StartOpinionEchte Sweeties statt bittere Pillen

Echte Sweeties statt bittere Pillen

In ihrem aktuellen Kommentar macht sich sheconomy-Autorin Claudia Stadler Gedanken zum Super-Wahljahr 2024. Und legt dabei einen Wunschzettel mit fünf wichtigen Anliegen an die Politik vor.

Super-Wahljahr 2024: Auf die Landtagswahlen in Salzburg folgten jene in der Steiermark und Vorarlberg. Am Wochenende wählen wir das Europäische Parlament, und im Herbst entscheiden wir über eine neue Regierung. Schauen wir über den großen Teich, können wir dort freilich nicht mitentscheiden – im November dieses Jahres kommen die weltpolitisch entscheidenden US-Wahlen auf uns zu. Macht aber nichts.

Die Herausforderungen der heimischen Politik sind groß genug. Sie reichen von der Verteidigung der Demokratie bis zu einer nachhaltigen Sicherheits-, Bildungs-, Pflege- und Familienpolitik. Nicht zu vergessen die zahlreichen, dringend anstehenden Verwaltungsreformen.

Als gelernte Österreicherin weiß ich mich natürlich glücklich zu schätzen, wenn zumindest einige dieser Punkte zielgerichtet und nachhaltig gelöst werden. Würde die Politik uns geballt wie das Christkind und der Osterhase beschenken, stünden folgende fünf Punkte auf meinem Wunschzettel an Österreichs Politiker*innen:

Wunsch Nummer Eins: Bitte treibt die Energiereform zügig voran. Soll unsere Industrie konkurrenzfähig bleiben, brauchen wir leistbare Energiepreise und Energiesicherheit. Praktisch umgesetzt bedeutet das mehr Photovoltaik, mehr Windräder und mehr Biomassekraftwerke. Damit das zeitnah gelingt, ist neben Förderungen auch eine Entschlackung der Bürokratie angesagt: Dass sich manche Umweltverträglichkeitsprüfungen über Jahre hinziehen, behindert den Ausbau der Erneuerbaren.

Ein Tag pro Woche für Bürokratie

Was mich direkt zum nächsten Wunsch führt: Die Bürokratiebremse. Ja, Bürokratie hält unseren Verwaltungsapparat am Laufen. Aber wo sie überbordet, kostet sie Unternehmen unnötig viel Geld. So etwa die österreichische Art der Lohn- und Gehaltsverrechnung, die in ihrer Komplexität europaweit unübertroffen ist. Oder wussten Sie, dass Jungunternehmer*innen bis zu einem Arbeitstag pro Woche für bürokratische Tätigkeiten aufwenden müssen? Dass es auch anders geht, zeigt etwa Deutschland, wo nach dem One-in-one-out-Prinzip für jede neue bürokratische Regel eine andere abgeschafft wird.

Wunsch Nummer Drei wäre ein entschiedenes Vorgehen zu einem „balancierten“ Arbeitsmarkt. Denn heute gibt es scheinbar nur mehr einen Arbeitnehmer*innenmarkt. Letzteres führt zu unhaltbaren Gehaltsforderungen und ist ungesund für einen attraktiven Wirtschaftsstandort Österreich. Natürlich ist das Nettogeld im Börserl wohl sehr wichtig und stellt einen zentralen Anreiz dar.

Ungesunde Lohn- und Gehaltssituation

Dabei ist nur wenigen bewusst, dass dafür mehr als das Doppelte des Nettogehalts vom Arbeitgeber aufgebracht werden muss: Das ist eine ungesunde Tatsache der Lohn- und Gehaltssituation, trotz Abschaffung und Einschleifregelungen der kalten Progression. Die verschiedensten Abgaben und hohen Sozialversicherungsbeiträge, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer*in zu tragen haben, liegen klar über dem EU-Durchschnitt.

Weiters möchte ich das heikle Thema Pensionen auf meinen Wunschzettel notieren. Denn wie Berechnungen zeigen, werden die Ausgaben des Staates für die Pensionen in den nächsten Jahren drastisch anwachsen. Im Budget sind die Pensionen schon jetzt der größte Brocken im Staatshaushalt. Wollen wir weiterhin ein funktionierendes Pensionssystem haben, braucht es eine echte Reform, die die Finanzierbarkeit der Pensionen langfristig absichert. Auch sollte im Zeitalter der neuen „Best Ager“ ein Zuverdienst möglich sein, ohne dass einem davon die Hälfte abgezogen wird.

Mein letzter Wunsch: die Bitte an alle Parteien, auf „Wahlzuckerln“ zu verzichten. Denn Hilfen nach dem Gießkannen-Prinzip treiben nicht nur das Budgetdefizit in die Höhe, sondern heizen die Inflation an. Am Ende verwandeln sich die „Sweeties“ in bittere Pillen, weil die Finanzierung der Geldspritzen auf uns Steuerzahler*innen zurückfällt.


Über die Autorin

Claudia Stadler ist Gesellschafterin & Geschäftsführerin der Steuerberatungskanzlei cSt causa in Wien. Sie ist seit 2017 gerichtliche Mediatorin und daher auch Expertin für konfliktfreie Lösungen.

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