StartBalanceEva Muellers Sunday Artletter - Kunst in der DDR

Eva Muellers Sunday Artletter – Kunst in der DDR

1992, also wenige Zeit nach der Deutschen Einheit, kuratierte ich für die Galerie im Frauenkulturhaus, ein Projekt zur Künstler:innenförderung der Stadt München, einen Austausch mit der ehemaligen DDR. Ich wusste bis dahin kaum etwas über die dortige Kunstszene.

Einige erzählten mir, dass Sie ein finanziell sorgloses Leben hatten. Sie verfügten bereits zum Jahresbeginn über genügend Aufträge, Kunst am Bau Projekte oder Ausstellungen. Und das, ohne weltweit anerkannter Karriere in einem der unsichersten Berufe unserer westlichen Welt! Ich war ziemlich baff.

Andere hatten sich von der Kunst abgewandt. Widmeten sich dem Kunsthandwerk, Keramik, Glas, Schmuck. Weil sie einem so engen, offiziellen Kunstverständnis nicht entsprechen konnten und wollten. Etliche wurden bespitzelt.

Ich hörte, dass es kaum möglich war, Informationen über internationale Kunstentwicklungen zu bekommen. Wenige Kataloge von grossen Ereignissen wurden unter der Hand weitergereicht. Und so fand ich für meine Ausstellung grossartige Werke, die mir jedoch in der Zeit stehen geblieben schienen. Sehr viele Holzschnitte und Grafiken, die an Käthe Kollwitz erinnerten. Natürlich gab es auch Experimentierfreudige. Aber die waren immer gefährdet.

Nach der Wende war die Kunst der ehemaligen DDR bei uns relativ lange ziemlich verpönt. Erst in den letzten Jahren findet eine wirkliche Auseinandersetzung statt. Werden die Künstler:innen, die sich in einem so eklatant anderem System zurechtfinden mussten differenzierter betrachtet und ausgestellt. Schon damals reagierten einige mit heftiger Wut, die ich als typische „Wessi“ abbekam. Nur wenige Kunstschaffende, wie die Protagonist:innen der Leipziger Schule schafften es in die internationale Liga.

In Potsdam hat Hasso Plattner, Mitgründer von SAP aus dem ehemaligen Terrassenlokal „Das Minsk“ nun ein weiteres Museum in Potsdam eröffnet. Bilder des staatskonformen Künstlers Wolfgang Mattheuer stehen nun im Kontext zu den Potsdam-Fotografien von Stan Douglas aus den 90er Jahren.

Mancher Dialog braucht doch sehr lange. Aber gut, dass wir uns nun an unterschiedlichen Orten ein umfassenderes Bild machen können. Und mehr Verständnis für die jeweilige Kunstentwicklung entsteht.

Einen frohen Tag der Deutschen Einheit
wünscht Ihnen Ihre Eva Mueller


Abb.im Header: Blick in die Ausstellung mit Werken von Wolfgang Mattheuer im „Das Minsk“, Potsdam

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