StartRolemodelsHätte ich das bloß früher gewusstChristine Friedreich: "Am Ende musst nur du selbst mit deinen Entscheidungen leben"

Christine Friedreich: „Am Ende musst nur du selbst mit deinen Entscheidungen leben“

In unserer Serie „Hätt’ ich das bloß früher gewusst …“ erzählt die Unternehmerin und „Queen of Hospitality" von Wendepunkten, Führung und Selbstfürsorge.

Christine Friedreich ist eine Frau der Praxis: Als Gründerin und Geschäftsführerin von Friedreich Hospitality hat sie nicht nur ihr eigenes Unternehmen aufgebaut, sondern prägt seit Jahren die Hospitality-Branche mit einer Haltung, die weit über Service und Etikette hinausgeht. Für sie ist Gastfreundschaft vor allem eines: eine Führungsphilosophie und ein radikales Prinzip der Selbstfürsorge.

In ihrer Keynote „Freiheit beginnt, wenn du dich selbst wie deinen besten Gast behandelst“, die sie bei der Success Soirée – Festspiel-Edition in Salzburg hält (Sheconomy ist als Medienpartner dabei, Tickets gibt es HIER), stellt sie eine zentrale Frage: Was passiert, wenn wir uns selbst mit der gleichen Achtsamkeit, Wertschätzung und Klarheit begegnen wie unserem Lieblingsgast? Die Antwort ist so einfach wie kraftvoll: Dann verändert sich nicht nur unser Führungsstil, sondern auch unsere innere Haltung – und damit unser gesamtes Umfeld.

Im Interview spricht Christine Friedreich offen über persönliche Brüche, die Kraft von Netzwerken und darüber, warum Vorbilder wichtiger denn je sind.

Was war Ihr persönlicher Game-Changing-Moment?

Mein persönlicher Game-Changing-Moment war im Grunde eine doppelte Zäsur. Der erste, tief einschneidende Wendepunkt war die Entscheidung für den falschen Partner; und zwar nicht privat, sondern bei meinem größten unternehmerischen Projekt. Diese Partnerschaft hat mir nicht nur finanziell, sondern vor allem emotional und menschlich enorm viel abverlangt. Sie hat mir brutal vor Augen geführt, was es bedeutet, nicht dieselben Werte und Vorstellungen zu teilen, und welchen Preis man dafür zahlt.

Der zweite, noch tiefere Einschnitt war der Tod eines geliebten Menschen und diesen hautnah am Telefon mitzuerleben. Dieses Erlebnis hat mir endgültig gezeigt, wie kostbar Zeit ist, wie zerbrechlich das Leben, und wie wichtig es ist, sich selbst, seine Bedürfnisse und seine Herzensangelegenheiten ernst zu nehmen und ganz unabhängig an die erste Stelle zu setzen. Beide Momente zusammen haben meine Perspektive radikal verändert und mir letztlich die Freiheit geschenkt, mein Leben heute mutiger, klarer und bewusster zu gestalten.

Was hätten Sie zu Beginn Ihrer Karriere gebraucht, was damals noch nicht vorhanden war, aber heute verfügbar ist?

Zu Beginn meiner Karriere hätte ich es gebraucht, viel früher auf den Rat und die Fähigkeiten anderer zu hören – und mir aktiv Unterstützung zu holen. Die Möglichkeit, Coaches oder Mentorinnen einzubeziehen, war damals noch längst nicht so selbstverständlich wie heute. Heute weiß ich, wie wertvoll es ist, sich Sparringspartner zu suchen, die einem den Spiegel vorhalten, blinde Flecken aufzeigen und einen in seiner Entwicklung begleiten. Dabei muss ein Coach nicht immer ein Profi sein. Manchmal reicht schon eine Person aus dem eigenen Umfeld, der man vertraut und die den Mut hat, ehrliches Feedback zu geben, das eigene Ego hinten anstellt und immer das Beste für einen will.

Außerdem wünsche ich mir, dass wir schon in jungen Jahren, in der Schule und in der Ausbildung, viel stärker auf Themen wie Empathie, Kommunikation und Führungsstärke setzen. Das sind Grundlagen, die nicht nur im Beruf, sondern im ganzen Leben den entscheidenden Unterschied machen.

Was hatte den größten Impact auf Ihre Laufbahn?

Den größten Impact auf meine Laufbahn hatte ganz klar meine praxisorientierte Ausbildung – gepaart mit meinem großen, vielfältigen Netzwerk. Die Ausbildung hat mir das nötige Handwerkszeug gegeben, aber vor allem die Praxisnähe. Mein Netzwerk war und ist dabei ein unschätzbarer Schatz: Die vielen Verbindungen, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben, haben Türen geöffnet, Chancen ermöglicht und schenken mir immer wieder ganz neue Perspektiven. Ohne diese beiden Säulen wäre mein Weg so nicht möglich gewesen. Dafür bin ich meinem Umfeld tief dankbar.

Was war der größte Karriereboost?

Ganz simpel gesagt: dass ich mir nie für etwas zu schade war. Ich habe immer mit angepackt, egal ob es große Projekte mit hunderten Mitarbeitenden waren oder kleine Projekte in der Beratung. Ich habe stets das Bedürfnis und den Wunsch etwas zu bewegen und zu verändern. Diese Haltung hat nicht nur Türen geöffnet, sondern mir auch Respekt und Vertrauen eingebracht – weil Menschen spüren, wenn jemand wirklich eintaucht und bereit ist Verantwortung zu übernehmen und mit vollem Herzen dabei zu sein.

In welchen Situationen denken Sie heute: „Hätte ich das bloß früher gewusst“?

Das denke ich mir tatsächlich immer wieder, gerade wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Aber im Kern ist es eigentlich eine einzige Erkenntnis, die ich gerne schon viel früher verinnerlicht hätte: Alles kommt, wie es kommen soll und hat das Ziel mich auf meinem Weg voran zu bringen. Quasi: „Entspann dich, lass los und vertrau darauf, dass sich die Dinge fügen.“ Dieses Vertrauen hätte mir manche Sorgen und Umwege erspart, aber wahrscheinlich war genau das nötig, um es wirklich zu begreifen.

Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit mehr Frauen Führungspositionen erreichen und erfolgreich als Unternehmerinnen werden?

Es braucht dafür einiges, einiges an Veränderung. Der erste Aspekt beginnt schon ganz früh. Wir müssen in unserer Schulbildung von klein auf viel stärker auf echte Gleichberechtigung setzen. Kinder sollen erleben, dass Führung, Verantwortung und Selbstständigkeit keine Frage des Geschlechts sind.

Genauso wichtig sind starke Vorbilder: Frauen, die sichtbar machen, was alles möglich ist, und anderen Mut geben, ihren eigenen Weg zu gehen. Für mich ist es auch nicht immer lustig auf Social Media oder z. B. auch hier präsent zu sein. Aber ich sehe es so: wir sind alle unseren nachfolgenden Generationen verpflichtet. Auf vielen Ebenen. Und ich denke, alle Menschen sehnen sich nach Vorbildern oder Rolemodels. Wenn ich nur für ein Mädchen ein Rolemodel sein kann, dann habe ich doch schon sehr viel erreicht in meinem Leben?
Der dritte Aspekt ist aber auch nicht außer Acht zu lassen: Besonders in Österreich sehe ich eine große Baustelle bei den Rahmenbedingungen für Kinderbetreuung – gerade in ländlichen Regionen. Da müssen wir dringend raus aus unserem Wiener Elfenbeinturm und genauer hinschauen, was es am Land wirklich braucht, damit Frauen Familie und Karriere leichter verbinden können.

Ihr persönlicher Rat an alle, die eine erfolgreiche Karriere anstreben:

Geh deinen Weg, hör auf dein Bauchgefühl und mach das, was dir Freude bereitet und wobei du in den Flow kommst. Denk‘ nicht zu viel darüber nach, was andere denken. Lebe dein Leben. Am Ende musst nur du selbst mit deinen Entscheidungen leben – und das geht am besten, wenn sie wirklich aus dir kommen.

STAY CONNECTED