StartRolemodelsErneuerbare Energien: Grundvoraussetzung für die Energiewende

Erneuerbare Energien: Grundvoraussetzung für die Energiewende

Prof. Sonja Wogrin ist Leiterin des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation an der Technischen Universität Graz und forscht, unter anderem, zur Energiewende. Mit SHEconomy spricht sie über ihre Forschung und was es zum Gelingen der Energiewende braucht.

Frau Professor Wogrin, Sie sind an der TU Graz die zweite Frau, die einen Lehrstuhl für Elektrotechnik bekleidet. Warum braucht es mehr Frauen in solchen Positionen?

Sonja Wogrin: Es ist wichtig, dass es Frauen in Führungspositionen gibt und sie auch sichtbar sind, nicht nur in der Technik, sondern generell. Gibt es in einem Bereich niemanden, der auch nur im Ansatz so aussieht wie man selbst, fühlt man sich, auch wenn das unbewusst passiert, einfach nicht willkommen.

Was muss geschehen, damit sich mehr Frauen für einen Beruf in der Technik entscheiden?

Oft wird das Bild gezeichnet, dass Technik besonders schwierig sei. Das hat einen gewissen Abschreckungsfaktor. Jedes Studium hat seine Herausforderungen, nicht nur die als schwierig verschrienen technischen Ausbildungen. Eine große Motivation für Frauen kann der Themenbereich sein, der mit technischen Studien adressiert wird: Umwelt und Klima. In der Technik hat man eine konkrete Möglichkeit, etwas Positives zu bewirken. Um in der Zukunft mehr Frauen für die Technik zu begeistern, müssen wir mit Stereotypen aufräumen, und aufzeigen wie ungemein kreativ man in der Technik sein kann.

Was gab für Sie den Ausschlag, sich für eine technisch-wissenschaftliche Karriere zu entscheiden?

Ich liebe es, über Sachverhalte nachzudenken, Probleme zu formulieren und zu lösen. Daher ist die Arbeit in der Forschung für mich der tollste Job, den ich mir vorstellen kann. Er erlaubt mir, jeden Tag neue und spannende intellektuelle Herausforderungen zu erleben.

Sie forschen unter anderem zu erneuerbaren Energien. Was ist für das Gelingen der Energiewende aktuell am wichtigsten?

Einiges, aber zwei unbedingt notwendige Dinge wären: Die Reduktion von Bürokratie und die Akzeptanz in der Bevölkerung. Es muss sich einerseits etwas an der Gesetzgebung ändern, wenn wir die Energiewende in einer realistischen Zeit schaffen wollen. Aktuell dauern Genehmigungsverfahren sehr lange. Andererseits kann man die Energiewende niemandem aufzwingen. Es ist also wichtig, ein gesellschaftliches Verständnis dafür zu schaffen, was die Energiewende ist und weshalb bestimmte Maßnahmen notwendig sind. Verzicht ist immer unpopulär. Wir leben in einer Gesellschaft, die nie genug bekommt, aber das funktioniert auf Dauer leider nicht.

In grünen Wasserstoff wird in der Diskussion rund um die Energiewende viel Hoffnung gesetzt. Wie effizient ist er?

Grüner Wasserstoff kann sehr viel bewirken, er ist vor allem sinnvoll in Bereichen, die schwierig zu dekarbonisieren sind. Zunächst muss man aber verstehen, was grüner Wasserstoff ist. Die Wasserstoff-Technologie an sich gibt es schon seit vielen Jahren. Der Anteil von grünem Wasserstoff an dem gesamten global erzeugten Wasserstoff beträgt aber nur rund zwei Prozent. Um Wasserstoff als grün zu bezeichnen, muss er durch erneuerbaren Strom erzeugt werden. Bevor wir also überhaupt über eine zunehmende Verwendung von grünem Wasserstoff sprechen, brauchen wir ein effizientes und hochgradig erneuerbares Energiesystem, denn erneuerbarer Strom ist die Voraussetzung für die Herstellung von grünem Wasserstoff.

Hat es in Ihrer Karriere weibliche Rolemodels gegeben, die Sie positiv beeinflusst haben?

Als Vorbilder gefallen mir – ob Frau oder Mann – Menschen, die ihre Ziele auf eine konstruktive Art und Weise zu erreichen versuchen, ohne andere Personen dabei herabzusetzen oder schlechtzureden. In meinem privaten Umfeld war das zum Beispiel meine Mutter, die als Managerin gut mit Menschen kann und auch Multitasking toll hinbekommen hat. Oder meine Studienkollegin Verena Hagspiel, die jetzt Professorin an der NTNU in Norwegen ist. Das ist eine tolle, pragmatische Frau, die ohne jegliche Negativität ihre Ziele verfolgt. Ich bewundere Leute, die kompetent sind in dem, was sie tun.

Welchen Ratschlag haben Sie für Frauen, die einen ähnlichen Berufsweg einschlagen möchten?

Keine Furcht vor der Technik zu haben oder davor, diesen Karriereweg überhaupt erst einzuschlagen. Technik ist wichtig für unsere Gesellschaft, für eine nachhaltige Zukunft und ich sehe es auch als eine Art Empowerment für Frauen an, wenn sie sich für diesen Bereich entscheiden. Mein zweiter Ratschlag ist es, sich nicht zu verstecken und genau so zu sein, wie man ist, ansonsten macht das Ganze keinen Spaß. Zieht also den bunten Schal oder das farbenfrohe Kleid an, wenn ihr möchtet – wir können unsere Differentialgleichungen auch genau so gut in unseren High Heels lösen 😉.

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