StartInnovationDarf’s ein bisschen Zukunft sein?

Darf’s ein bisschen Zukunft sein?

Immer mehr Menschen passen ihr Verhalten an, um ihren Alltag klimafreundlicher zu gestalten. Diese vier Megatrends prägen jetzt den nachhaltigen Konsum.

Megatrend 1 – Beyond Plastic

Plastikmüllberge an einstigen Traumstränden in Thailand. Hochseevögel, die an bunten Dosendeckeln ersticken, die sie für Fische gehalten hatten. Verhungerte Wale, deren Magen so voll mit Kunststoff ist, dass für richtige Nahrung kein Platz mehr bleibt.

Plastik im Meer ist zu einem Problem geworden, bei dem immer mehr Menschen nicht mehr wegschauen wollen und sollten. Der Dreck, den dieser Kunststoff verursacht, ruiniert das Landschaftsbild und kostet unzähligen Tieren das Leben. Bis zu seiner völligen Zersetzung können mehrere hundert bis tausend Jahre vergehen. In der Zwischenzeit gelangen Mikroplastikpartikel problemlos in die Körper von Meerestieren und durch deren Verzehr auch in den menschlichen Organismus.

Welche Auswirkungen das langfristig haben kann, ist noch nicht erforscht – und macht vielen Leuten Sorgen. Dass Wegwerfprodukte aus Plastik den größten Anteil an der Verschmutzung der Meere haben, hat sich mittlerweile fest im Bewusstsein von Gesellschaft und Politik verankert. Seit 2021 ist Einwegplastik in der EU offiziell verboten. Zudem arbeitet die UNO gerade an einem globalen Abkommen gegen Plastikverschmutzung. Forscher*innen fordern, darin ein Reduktionsziel für die Produktion festzulegen.

Es muss nicht immer Plastik sein. Alternative Produkte boomen derzeit in vielen Bereichen.

Langlebige und plastikfreie Alternativen sind also gefragt. Viele Unternehmen reagieren bereits darauf und forschen nach Materialien, die einerseits genauso robust und vielfältig einsetzbar sind wie Plastik, andererseits mit Nachhaltigkeit und guter Recyclebarkeit punkten. So nutzt etwa das estländische Unternehmen Woola die Reste von Schafwolle, um eine umweltfreundliche Alternative zur klassischen Luftpolsterfolie herzustellen.

Ecovative Design aus den USA hat ein Verfahren entwickelt, mit dem aus einem Pilzgeflecht Verpackungen wachsen. Wisefood bietet einen Trinkhalm aus Getreide, Apfelfasern und Stevia an. Und gleich mehrere Unternehmen entwickelten plastikfreie Kaffeekapseln, darunter beanarella, das für die Herstellung einen Biokunststoff verwendet, der größtenteils aus Polymilchsäure, Zellulose und Kalk besteht. Sogar Gefrierbeutel lassen sich mittlerweile auf Pflanzenbasis herstellen. Ebenfalls immer beliebter: die Variante aus Leinen, die nach Gebrauch bis 90 Grad gewaschen werden kann. Womit wir auch schon beim nächsten Trend wären:

Megatrend 2: Zero Waste

Der umweltfreundlichste Müll ist der, den man gar nicht erst macht. Der Trend zu null Abfall hat dabei viele Varianten. Eine besteht darin, Dinge nicht wegzuschmeißen, sondern wiederzuverwenden. Das gilt nicht nur für Verpackungen, sondern in hohem Ausmaß auch für Elektrogeräte, Schuhe und sämtliche Gegenstände, die schwer zu recyceln sind. Reparaturservices haben in den letzten Jahren viel an Bedeutung und Image gewonnen – ebenso wie der Second-Hand-Handel, der dafür sorgt, dass ausgemusterte Dinge nicht auf der Müllhalde landen, sondern ein neues Zuhause bekommen. Durch Upcycling wird der Zweitverwendung ein kreativer Touch verliehen, Refurbishing wiederum sorgt bei technischen Produkten für ein sicheres Gefühl beim Käufer oder der Käuferin: Die Zweiter-Hand-Ware wird genau geprüft und mit einer frischen Garantie versehen.

Aber auch der Umgang von Unternehmen mit dem Thema Müllvermeidung ist für Käufer*innen attraktiv. In Österreich bietet Zero Waste Austria immer wieder Business Workshops an. In diesen Schulungen lernen etwa Mitarbeitende, wie Nachhaltigkeit in den Arbeitsalltag integriert werden kann. Auch auf zerowastegermany.de findet man spannende Informationen zum Thema. Dort erfährt man unter anderem, dass Zero-Waste-Unternehmen in der Lebensmittelbranche, im Brauereibetrieb und im Start-up-Bereich besonders großes Potenzial haben. Aber auch konventionelle Industrieunternehmen können in Bezug auf ihre Produktion sowie durch das Verhalten ihrer Mitarbeitenden ihre Müllberge Richtung null schrumpfen lassen, wenn sie bestimmten Leitlinien folgen. Dazu zählt etwa die Umgestaltung von Produktionsprozessen, sodass einer Abfallentstehung bei der Herstellung der Ware entgegengewirkt wird. Oder die Umwandlung eines linearen Produktionssystems in ein zirkuläres – was einen wichtigen Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft bedeutet.

Wiederverwerten statt wegschmeißen: Aus Autoreifen können schicke Outdoor-Sitze werden.

Megatrend 3 – Circular Economy

Ein wesentlicher Baustein nachhaltiger Entwicklung ist ein schonender und effizienter Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Um diesen zu gewährleisten, muss der gesamte Wirtschaftszyklus eines Rohstoffs betrachtet werden – und der reicht von seiner Gewinnung über die Verarbeitung bis hin zur Wiederverwendung und Entsorgung von Abfällen. Je länger ein Rohstoff in dem „Radl“ zwischen Produktionsprozess und Recycling bleibt, desto weniger neue Ressourcen müssen angezapft werden.

In der sogenannten Kreislaufwirtschaft gelangen die eingesetzten Materialien im Idealfall über den Lebenszyklus eines Produktes hinaus wieder vollständig in den Produktionsprozess zurück. Auf diese Weise können erhebliche Mengen an Rohstoffen und Energie eingespart werden. Die ersten Schritte hin zu diesem zirkularen System wurden durch die Einführung einer entsprechenden Sammel- und Behandlungsinfrastruktur gesetzt, die von den Konsument*innen gut angenommen wird. Darüber hinaus fördern Rücknahme- und Verwertungsverpflichtungen sowie Reparatur- und Re-Use-Netzwerke die Kreislaufwirtschaft.

„Indem uns übermäßiger Konsum bewusst wurde und wir neue Verhaltensweisen ausprobieren konnten, hat sich die Corona-Pandemie zu einem Treiber für nachhaltigen Konsum entwickelt“, schreibt das deutsche Zukunftsinstitut. Gerade dort, wo das Problem am größten wird, wachsen Gegenbewegungen am stärksten. In Ländern wie Thailand oder Indonesien, die mit starker Plastikverschmutzung zu kämpfen haben, motivieren innovative Formen des Abfallmanagements – sogenannte „Waste Banks” – die Bevölkerung zum Mitmachen. Das Prinzip ist einfach, aber wirksam: Einwohner*innen bringen ihren Abfall in Sammelstellen und erhalten den Wert des Mülls nach Gewicht ausbezahlt. Sie können sich auch Geld von der Abfallbank leihen und ihre Schulden später in Form von Müll zurückzahlen. Die Abfallbank verkauft den erhaltenen Abfall dann an Unternehmen und lokale Upcycling- und Recyclingstellen weiter.

Kreislaufwirtschaft ist Teamwork. Zum Glück macht die Bevölkerung zunehmend mit.

Wie gut Kreislaufwirtschaft funktioniert, hängt in hohem Maße von der Bevölkerung ab. In Europa übernehmen Konsument*innen ihre Aufgabe im zirkularen Prozess mittlerweile vorbildlich. So lag etwa die durchschnittliche Sammelquote von Glasverpackungen für das Recycling in der EU im Jahr 2021 bei 80,1 Prozent. Harald Hauke, Geschäftsführer der Austria Glas Recycling und Vorstand der Altstoff Recycling Austria (ARA), ist stolz auf die Ergebnisse: „Die Menschen machen in hohem Ausmaß bei der Verpackungsglassammlung mit. In Österreich hergestellte Glasverpackungen enthalten im Durchschnitt zwei Drittel Altglas und nur ein Drittel Primärrohstoffe.“ Verbesserungspotenzial wäre seiner Meinung nach bei der Gestaltung von Glasverpackungen gegeben: Schließlich dient nicht jede gute Designidee der Recyclingfähigkeit von Glasverpackungen. „Design und Marketing sind eingeladen, Circular Design zu ihrer Aufgabe zu machen“, sagt Hauke.

Megatrend 4 – Neue Bescheidenheit

Und wenn man einfach weniger Müll produziert, indem man einfach weniger Dinge kauft? Auch dieser Gedanke hat sich in den letzten Jahren immer stärker in den Köpfen vieler Konsument*innen verankert. Schließlich ist Recycling gut und schön, verbraucht aber letztlich auch Energie. Warum also nicht gleich minimalistischer leben, genauer überlegen, was man wirklich braucht und sich nur mit Dingen umgeben, die essenziell, schön und langlebig sind?

Auch hier haben die Krisen der letzten Jahre die Basis für ein neues Bewusstsein geschaffen. Die Pandemiejahre haben bei vielen eine Rückbesinnung auf wahre Werte ausgelöst, und die Inflation hat dazu geführt, dass man Kaufentscheidungen weniger leichtfertig trifft.

„Postmoderner Minimalismus steht für den bewussten Verzicht und hat zuletzt durch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs gewaltigen Auftrieb bekommen,“ heißt es beim Zukunftsinstitut. „Wir sind auf der Suche nach Klarheit und Ordnung, schaffen nicht nur Platz in unseren Kleiderschränken, sondern auch in unseren Köpfen. Die neu entdeckte Freude an den kleinen Dingen im Leben und die Abkehr vom Materialismus haben sich in einem neo-ökologischen Mindset festgesetzt. Auf etwas verzichten zu können, steht für Luxus und
Lebensqualität und löst den Besitz als Statussymbol ab.“

Davon würden etwa auch Sharing-Angebote profitieren, die es nicht nur erlauben, den persönlichen Besitz zugunsten eines gemeinschaftlichen zu reduzieren, sondern auch das Wir-Gefühl innerhalb einer Community stärken können – denn die Sharing Economy lebt von Verbindungen. Unternehmen, die daran arbeiten, das menschliche Miteinander zu stärken, liegen daher auf jeden Fall im Trend.

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