Heute erklärt uns Gehaltscoach Martina Ernst warum wir bei bei der Gehaltsverhandlung keine Angst vor Gegenwind haben sollen.
Kennen Sie folgende Situation? „Endlich hatte ich all meinen Mut zusammengenommen und meine Chefin um eine Gehaltserhöhung gebeten – und was ist die Antwort? ´Es tut mir schrecklich leid, aber sie verdienen bereits das Maximum für diese Position, da ist gehaltstechnisch wirklich nichts mehr zu machen´.
Ich fasse es nicht, wo ich doch genau weiß, dass jemand anderes im Unternehmen in vergleichbarer Position deutlich mehr verdient.
Soll ich das also gleich einwerfen und mich nicht zufriedengeben?“
NEIN, es ist nie sinnvoll, sein Gehalt mit dem einer Kollegin zu vergleichen.
Und es ist auch in jeder Verhandlung wichtig, negative Emotionen nicht Oberhand nehmen zu lassen.
Was tut man also in diesem Fall?
Unterschiedliche Strategien sind geeignet.
Entweder gleich am Ball bleiben und …
in Lage des Gegenübers versetzen, …
Erstaunt reagieren und sagen, die eigenen Marktrecherchen hätten sie ermutigt, das Gespräch zu suchen, denn schließlich sei man sicher, dass die Firma einem nicht mehr, aber auch nicht weniger als den Marktwert zahlen wolle. Fragen, was man denn gemeinsam mit der Vorgesetzten tun müsse, um die inhaltliche und gehaltliche Bewertung der Verantwortung im eigenen Aufgabengebiet neu zu definieren – damit signalisiert man, dass man im gleichen Boot sitzt und zusammen das ersehnte Ziel ansteuern will.
…sich die Unterstützung nochmals zusichern lassen…
Vorgesetzte bestätigen lassen, dass sie nach wie vor ihre Leistung top bewerte und sie eine ihrer Key Playerinnen seien
…und gemeinsam Alternativen erarbeiten
Ausloten, ob nicht ohnehin der nächste Karriereschritt bzw. die nächste Herausforderung und damit verbunden eine Gehaltserhöhung möglich sind.
Um die Logik des nächsten Karriereschritts gut zu untermauern, ist es wichtig, dem Chef aufzuzeigen, welche erweiterte Verantwortung man bereits in den letzten Monaten übernommen hat und welchen Mehrwert man dabei über seine normale Jobbeschreibung hinaus fürs Unternehmen geleistet hat – und das demonstriert man idealerweise anhand von Fakten und Zahlen.
Dieses Gespräch ist auch ein guter Rahmen, um Alternativen zu überlegen, sollte eine weitere Beförderung technisch nicht mehr möglich sein – manche Hierarchien sind sehr flach. Wie könnte das Gehalt trotzdem steigen, eventuell durch die Übernahme spannender neuer Projekte, die man temporär übernehmen könnte?
Und wenn sich das in absehbarer Zukunft nicht realisieren sollte, dann die Vorgesetzte fragen, wie sie zum Beispiel zur Finanzierung einer nebenberuflichen Ausbildung stehe.
Denn schließlich komme dieses Knowhow der Firma zugute.
Termin unbedingt schriftlich festhalten und weitere Schritte bestätigen lassen, denn oft ist so eine Verhandlung nicht ein einziges Meeting, sondern ein Prozess, der mit Beharrlichkeit zum Ziel führt.
Oder, wer durch das erste ‚Nein‘ zu entmutigt ist, der kann ja…
…eine Verschnaufpause einlegen, Emotionen herausnehmen, Ball zurückwerfen…
Wenn man von der Antwort völlig geschockt und sprachlos ist, dann ist es wohl besser, man atmet tief durch, macht eine kleine Kunstpause, um sich unter Kontrolle zu bringen und sagt freundlich, man müsse sich erst einmal von dieser unerwarteten Mitteilung erholen, sei aber sicher, man finde eine gemeinsame Lösung und wolle gleich ein weiteres Gespräch zum Thema vereinbaren.
Gut ist auch, wenn man den Vorgesetzten bittet, in der Zwischenzeit nochmals den Marktwert der eigenen Position zu hinterfragen, denn die eigenen Recherchen hätten ein deutlich anderes Bild gezeigt und das möchte man gerne abgleichen.
Und idealerweise bittet man seinen Chef auch, über mögliche Aufstiegsmöglichkeiten bzw. neue Herausforderungen im Unternehmen nachzudenken, die eine Gehaltserhöhung rechtfertigten.
…und Neustart
Wichtig ist auch hier, sich erst einmal der Unterstützung und guten Bewertung der Vorgesetzten sicher zu sein, sonst ist die Gesprächsbasis äußerst schwierig.
Und auch in diesem neuen Gespräch gilt: gemeinsam Strategien überlegen bzw. Alternativen ausloten.
Wer das jetzt liest und sich so ein zähes Ringen lieber erspart, der sollte einerseits nicht vergessen, wieviel Selbstsicherheit man mit jeder Verhandlungsrunde gewinnt und andererseits bedenken, dass die Vorgesetzten nicht die Gegner sind. Sie wollen auf keinen Fall Top Performerinnen verlieren, denn am Markt müssten sie gleich gute Kandidatinnen oft langwierig suchen und womöglich noch teurer ersetzen.
Martina Ernst hat nach ihrer Tätigkeit als Personalchefin der Erste Bank die Gehalts-und Karriere-Beratungsfirmen www.salarynegotiations.at und www.colourfulcareer.com gegründet, ist Career Partnerin der WU Executive Academy und Präsidentin des WU EA Female Leaders Netzwerks mit 1500 Alumnae.