Wer als westliche Frau zum ersten Mal nach Dubai reist, hat schnell ein Klischee im Gepäck: patriarchale Strukturen und wenig Platz für starke Frauen. Doch vor Ort zeigt sich ein anderes Bild. Die Stadt hat sich unter der Führung von Scheich Mohamed Bin Rashid Al Maktoum zu einem modernen, Expat-freundlichen Hotspot entwickelt, der gerade berufstätigen Frauen und Müttern Perspektiven bietet, die anderswo häufig fehlen. Laut offiziellen Zahlen zählt Dubai rund 3,85 Millionen Einwohner. Davon sind etwa 88 Prozent Expats – ein Anstieg um rund 475.000 Menschen seit März 2020. Der Grund: Die Scheich-Familie hat früh erkannt, dass es für ihre ambitionierten Ziele in Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit die besten Köpfe der Welt braucht. Doch die kommen nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Karriere oder Kind? In Dubai: Beides
Ein zentrales Element dieser Strategie: Die Familie hat höchsten Stellenwert – und der Staat schafft Strukturen, damit sich Frauen nicht zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen. Wie stark das wirkt, zeigt die Lebensrealität vieler hier lebender Frauen.
Gründerin Sophie Smith etwa hat vier Kinder und leitet das Health-Tech-Startup Nabta: „Ich habe meine Babys in den ersten sechs Monaten überallhin mitgenommen – zu Pitches, Meetings, Events. Es gibt Stillräume, Rückzugsorte und vor allem: Akzeptanz.“ In Saudi-Arabien zeigte sie sich sogar mit ihrer Tochter im Tragetuch – unter anderem vor Bill Gates. „In Europa hätte ich das nicht so einfach machen können“, sagt die Britin mit deutschen Wurzeln. Das bestätigt auch die Anglo-Ägypterin Stephanie Emile, General Managerin von Binance Dubai, die wie viele ihrer Freundinnen im Vereinigten Königreich erlebt hat, wie schwierig es ist, Familie und Beruf zu vereinen. „Ich kenne so viele Frauen in England, für die es am Ende günstiger war, einen Job, den sie geliebt haben, aufzugeben, weil Kinderbetreuung unbezahlbar geworden ist.“ Teilzeit reiche da oft nicht fürs Einkommen. „Viele geben ihre Jobs dann ganz auf – hier in den VAE ist das anders.“
Infrastruktur für moderne Familien
In den letzten zehn Jahren hat Dubai eine umfassende Dienstleistungsindustrie rund um das Leben mit Kind aufgebaut. Apps wie Careem (bedeutet „großzügig“) oder Instashop bündeln Alltagsdienste – von Botenfahrten bis Kinderservices. Careem Kids etwa bringt Kinder sicher und nachvollziehbar (mittles Live-Tracking) ans Ziel. Auch Haushalts- und Betreuungskräfte sind Teil des Alltags. Viele Haushaltshilfen in Dubai leben direkt bei den Familien, für die sie arbeiten. Ihr Aufenthaltsstatus ist klar geregelt: Jedes Jahr muss ein Visum erneuert, eine Krankenversicherung abgeschlossen werden. Ein freier Tag pro Woche ist gesetzlich vorgeschrieben.

Ein Großteil dieser Arbeitskräfte stammt aus Ländern wie den Philippinen, Sri Lanka oder aus Afrika. Internationale Berichte über problematische Arbeitsbedingungen kursieren immer wieder. Aus diesem Grund wurden die gesetzlichen Vorgaben für Haushaltsangestellte in den VAE in den letzten Jahren deutlich verschärft. Inzwischen gibt es offizielle Beschwerde-Anlaufstellen für Arbeitnehmerinnen – Arbeitgeber*innen, die gegen die Regeln verstoßen, müssen mit empfindlichen Strafen rechnen. Trotzdem bleibt die Praxis natürlich abhängig von der jeweiligen Familie. Fest steht: Finanziell lohnt sich der Job für viele Frauen. Das Einstiegsgehalt für Live in-Haushälterinnen liegt bei rund 2000 Dirham (ca. 480 Euro) – oft sogar deutlich darüber, nicht selten bei 1000 Euro oder mehr im Monat.
Ein Ort mit echten Chancen

Auch für Gründerinnen ist Dubai attraktiv. „Wenn du ein Unternehmen aufbauen willst, bist du hier richtig“, sagt Sonia Gokhale, Mitgründerin von VentureSouq. Die Infrastruktur, die Sicherheit, die Internationalität – all das schafft ideale Bedingungen. Start-up-Hubs wie in5 in Dubai oder Hub71 in Abu Dhabi bieten kostenfreie Arbeitsplätze, Investorenkontakte, Wohnkostenzuschüsse und teils sogar Taschengeld – unabhängig vom Geschlecht. Das bestätigt auch Anna Hazlett, Mitgründerin des Raumfahrtunternehmens AzurX: „Ich komme aus Singapur und war überrascht, wie viele Frauen hier in Führungsrollen sind – etwa beim Mohammed Bin Rashid Space Center, wo 50 bis 60 Prozent der Beschäftigten weiblich sind.“

Binance Dubai
Was kostet das Leben in Dubai?
Natürlich hat Dubai seinen Preis. Eine Drei-Zimmer Wohnung kostet etwa 30.000 bis 60.000 Euro pro Jahr. Die monatlichen Gesamtkosten für eine vier köpfige Familie mit Nanny liegen bei rund 12.000 Euro. Ein komfortabler Lebensstil erfordert etwa 6000 bis 8000 Euro Nettoeinkommen pro Elternteil. Gleichzeitig gilt: Auf Privateinkommen fallen keine Steuern an. Kapitalerträge, Mieteinnahmen oder Krypto-Gewinne bleiben ebenfalls steuerfrei. Dubai bietet Frauen – besonders Müttern – nicht nur berufliche Chancen, sondern echte Wahlfreiheit. Oder wie Krypto-Unternehmerin Stephanie Emile sagt: „Ich dachte, ich bleibe ein Jahr – jetzt bin ich im vierten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, woanders Kinder zu haben.“ Und vielleicht liegt genau darin die eigentliche Überraschung: Dass ein Ort, den nicht wenige westliche Frauen mit Einschränkung verbinden, in Wahrheit ein Versprechen auf Freiheit ist. Zumindest für Expats.