Seit drei Jahrzehnten prägt Amgen den österreichischen Gesundheitsmarkt – nicht nur durch bahnbrechende Therapien in der Onkologie, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose oder seltenen Krankheiten, sondern auch durch eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Eigenverantwortung und Entwicklung setzt. Eine, die diesen Weg aktiv mitgestaltet, ist Gabriele Hartl, Business Unit Director General Medicines. Im Interview spricht sie über Wendepunkte ihrer Karriere, was sie jungen Talenten heute mitgeben möchte – und warum Mut und Mentoring oft mehr bewirken als Perfektion und Planung.
Was war ihr persönlicher Game Changing Moment?
Der Moment, in dem ich aufgehört habe, auf perfekte Voraussetzungen zu warten und still und leise exzellente Arbeit zu leisten, in der Hoffnung, es wird bemerkt und entsprechend honoriert. Stattdessen habe ich oft einfach losgelegt, Verantwortung übernommen, auch wenn nicht alles zu 100 Prozent klar war und viel Mut gezeigt. Dieses Mindset hat mir Türen geöffnet, die ich sonst vielleicht nie geöffnet hätte.
Was hätten Sie zu Beginn der Karriere gebraucht, was damals noch nicht vorhanden war, aber heute verfügbar ist?
Ich hätte mir frühzeitig Zugang zu strukturierten Entwicklungsangeboten gewünscht – Programme, die nicht nur fachliche, sondern auch persönliche Entwicklung fördern. Ebenso wertvoll ist ein regelmäßiger Austausch auf Augenhöhe mit Kolleg:innen aus anderen Bereichen der Industrie. Und ganz entscheidend: Mentoring – nicht nur durch erfolgreiche Frauen, sondern auch durch Männer, die aktiv fördern und Türen öffnen. Heute ist all das oft institutionalisiert und nichts Exotisches mehr.
Was hatte den größten Impact auf Ihre Laufbahn?
Einerseits Mentor:innen, die an mich geglaubt haben – auch in Momenten, in denen ich selbst gezweifelt habe. Und meine Bereitschaft, Feedback nicht nur anzunehmen, sondern aktiv einzufordern – was manchmal schmerzhaft und unangenehm ist, aber die beste Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln.
Was war der größte Karriere-Boost?
Der größte Boost war, mein erstes eigenes Team zu übernehmen – ein echter Meilenstein. Diese Verantwortung hat mir nicht nur geholfen, meine fachlichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln, sondern vor allem meine Leadership-Kompetenzen geschärft. Und es hat mir gezeigt, dass ich am richtigen Weg bin, dass es mir Spaß macht und meine Stärke ist, Teams auch durch schwierige Zeiten zu manövrieren. Danach kamen dann auch mehrere internationale Projekte, die mich aus meiner Komfortzone geholt und mir gezeigt haben: Lernen hört nie auf.
In welchen Situationen denken Sie heute: „Hätte ich das bloß früher gewusst“?
Dass „Karriere“ kein linearer Aufstieg ist, sondern ein individueller Weg mit Umwegen, Pausen und bewussten Entscheidungen. Und dass es okay ist, nicht alles sofort zu wissen – aber wichtig, die richtigen Fragen zu stellen und mutig eigene Wünsche und Bedürfnisse zu formulieren.
Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit mehr Frauen Führungspositionen erreichen und erfolgreicher als Unternehmerinnen werden?
Theoretisch sind die Rahmenbedingungen (zumindest in der pharmazeutischen Industrie) längst da – von flexiblen Arbeitsmodellen über Förderprogramme bis hin zu Netzwerken. Aber: Es braucht mehr Frauen, die mutiger, lauter und kompromissloser ihren Weg gehen. Wenn wir aufhören, uns selbst klein zu machen, und anfangen, unsere Ambitionen klar zu vertreten, sind wir auf einem sehr guten Weg.
Ihr persönlicher Rat an alle, die eine erfolgreiche (Konzern)-Karriere anstreben?
Seien Sie mutig, unbequem und neugierig. Suchen Sie sich Sparringspartner:innen, die ehrlich mit Ihnen sind – nicht nur bestätigend, sondern auch herausfordernd. Springen Sie ins kalte Wasser und übernehmen Sie Verantwortung für Projekte oder neue Jobs, auch wenn Sie nicht alles zu 100 Prozent beherrschen. Sie werden schnell lernen, was notwendig ist – und mit einem frischen, offeneren Blick an die Aufgaben herangehen, wenn Sie fachlich nicht zu sehr in der Materie verhaftet sind. Karriere ist kein Sprint, sondern ein Marathon mit Etappen, Rückschlägen und überraschenden Abzweigungen.