Frauen wird gemeinhin eher nachgesagt, dass sie risikoscheuer aber nachhaltiger investieren. Können Sie das bestätigen? Oder anders gefragt: Investieren Frauen anders als Männer?

Anlegerinnen legen eindeutig größeren Wert auf Nachhaltigkeit. Dabei sind Ökologie sowie soziale und ethische Faktoren gleich relevant. Männer reduzieren Nachhaltigkeit eher auf die ökologische Komponente. Außerdem sind Frauen in ihrer Anlagestrategie tendenziell risikoscheuer und disziplinierter als Männer, deren Trading-Verhalten in der Regel Performance kostet. Bei einem langen Anlagehorizont ist diese Risikoaversion allerdings von Nachteil. Wer über einen Konjunkturzyklus hinweg diszipliniert Geld anlegt, wird mit Aktien aller Wahrscheinlichkeit nach besser aussteigen als mit einem weniger aggressiven Portfolio. Dies gilt umso mehr jetzt, wo die Anleihezinsen im Keller sind und dort auch noch lange verharren werden.

Karin Kisling, Geschäftsführerin von Savity

Nachhaltigkeit ist das Zukunftsthema. Können AnlegerInnen an den Ertragschancen »grüner« Investments auch dann partizipieren, wenn sie keine langjährige Kapitalmarkterfahrung haben?

Selbstverständlich. Gerade nachhaltig gemanagte Portfolios verfügen quasi über einen automatischen Qualitätsfilter. Durch die Berücksichtigung ökologischer, sozialer und ethischer Kriterien sind solche Investments nicht nur zukunftsfit, sondern vermeiden auch Unternehmen mit zweifelhaften Geschäftspraktiken sowie Korruption – ein Riesenthema in vielen Staaten. Allerdings sollte man sich sorgfältig erkundigen, nach welchen Kriterien der Portfoliomanager oder ETF-Emittent Nachhaltigkeit umsetzt und welche Branchen bzw. Praktiken explizit ausgeschlossen werden. Aus österreichischer Sicht sind Themen wie Atomkraft, Fracking oder Genmanipulation in der Landwirtschaft ein No-Go. Bei Savity setzen wir daher für unsere nachhaltigen »Green« Portfolios sehr strenge Maßstäbe an. In Frankreich wird Atomkraft dagegen als nachhaltige Energiequelle angesehen.

Wie hoch ist das Mindestinvestment im Savity Green und für wen eignet sich diese Anlageform?

Wir bieten unsere Online-Vermögensverwaltung bereits ab einem Anlagevolumen von 10.000 Euro an und geben auch die Möglichkeit zu Sparplänen ab 100 Euro pro Monat. Beides ist flexibel und ohne jede Bindung. So können auch jene SparerInnen, die derartige Dienstleistungen aufgrund der hohen Mindestanforderungen in der Vergangenheit nicht in Anspruch nehmen konnten, das Renditepotenzial der internationalen Kapitalmärkte für ihren langfristigen Vermögensaufbau nützen. Das Angebot eignet sich auch für Kapitalmarkteinsteiger.

Oft hört man auch, dass ETFs gute Instrumente wären, um in die Investmentwelt einzusteigen. Warum ist das so und ab welchem Betrag macht es Sinn in ETFs zu investieren?

InvestorInnen, die das erste Mal am Kapitalmarkt ihr Geld anlegen, machen oft den Fehler, in Einzeltitel zu investieren – vor allem in bekannte Markennamen. Das ist extrem riskant, weil keine fundierte Anlagestrategie hinter der Kaufentscheidung steht und das oberste Gesetz der Risikostreuung missachtet wird. ETFs haben den Vorteil, dass sie Marktindizes eins zu eins abbilden. So gewährleisten sie eine vernünftige Streuung gepaart mit Transparenz. Zudem sind sie jederzeit handelbar und fair gepreist: Es gibt keinen Ausgabeaufschlag, lediglich die Abwicklungsgebühr der Bank oder des Brokers. Auch die laufenden Kosten sind niedriger als bei klassischen »aktiven« Fonds, da ja bloß der Index abgebildet und keine aktive Managementleistung erbracht wird. Ein weiteres Argument ist die niedrige Stückelung – ETFs sind bereits ab zehn Euro handelbar. Allerdings sollte man mit mindestens 200 Euro starten, da bei Kauf und Verkauf Mindestgebühren anfallen. Bei Sparplänen muss man besonders auf die Mindestkosten achten – sonst könnte es unter Umständen teuer werden.

InvestorInnen werden üblicherweise in zwei Gruppen unterteilt – in risikoaffin und risikoavers. Sind ETFs für das ganze Risikospektrum geeignet?

Grundsätzlich ist für jede und jeden etwas dabei. Es gibt ETFs, die eher risikoaverse Anleihemärkte wie EU-Staatsanleihen oder Pfandbriefe abbilden. Unternehmensanleihen oder Staatsanleihen aus Schwellenländern bieten etwas mehr Ertragspotenzial aber damit auch ein höheres und komplexeres Risiko. Besonders breit ist die Angebotspalette auf der Aktienseite: Es gibt Aktienindizes, die regional differenzieren – z.B. DAX oder MDAX für deutsche Aktien, EUROSTOXX oder MSCI Europa für europäische Aktien, aber auch Aktienindizes, die nach Sektoren unterscheiden. Immer beliebter werden Themen-ETFs wie z.B. Cybersecuritiy oder Erneuerbare Energie. Um das Risiko eines Investments in ETFs abschätzen zu können, reicht es aber nicht, die Anlageklasse entsprechend der eigenen Risikotragfähigkeit auszuwählen, denn in vielen Märkten kommt noch ein Währungsrisiko hinzu.

»Bevor wir investieren, sollten wir uns eine Anlagestrategie überlegen: In diese fließt der persönliche Risikoappetit und der Anlagehorizont ein.«

Wie gehe ich bei der Investment-Auswahl am besten vor?

Bevor wir investieren, sollten wir uns eine Anlagestrategie überlegen: In diese fließt der persönliche Risikoappetit und der Anlagehorizont ein. Je niedriger die Risikoneigung und je kürzer der Anlagehorizont, desto geringer sollte die Aktienquote sein. Wer langfristig investiert – also mehr als zehn Jahre – und sich das Risiko zutraut, sollte verstärkt auf Aktien setzen. Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Wem dieses Thema ein Herzensanliegen ist, der wird mit ETFs wahrscheinlich nicht glücklich. Labels wie »ESG« und »SRI« grenzen nur die schlimmsten Unternehmen bzw. Sektoren aus. Auch die Kosten sind ein wichtiges Kriterium. ETFs sind nicht immer so günstig wie allgemein angenommen wird – das gilt vor allem für komplexere Anlageklassen. Man sollte sich daher immer fragen: Mit welcher Leistung werden die unterschiedlichen Gebühren in einem Investment gerechtfertigt? Bei aktiv gemanagten Fonds ist auch die historische Performance des Produkts im Verhältnis zur Marktperformance sehr hilfreich. Wer wenig Zeit und Erfahrung hat, ist vielleicht mit einer professionellen Vermögensverwaltung gut beraten. Hier gibt es mittlerweile auch schon attraktive Online-Angebote. Grundsätzlich würde ich empfehlen, immer in möglichst transparente und liquide Produkte zu investieren.

Haben Sie das Gefühl, dass sich der Finanzmarkt immer mehr für Frauen öffnet? Und umgekehrt: Öffnen sich Frauen immer mehr für Karrierewege innerhalb der Finanzbranche?

Ich denke, da hat sich in den 35 Jahren, seit ich begonnen habe, unheimlich viel getan. Ich war zu Beginn meiner Karriere wirklich ein Solitärgewächs – mit allen Vor-und Nachteilen. Heute haben wir zumindest rein fachlich nicht mehr gegen Vorurteile anzukämpfen. Aber im Networking sind wir unseren männlichen Kollegen weiterhin unterlegen, was sich auch in den Karrierepfaden und weiblich besetzten Top-Positionen widergespiegelt.

Inwiefern sind bei Savity Diversität und Geschlechterparität wichtige Themen?

Wir sehen Diversität als extreme Bereicherung für Team und Management. Geschlechterparität hätte ich gerne, aber wir sind als Fintech personell von Technikern dominiert und dort ist es uns bisher nicht gelungen, eine Frau zur Mitarbeit zu begeistern. Also sind wir als Frauen bei Savity noch in der Minderheit.

»Ich glaube, ich habe es heute oft leichter als Männer, mich in bestimmten Situationen zu behaupten – gerade, wenn ich die einzige Frau in der Runde bin.«

Hatten Sie schon einmal das Gefühl, dass sie sich als Frau in der Finanzwelt doppelt oder dreifach bewähren oder beweisen mussten?

Ja, natürlich am Anfang meiner Karriere in den 80er Jahren war ich die erste Akademikerin auf einem Trading-Floor. Da kämpfte ich nicht nur gegen die Vorurteile von Männern, sondern auch die meiner eigenen Sekretärin. Als ich nach London ging, war ich wiederum die einzige Frau am Floor, die einen Globalen Trading Desk leitete. Noch dazu war ich für Emerging Markets zuständig – was zu amüsanten Konflikten in Ländern wie der Türkei führte. Das Nette ist: Wenn man sich immer wieder bewiesen hat, entwickelt man anscheinend ein gewisses Selbstverständnis, das sich auch auf die Akzeptanz der Umgebung auswirkt. Ich glaube, ich habe es heute oft leichter als Männer, mich in bestimmten Situationen zu behaupten – gerade, wenn ich die einzige Frau in der Runde bin. Und fachliche Vorurteile gibt es, meine ich, wirklich nicht mehr.

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