von Nikolaus Franke
Die Start-up-Szene weltweit boomt seit vielen Jahren, doch animieren. Doch wer sich überschätzt, der macht (unnötige)Fehler. bei Finanzierungsrunden und Netzwerkveranstaltungen der Internetgründerszene trifft man Frauen eher selten an. Unternehmensgründungen scheinen Männersache zu sein. Woran liegt das?
Interessieren sich Frauen etwa nicht für das Thema Entrepreneurship? Zunächst einmal belegen viele Untersuchungen, dass Frauen für Selbständigkeit, Verantwortung und unternehmerische Freiheit grundsätzlich genau die gleiche Faszination empfinden wie Männer. Dennoch ist ein erster Hemmfaktor die Biologie. Doch gerade die erfolgreichen Beispiele zeigen, dass viele Vorurteile falsch sind.
Gleich – und doch ein bisschen unterschiedlich
Mirela Pitu, Eigentümerin und Gründerin von Pi2 und Absolventin des WU Executive MBA Bucharest, meint dazu: „Es ist alles eine Frage der Prioritäten. Frauen in ihren späten Zwanzigern und Dreißigern legen ihr Hauptaugenmerk auf Familie und potenzielle Mutterschaft. Nachdem die Möglichkeiten dafür zeitlich begrenzt sind, beeinflussen der Druck, eine Familie zu gründen, und gesellschaftliche Erwartungen die Prioritätensetzung vieler Frauen.“ Viele Unterstützungsangebote für Eltern wie der Mutterschutz und Freistellungen setzen ein Angestelltenverhältnis voraus. Ein Entrepreneur kann die Verantwortung für das Unternehmen dagegen nicht einfach abgeben oder unterbrechen. Er oder sie ist für ein Start-up unersetzbar. Dieser Umstand hält viele eigentlich am Thema interessierten Frauen von einer Gründung ab.
Die Sache mit dem gesunden Selbstbewusstsein
Daneben sind es jedoch auch manchmal Persönlichkeitsunterschiede, die die verschiedenen Zugänge zum Thema Entrepreneurship erklären. Frauen scheinen stärker zur Selbstbeschränkung (Self-Censorship) zu neigen als Männer. Mirela Pitu bestätigt diese Beobachtung: „Zu viel über etwas nachzudenken, kann auch ein Nachteil sein – manchmal muss man einfach an sich selbst glauben und solange für etwas kämpfen, bis man es erreicht hat. Und wenn man etwas nicht schafft, beginnt man einfach von Neuem, bis man am Ziel ist. Frauen tendieren dazu, zu viel nachzudenken und Hindernisse zu überschätzen und haben in Folge dessen größere Zweifel und Versagensängste.“ Wer unter Selbstbeschränkung leidet, wird das Risiko und die vielen Unwägbarkeiten einer Unternehmensgründung möglicherweise nicht eingehen wollen. Im Übrigen mag das Gegenteil der Selbstbeschränkung – nämlich Selbstüberschätzung, die man tendenziell eher Männern nachsagt – zwar tatsächlich zu einer Gründung animieren. Doch wer sich überschätzt, der macht (unnötige) Fehler. Die Tendenz zur Selbstüberschätzung erklärt zu einem Teil, warum manche Gründungen von Männern nicht erfolgreich sind. Am besten ist also ein gesundes Selbstbewusstsein.
Mehr weibliche Role Models, mehr Diversität
Inwieweit diese Unterschiede – wenn es um das Thema Gründen geht – gesellschaftlich verursacht sind, also durch Sozialisation entstehen, oder eine biologische Grundlage haben, ist schwer zu entscheiden. Klar ist jedenfalls, dass erfolgreiche weibliche Entrepreneure eine wichtige Vorbildwirkung haben. Wir sehen auch in den MBA-Kursen der WU Executive Academy, dass Frauen hier Selbstvertrauen tanken. Sie sehen, dass sie genauso smart, kreativ und leistungsstark sind wie Männer. Warum also nicht auch als Frau ein Unternehmen gründen? Andrea Rinker, Gründerin von Next Wave Management und Ab-solventin des Professional MBA Entrepreneurship & Innovation, dazu: „Die wichtigsten Eigenschaften von Gründungsteams sind Erfahrung, Talent, Fähigkeiten sowie Vertrauen ineinander und gegenseitiger Respekt – alles Dinge, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben.
Auf die Rahmenbedingungen kommt es an
Ein weiterer Faktor, der manche Frauen abschreckt, ist das Gründungsumfeld. Auch die Kapitalseite ist männerdominiert. Andrea Rinker meint: „Was Venture Capitalists betrifft: Wenn man die Szene aus unserer Perspektive betrachtet, sind nur sehr wenige Frauen darunter, wenn überhaupt. Dabei würde die gesamte Branche von ein wenig frischem Wind profitieren und nicht nur Gründerinnen und Gründer in der Start-up-Community.“ Es gibt verschiedene Analysen, die zeigen, dass diese Männerdominanz für Frauen tatsächlich ein Nachteil sein kann. In einem wissenschaft-lichen Projekt am Institut für Entrepreneurship & Innovation der WU haben wir festgestellt, dass bei den scheinbar unbestechlich rationalen Venture Capitalists ein „Similarity Bias“ besteht. Bedeutet: Bei gleicher Ideenqualität und auch sonst gleichen Umständen favorisiert ein Techniker tendenziell eher ein Technikerteam, ein VC mit einem Corporate-Hintergrund eher ein Corporate Spin-off und ein Mann eben eher ein Männerteam. Dies ist ein Problem und es ist zu wünschen, dass auch mehr qualifizierte Frauen ins Gründungsumfeld drängen.
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Zur Person:
Nikolaus Franke ist Akademischer Leiter des Professional MBA Entrepreneurship & Innovation der WU Executive Academy und Leiter des Instituts für Entrepreneurship & Innovation, des WU Gründungszentrums, und der User Innovation Research Initiative an der WU Wien. Er promovierte und habilitierte an der Universität München und verbrachte mehrere Semester als Visiting Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Franke ist überzeugt: „Wir brauchen mehr Frauen, die gründen! Deshalb haben wir an der WU Executive Academy auch bereits vor einigen Jahren spezielle ‚Female Leaders‘-Stipendien ins Leben gerufen, die aktiv darauf abzielen, mehr Frauen ein MBA-Studium zu ermöglichen und damit mehr Frauen zum Gründen zu animieren.“