebung führen können. In einem weiblichen Team können sich Frauen leichter mit ihren Ideen und Meinungen äußern und fühlen sich möglicherweise wohler, ihre Stimme hervorzubringen. Zudem können sich Frauen gegenseitig unterstützen, sich inspirieren und voneinander lernen, da sie ähnliche Erfahrungen und Herausforderungen teilen können. Jedoch sollte beachtet werden, dass ein gemischtes Team ebenfalls viele Vorteile bieten kann. In einem Team, das sowohl aus Frauen als auch aus Männern besteht, können verschiedene Perspektiven, Erfahrungen und Denkweisen zusammenkommen. Diese Vielfalt kann zu einer besseren Problemlösung, einem breiteren Spektrum an Ideen und einer größeren Innovationskraft führen. Unterschiedliche Geschlechter bringen unterschiedliche Stärken und Kompetenzen mit, die sich gegenseitig ergänzen können.
„In einem weiblichen Team können sich Frauen leichter mit ihren Ideen und Meinungen äußern und fühlen sich möglicherweise wohler, ihre Stimme hervorzubringen.“
Letztendlich geht es uns aber darum, die besten Talente für das Team zu gewinnen, unabhängig vom Geschlecht. Das Ziel ist es, ein starkes und effektives Team aufzubauen, in dem sich alle Mitglieder wertgeschätzt fühlen und ihre individuellen Stärken optimal einbringen können.
Ihr Fokus liegt auf Fachmarktzentren, aber kleinere Orte, mit weniger Platz, leiden immer häufiger an einem verschwinden von Nahversorgern, einige Gemeinden und Orte haben gar keinen mehr. Haben Sie Modelle oder Ansätze, die dem entgegenwirken können?
J.K.: Als ziwa Group liegt unser Fokus auf Fachmarktzentren, sowohl am Stadtrand als auch zentral im Ortskern. Unsere ziwa Parks in Rabenstein und in Loosdorf sind die zentralen Nahversorger. Sie befinden sich mitten im Zentrum und bieten der Bevölkerung eine Vielzahl an Einkaufsmöglichkeiten. Auch mit unserem Standort in Gloggnitz sind wir zentraler Nahversorger direkt in der Stadt. Wir verfolgen kein standardisiertes Konzept, sondern passen unsere Lösungen an das jeweilige Einzugsgebiet an. Wir berücksichtigen Kundenbedürfnisse, demografische Kennzahlen und vor allem die Strukturentwicklungspläne der Gemeinden für die Region. Danach richtet sich das Angebot – also der Branchenmix – in unseren ziwa Parks unter Berücksichtigung der Immobiliengröße. Jeder ziwa Park ist einzigartig und den regionalen Anforderungen angepasst.
Wir arbeiten eng mit den Gemeinden zusammen, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und unsere Immobilienkonzepte entsprechend anzupassen. Wir sind bestrebt, einen positiven Beitrag zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Nahversorgern in diesen Regionen zu leisten und eine gute Anbindung zu gewährleisten. Ein wichtiger Aspekt ist, dass unsere Shop-Partner:innen von Branchenexklusivität profitieren und sich auf umfassenden Service entlang der gesamten Geschäftsbeziehung verlassen können. Wir unterstützen sie bei der Entwicklung ihres Geschäfts und tragen dazu bei, dass sie in den ziwa Parks erfolgreich agieren können.