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Erfolg braucht psychologische Sicherheit

Claudia Zeimes, selbstständiger Business und Mental Coach für Leadership, Potenzial- & Karriereentwicklung und Personal Branding, teilt mit uns ihre Überlegungen zur Bedeutung der psychologischen Sicherheit für den gemeinsamen Erfolg.

Bei einer persönlichen Umfrage unter Frauen meines Netzwerks stellte ich die Frage, was diese brauchen, um sich im beruflichen Alltag akzeptiert zu fühlen und ihre Potenziale zu nutzen. In den Antworten zeigt sich, hierarchie- und funktionsunabhängig, dass die wichtigsten Rahmenbedingungen in einem gegenseitigen vertrauensvollen und ehrlichen Umgang, Wertschätzung und einem sinnvollen und offenen Umgang mit Fehlern liegen. 

Der (Frei-)Raum für eigene Entscheidungen und eine verantwortungsvolle Aufgabenerfüllung wird ebenso oft genannt wie der Wunsch nach einer reflektierten, klaren Führungskraft. Diese soll fordern und fördern, aber  den Weg zum Ziel Mitarbeitenden überlassen. Durchweg alle Frauen wünschen sich, dass sie ausprobieren und Fehler machen dürfen, sie ehrliches Feedback bekommen, damit sie wachsen und sich entwickeln können.

Auch eine transparente, offene Kommunikation und die Möglichkeit zu gemeinsamem Lernen wurden als gewünschte Rahmenbedingungen genannt.

Nicht zuletzt äußerten diese Frauen auch, dass zum Beispiel Teilzeit arbeiten und Mutter sein nicht mehr automatisch zu weniger Teilhabe führen darf, das gefühlte Abstellgleis für viele Frauen, meist gut ausgebildet, engagiert und sehr gut organisiert.

Was brauchen Mitarbeitende in einer Organisation, um ihre ganzen Potenziale zu nutzen?

Um sich offen und engagiert einzubringen, Feedback zu geben, Fehler zuzugeben, und damit eine lernende Organisation zu ermöglichen, braucht es psychologischer Sicherheit für alle Mitarbeitenden.

Was bedeutet psychologische Sicherheit?

Amy C. Edmondson definiert sie in ihrem Buch zur angstfreien Organisation (2020) als die Überzeugung, dass die Arbeitsumgebung sicher genug ist, um darin zwischenmenschliche Risiken einzugehen. Aus ihrer Sicht stellt sich psychologische Sicherheit ein, wenn Kolleg:innen einander vertrauen, sich respektieren und sich so geradezu verpflichtet fühlen, aufrichtig zu sein und sich einzubringen. Eben auch Fehler zu benennen und zuzugeben, aber auch, Feedback zu geben.

Ich möchte meinen Fokus darauf richten, welches Umfeld gerade Frauen heute brauchen, damit sie sich wirksam einbringen können und wollen.

Vertrauen – die Basis für erfolgreiche Zusammenarbeit

Vertrauen senkt in der heutigen Arbeitswelt mit hoher Veränderungsgeschwindigkeit, vielen Unsicherheiten und abnehmender Planbarkeit, mit mehr Ausprobieren und kontinuierlicher Verbesserung, die Komplexität. Es sorgt dafür, dass wir auch in unüberschaubaren und komplexen Situationen handlungs- und entscheidungsfähig bleiben. Jede:r sollte die eigenen Stärken, Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringen, mit anderen zusammen arbeiten, gemeinsam entscheiden. Das bedeutet Wissensaus-tausch, miteinander Lernen und Wachsen und, gemeinsame Verantwortungsübernahme. Aus dieser Kultur können kreative und innovative Ideen und der so wichtige Fortschritt entstehen. All das ermöglicht Erfolge.

Haltung und Grundvertrauen sollte dabei sein, dass alle ihr Bestes geben, sich bestmöglich einbringen und sich für das Ergebnis gemeinsam verantwortlich fühlen.

Im Zusammenhang mit agilen Arbeitswelten und New Work wird auch davon gesprochen, Missstände in Organisationen anzugehen und vieles zu hinterfragen. Da werden zum Beispiel Tätigkeiten verrichten, die zwar interne Vorgaben erfüllen, aber eigentlich nicht mehr sinnvoll sind. Diese, oft „heiligen Kühe“, sollen angefasst und auf den Prüfstand gestellt werden. Welche Kultur braucht es, damit das gelingen kann?

Wie gelingt es uns, eine vertrauensvolle Kultur mit psychologischer Sicherheit zu gestalten?

Was sind Elemente dieser Kultur, die dem Ausprobieren neuer Arbeitsweisen, dem Lernen aus Fehlern und dem gemeinsamen Lernen Raum geben?

Grundelement ist ein Miteinander, das von Wertschätzung für Vielfalt und gegenseitigem Respekt geprägt ist. In dieser Kultur ist Platz für unterschiedliche Lebens- und Arbeits(-zeit)modelle, auch für Frauen im Spagat zwischen Beruf und Familie. Individuelle Arbeits(-zeit)modelle, also Voll- und Teilzeit gleichberechtigt nebeneinander, in Präsenz und im Home-Office, auch in Führung, ermöglichen allen Elternteilen, Beruf und Familie zu vereinen. Das setzt allerdings voraus, dass Paare die Gleichberechtigung gemeinsam ebenfalls aushandeln. Es ist nicht mehr zwingend ein Elternteil, der i.d.R. die Elternzeit einbringt. Wie im beruflichen Alltag werden in der Familie die gegenseitigen Freiräume für Beruf und Familie ausgehandelt. Wer nimmt wann Elternzeit, wer arbeitet wann in welchem Modell? So bleiben beide Partner:innen gleichermaßen beschäftigungsfähig und nutzen ihre Potenziale. Jede Entscheidung für einen Weg, ist auch immer die Verneinung eines anderen Weges.

Gleichberechtigung beginnt bereits zuhause, damit und bevor sie im beruflichen Alltag Fortsetzung erfahren kann.

Meetings werden grundsätzlich so geplant, dass alle teilnehmen können, die wesentliches Wissen zu einem Thema beitragen können. Kolleg:innen, die feststellen, dass bei der Einladung Personen mit relevantem Wissen fehlen, sorgen dafür, dass diese eingeladen werden.

Die heutigen hybriden Arbeitswelten, in Präsenz und virtuell, ermöglichen eine unkomplizierte und flexible Teilhabe aller, egal an welchem Ort und in welcher Zeitzone die Person gerade sitzt.

Ein zielorientiertes strukturiertes Meeting-Management stellt sicher, dass alle gehört und eingebunden werden. Es gibt keine Beitragslosigkeit, da gezielt nachgefragt und Raum für alle gegeben wird. Es wird zugehört, nachgefragt, aufgenommen, zusammengefasst. Die Vor- und Nachbereitung stellt alle Informationen transparent den Teilnehmenden zur Verfügung stehen. Gemeinsame Verzeichnisse oder Kollaborationstools sorgen für gelebten Wissenstransfer. Das bedeutet aber auch, jede Person, die etwas beisteuern kann, tut das auch. Das setzt voraus, dass alle Mitarbeitenden eine wirksame Moderation wahrnehmen und Konflikte nachhaltig lösen können, mit Respekt und Wertschätzung. Hier setzt die individuelle Personalentwicklung an.

Fester Bestandteil, nicht nur im Projektmanagement, sind „lessons learned“, in denen Ergebnisse noch einmal retrospektiv betrachtet und gemeinsam analysiert werden. Was war erfolgreich, was lief nicht so gut? Was nehmen wir daraus mit? Welche Erfolge feiern wir? Worauf sind wir stolz? Wo müssen wir noch mal ansetzen? Regelmäßiges, transparentes und ehrliches Feedback, hierarchieunabhängig, wird so zu einer Selbstverständlichkeit. Es kann Augenhöhe entstehen, da alle voneinander lernen, unabhängig ob auf Mitarbeitenden- oder Führungsebene. Veränderung wird so nicht mehr als Bedrohung, sondern als das was sie ist, verstanden, die Möglichkeit zu lernen und sich zu entwickeln.

Entscheidungs-Freiräume, Stärken-Orientierung und persönliche Entwicklung sind feste Bestandteile des beruflichen Alltags. Sie werden getragen von der Selbstverständlichkeit, das eigene Wissen zu teilen, den anderen zur Verfügung zu stellen und von anderen zu profitieren. Die berühmte Win-Win-Situation für alle.

Der Führung kommt eine erweiterte Rolle zu.

Wer als Führungskraft offen und transparent mit eigenen Fehlern umgeht, diese zur Diskussion und zur Reflektion stellt, leitet bereits den ersten wesentlichen Schritt zu einer Kultur ein, die von Mut und Zutrauen geprägt ist. Die Erfahrung, dass Fehler erlaubt und gewünscht, gar fester Bestandteil agiler Arbeitsweisen, sind, beeinflusst die Mitarbeitenden und motiviert sie zu ähnlichem Verhalten. Sie dürfen sich sicher fühlen, wenn sie Anregungen einbringen oder Fragen stellen, dass sie weder aus-gelacht, noch übergangen, ausgegrenzt oder abgestraft werden.

In Leadership wird eine Zukunftsvision weitestgehend gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickelt. Diese Teilhabe und Verantwortungsübernahme sorgen, zusammen mit gemeinsamer Klarheit und Transparenz in Werten, Rollen und Aufgaben, dafür, dass jede Person ihren Beitrag zum großen Ganzen kennt und sich als Teil des Ganzen fühlen kann. Es entsteht eine gelebte Verbindlichkeit im Organisationszweck und in den Zielen. Denn vom Erfolg profitieren Mitarbeitende und Organisation gemeinsam.

Die Verpflichtung zur Schaffung von psychologischer Sicherheit und von Rahmenbedingungen, die auch Frauen ermöglichen, sich im Berufsalltag uneingeschränkt einbringen können, ist auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe.

Ohne eine gesellschaftspolitische Verpflichtung verpassen wir die Möglichkeiten, das gesamte Potenzial aller Mitarbeitenden sinnvoll zu nutzen und in Organisationserfolge, und damit auch Wirtschaftswachstum, umzusetzen. Für die Umsetzung der im Grundgesetz verankerten umfassenden Gleichstellung, unsere Zukunftsvision, sind Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Verbände und Gewerkschaften gleichermaßen verantwortlich. Bis wir dies erreichen, sollten wir prüfen, welchen nächsten Schritt und Beitrag wir konkret leisten können, damit sich alle Mitarbeitenden in einem psychologisch sicheren Umfeld bewegen und sich erfolgreich in einen Organisationskontext einbringen können und wollen.

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Claudia Zeimes ist als Prokuristin unter anderem verantwortlich für das Personal- und Compliance-Management der Bayerngas GmbH in München. Sie ist selbstständiger Business und Mental Coach für Leadership, Potenzial- & Karriereentwicklung und Personal Branding. Sie begleitet langjährig ehrenamtlich Mentees und Startups in ihrer Potenzialentwicklung.

Fotomaterial© Simone Naumann

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