Bei der „Minerva“-Award-Show im November 2021 berührte sie das Publikum im Radiokulturhaus und vor den Bildschirmen mit ihrer musikalischen Interpretation der österreichischen Bundeshymne und den Worten, die sie ihrer Darbietung vorausschickte: Es muss endlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir auch die „Großen Töchter“ und nicht nur die „Großen Söhne“ würdigen.
Nun erreiche ich Clara Blume in ihrer zweiten Heimat Kalifornien. Per Video-Call tauschen wir Neuigkeiten aus. Bei „Sheconomy“ können wieder Initiativen und Persönlichkeiten nominiert werden, die sich für mehr Frauen in der Wirtschaft engagieren.
Für Clara Blume stehen hingegen zwei sehr wichtige Ereignisse – im beruflichen und im persönlichen Leben – unmittelbar bevor.
Seit wir uns das letzte Mal beim Minerva Award im November 2021 gesehen haben, ist viel geschehen. Beginnen wir mit der beruflichen Reise. Was erwartet uns beim neuen Album „Soñemos, alma“?
Das Album war ein Work in Progress, den ich noch 2017 in Österreich gestartet habe, also bevor ich in die USA ausgewandert bin. Zusammen mit meinen beiden musikalischen Partnern, Produzenten Alexander Nefzger und Gitarristen Marcus Pristernik, haben wir die Songs gemeinsam bearbeitet und in jene Form gebracht, wie sie jetzt auf dem Album zu hören sind. Ich muss sagen, der Feinschliff des letzten Jahres hat ihnen durchaus gut getan.
Gibt es eine Grundbotschaft oder eine Grundstimmung, die sich durch die Nummern durchzieht?
Spanisch ist meine zweite Muttersprache, aber es hat mich wirklich, im positiven Sinne, herausgefordert, auf Spanisch zu singen. Es gab plötzlich ein ganzes Arsenal an Motiven und Emotionen, auf das ich zugreifen konnte.
Dazu kommt, dass ich gleichzeitig meine Dissertation in Romanistik fertiggestellt habe und mich dadurch noch intensiver mit der Kultur- und der Geistesgeschichte Spaniens beschäftig habe. So ist, glaube ich, jeder Song ein bisschen eine Hommage an das inhärent Spanische geworden. Das spiegelt sich zum Beispiel auch im Albumtitel „Soñemos, alma“ wieder, nämlich die Frage ob, wie im spanischen Barockzeitalter thematisiert, das ganze Leben nicht ein Traum ist?
„Wenn ich mir derzeit das Weltgeschehen ansehe, stelle ich mir immer häufiger die Frage, ob ich Fakt und Fiktion auseinanderhalten kann.“
Wenn ich mir derzeit das Weltgeschehen ansehe, stelle ich mir immer häufiger die Frage, ob ich Fakt und Fiktion auseinanderhalten kann. In diesem sonderbaren Silicon Valley, in dem ich nun ja arbeite, ist dies ein ganz konkretes Thema: Was ist noch real und wahr und worauf kann man sich verlassen?
Diese Frage, was ein Traum ist, wird also immer aktueller und stellt wahrscheinlich ein grundlegendes Motiv des Albums dar.
War die Arbeit am Album auch eine Begegnung mit der eigenen Herkunft, den eigenen Wurzeln?
Ich verbinde mit Spanien tatsächlich nur Positives. Es ist einfach dieses Sehnsuchtsland, in dem ich in den Ferien vor allem als Kind sehr viel Zeit verbracht habe, aber natürlich nicht unbedingt mit den Realitäten konfrontiert war. Es war für mich jetzt faszinierend, dass sich mir plötzlich durch das Singen im Spanischen ein völlig neues Register erschlossen hat. Mit jeder Sprache bringt man auch eine andere künstlerische Person mit.
Mit der gefühlvollen Interpretation der Österreichischen Bundeshymne hast du bei der Minerva-Award-Show für Gänsehaut-Momente gesorgt – natürlich auch mit der Würdigung der „Großen Töchter“. Nun, das darf ich verraten, wirst du bald Mutter einer kleinen Tochter: Ist dir dadurch die Botschaft Frauen vor den Vorhang zu holen und zu stärken noch wichtiger?
Ich bin 2021 durch ein sehr schweres Jahr gegangen und habe viel zu kämpfen gehabt, gerade mit Fragen der Frauenrechte. Was bedeutet es Frau zu sein im beruflichen Umfeld? Wie etabliert man sich? Wie steht man für sich selbst und seine Rechte ein? Das sind alles Fragen, die mich wahnsinnig beschäftigt haben und noch immer beschäftigen, leider auch weiterhin belasten.
Denn es ist noch immer nicht selbstverständlich, dass wir Frauen für das eigene Können respektiert werden. Letztlich sind das natürlich alles Erfahrungen, die mich darin bestärken meiner Tochter das richtige Rüstzeug für ihren Weg mitzugeben. Wobei ich doch sehr hoffe, dass sich für die nächste Generation andere Zugänge eröffnen. Denn wir sind noch in dieser Übergangszeit, in der wir eine scheinbare Gleichstellung und Gleichberechtigung haben, aber diese sehr leicht zu kippen droht. Mir ist sehr bewusst, dass die Bewahrung und Durchsetzung unserer Rechte ein konstanter Kampf ist, den man Tag für Tag führen muss.
Das Gespräch führte Nadia Weiss.