StartInnovationEuropas zirkuläre Zukunft: Welche Start-ups jetzt die Kreislaufwirtschaft vorantreiben

Europas zirkuläre Zukunft: Welche Start-ups jetzt die Kreislaufwirtschaft vorantreiben

Eine neue Generation von Gründer:innen setzt auf Kreislaufwirtschaft. Das zeigt auch die neue Start-up-Landkarte der Initiative für Kreislaufwirtschaft CIRCULAR REPUBLIC. Die aktuelle, dritte Ausgabe liefert nun eine europäischen Perpektive.

Mehr als 2.500 zirkulär ausgerichtete Start-ups florieren in Europa. Angeführt wird das Ranking von Großbritannien (528 Start-ups, 7,2 Milliarden Euro Kapital), Deutschland (499 Start-ups, 5,7 Milliarden Euro) und Frankreich (306 Start-ups, 2,2 Milliarden Euro). Vor allem starke Innovationsökosysteme mit Nähe zu Forschung, Industrie und Gründungssupport wie in Berlin, München, Paris, London, aber auch Barcelona oder Stockholm bringen dabei Vorteile. Das zeigt die neue Start-up-Landkarte der Initiative für Kreislaufwirtschaft CIRCULAR REPUBLIC von UnternehmerTUM. Die aktuelle, dritte Ausgabe liefert nun eine europäischen Perpektive.

Trotz globaler Krisen wie der Pandemie oder geopolitischer Unsicherheiten verzeichneten Circular Economy Start-ups 2023 einen neuen Höchststand: Über 9 Milliarden US-Dollar wurden investiert – ein starker Kontrast zum allgemeinen Rückgang bei Start-up-Finanzierungen. Besonders gefragt sind Lösungen rund um kritische Rohstoffe, etwa für Energie oder Batterien.

Ein auf zirkulären Prinzipien beruhendes Geschäftsmodell steigere die Unabhängigkeit von Lieferketten, instabilen oder autokratischen Regierungen und geopolitischen Krisen, so der Tenor bei der Konferenz von CIRCULAR REPUBLIC in der vergangenen Woche in München.

„Wir sind die Ersten, die es trifft, wenn Ressourcen ausbleiben – deshalb haben wir auch die besten Chancen, früh zu reagieren“, sagt Dr. Ansgar Kriwet von Festo. Auch Dr. Eva Riesenhuber, Global Head of Sustainability bei Siemens, betonte: „Wir müssen Produkte so designen, dass sie im Kreislauf bleiben können.“ Das senke Kosten, aber vor allem werden Abhängigkeiten verringert.

Die Kreislaufwirtschaft ist auch Teil des “Giant Leap”-Szenarios, das etwa das Earth4All-Projekt des Club of Rome beschreibt. Es fordert fünf große Wenden – in den Bereichen Ernährung, Energie, Ungleichheit, Armut und Ermächtigung. Ein „Weiter so“ würde soziale Spaltungen verschärfen und Umweltkrisen verschlimmern, warnt Sandrine Dixson-Declève, Earth4All Project Lead und Co-President The Club of Rome immer wieder. Ein mutiger Sprung – getragen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft – sei nun nötig.

Lichtblicke und Aufgaben für die Circular Economy

Die Circular Start-up Landscape wurde in Zusammenarbeit mit better ventures, den TUM Venture Labs, NetZero Insights und Venture OS by DISO erstellt. Im Fokus steht der Vernetzungsgedanke – also Start-ups, Mittelstand und Konzerne zusammenzubringen, um gemeinsam neue Projekte zu initiieren. „Viele Konzerne können die notwendige Transformation nicht alleine stemmen – sie brauchen die Agilität und Kreativität junger Unternehmen“, sagt Helmut Schönenberger, CEO von UnternehmerTUM. München sieht er auf dem Weg zum „Circular Valley“.

Positiv fällt erneut der Anteil von Gründerinnen in der Circular Economy auf, der laut Analyse bei 30 % liegt. Die Branche zieht diverse Teams an und profitiert spürbar von unterschiedlichen Perspektiven.

Allerdings: Im Vergleich erhalten Start-ups, die auf Reparatur oder Wiederaufbereitung bestehender Produkte setzen, weniger Kapital. Dabei sind gerade sie essenziell, um Stoffkreisläufe zu schließen. Zudem zeigt die Analyse große weiße Flecken entlang des Stoffkreislaufs: Während 27 % der Start-ups neue Produkte aus recycelten oder nachwachsenden Materialien entwickeln, beschäftigen sich weniger als ein Prozent mit Demontage- oder Verfeinerungslösungen. Damit der Kreis sich wirklich schließt, braucht es Innovation auch an den weniger sichtbaren Stellen, meinen Expert:innen.

Und: Noch sind nur vier Prozent aller Circular Start-ups in Europa KI-basiert – doch ein Drittel davon sitzt in Deutschland. Hier könnte ein strategischer Schwerpunkt gesetzt werden: KI zur Steuerung, Optimierung und Automatisierung zirkulärer Prozesse birgt enorme Potenziale, etwa beim Sortieren, Zerlegen oder Wiederverwerten von Materialien.

Beispiele aus der Praxis brachte im Rahmen des Festivals etwa Christina Rosenberg, CEO von Innotail & Aufsichtsratsmitglied bei Hugo Boss mit. Sie wies darauf hin, dass große Marken sich nicht nur auf ein kleines Start-up mit einer innovativen Lösung verlassen können, da sie ihre Supply Chain sichern und die Produktion skalierbar bleiben müsse. Rosenberg plädierte im Sinne der Kreislaufwirtschaft für Fasern und Produkte mit höherer Qualität, und dabei auch höherem Preis – denn sie hätten die besseren Chancen auf ein zweites Leben und erneute Nutzung. Schlechtere Qualität zu niedrigem Preis lande eher im Recycling, und damit auch im Downcycling.

Die Ausstellung des Material Labs im Rahmen des CIRCULAR REPUBLIC Festivals von Studio Nima bewies, was heute im Bereich neue Fasern und Produktion etwa in der Mode schon möglich ist: Handtaschen aus Orangenleder, Schuhe aus Mycel, Tüten aus Resten von Palmöl-Derivaten. Neue Materialien und Herstellungsverfahren zeigen, dass zirkuläres Design nicht Verzicht, sondern zunehmend Gestaltungsspielraum bedeutet.

Die aktuelle Start-up Landscape kann hier heruntergeladen werden.

Fotomaterial@Pixabay

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