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Die Feminisierung eines Berufsstands

Berufe, in denen eine hohe Frauenquote herrscht, genießen in vielen Fällen weniger Ansehen als Berufe, die klar männlich dominiert sind. Die Feminisierung eines Berufsstandes ist komplex und geschieht über einen längeren Zeitraum. Während es einerseits wichtig ist, die Frauenquote in allen Berufen zu erweitern und damit für eine geschlechtergerechte Arbeitswelt zu sorgen waren die Gründe, wieso sich Berufsstände Mitte des 19. Jahrhunderts beziehungsweise Anfang des 20. Jahrhunderts feminisiert, in ihrem Kern sexistisch. Zu diesem Thema sprachen wir auch mit Gehaltscoach und Karriereexpertin Martina Ernst. Das Interview erscheint diese Woche auf SHEconomy!

Für die Feminisierung eines Berufsstandes gilt der Beruf Sekretär als eines der besten Anschauungsbeispiele, denn er hat eine lange Tradition. Bis in das 19. Jahrhundert wurde er fast ausschließlich von Männern ausgeübt und genoss ein hohes Ansehen. Menschen, die den Beruf des Sekretärs ausübten erledigten in der Regel allgemeine Büro- und Assistenzaufgaben und waren in Ihrer Funktion die rechte Hand der ihnen vorgesetzten Person.

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts begann ein Wandel des Sekretär-Berufs. Die Zahl an Büroangestellten nahm stark zu, die Aufgabe des Sekretärs wurde zunehmend von Frauen ausgeübt. Der Beruf galt als einer der “angesehenen” Berufe, in denen Frauen Karriere machen konnten. Der Wandel beschleunigte sich und damit auch die Feminisierung des Berufsstandes. Francis Elias Spinner, Treasurer of the United States, konstatierte bereit 1869, dass Frauen fähige und beliebte Arbeitskräfte sind. Nicht zuletzt weil sie im Schnitt rund die Hälfte ihres männlichen Pendants verdienten.

Ein weiteres, spannendes Beispiel ist die Feminisierung des Lehrberufs. Auch dieser galt als männlich dominiert, bis Mitte des 19. Jahrhunderts immer öfter Frauen die Aufgabe als Lehrkraft in Schulen – besonders im ländlichen Bereich – übernahmen. 

Der Wandel in beiden Berufen ging mit Ansehens- und Einkommensverlusten einher. An dieser Stelle muss allerdings angemerkt werden, dass die Feminisierung eines Berufes zunächst einmal nur den Anstieg des Frauenanteils innerhalb einer Berufsgruppe beschreibt. Frauen haben in diesen Berufen nicht weniger verdient weil der Beruf nicht angesehen war oder weil sie nicht qualifiziert waren. Frauen verdienen weniger, weil Männer in den Top Etagen entschieden haben, dass es in Ordnung sei, Frauen mit gleicher Qualifikation wie Männer, die den Beruf ausübten – nur aufgrund von Vorurteilen und ihres Geschlechts schlechter zu bezahlen. Heute bezeichnen wir diesen Umstand als Gender Pay Gap und sehen uns als Gesellschaft mit ähnlichen Strukturen konfrontiert, wie Sekretär*innen oder Lehrer*innen vor nun schon mehr als 100 Jahren.

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