Die vergangenen Wochen standen im Zeichen von „Olympia“. „Dabei sein ist alles“ war einmal das Motto. Daran glauben wohl nur mehr jene, für die eine Teilnahme tatsächlich bereits Sensation genug ist. Für alle anderen gilt: Scheinwerfer an, Bestleistung abrufen und immer daran denken, dass nur die Besten der Besten in die Ruhmeshalle aufgenommen und von Publikum und Sponsoren geliebt werden.
Die italienische Skifahrerin Sofia Goggia kämpfte sich trotz einer kurz zurückliegenden Verletzung sensationell auf den zweiten Platz. Ob ihr Körper es ihr danken wird? Das fragt niemand. Dafür braucht es härtere Bandagen. Wie den Fall der fünfzehnjährigen russischen Eisläuferin Kamila Walerjewna Walijewa. Die Welt schaute zu, wie sie zunächst aufgrund ihrer außergewöhnlichen Leistung im Kurzprogramm als Wunderkind glänzte, dann als Dopingsünderin angeklagt wurde und schließlich in der Kür die Nerven verlor und „nur“ auf dem vierten Platz landete.
Die zweifache Olympia-Siegerin Katarina Witt brach vor laufender Kamera in Tränen aus, als sie Walijewas Lauf live im TV kommentieren sollte. Vor allem die eisige Reaktion auf den sichtlich verzweifelten Teenager nach der Niederlage empörte sie: „Sie wurde zum Fraß vorgeworden und niemand tröstet sie.“
Sie hat wohl noch in guter Erinnerung, welcher Druck auf die jungen Mädchen lastet. Sie hat bestanden. Doch wollen wir wirklich weiterhin zusehen, wie ein Ausrutscher eine Karriere zerstören kann?
Im Leistungssport wie auch in der Wirtschaft gelten harte Regeln. Die Erfolreichen werden bewundert und die Gestrauchelten müssen hart um eine nächste Chance kämpfen.
New Work bedeutet für mich, dass wir Leistungen ganzheitlicher bewerten. Ein erfolgreiches Leben besteht doch nicht nur aus Pflichtprogramm und einer makellosen Kür.
So würde ich es mir wünschen, doch in der Umsetzung hapert es. Denn natürlich bin auch ich mit den herkömmlichen Vorstellungen von „Zug zum Tor“ und „Alpha-Typen“ aufgewachsen.
Meine Tochter ist sechs Jahre alt. Sie besucht einen Eislauf- und einen Skikurs. Ballett natürlich auch. Warum? Weil ich sie angemeldet habe. Vielleicht lasse ich sie in der nächsten Zeit häufiger ohne Plan und Ziel einfach ihre Pirouetten drehen.