Kolumne „Aus der VOGELperspektive – Von Melanie Vogel
Schnelle und komplexe Veränderungen machen derzeit vielen Menschen zu schaffen. Die Wirtschafts-Philosophin und Autorin Melanie Vogel gibt wertvolle Tipps, wie sich der „Zukunftsschock“ bewältigen lässt.
Der Zukunftsforscher Alvin Toffler prägte 1965 in der amerikanischen Zeitschrift Horizon den Ausdruck „Zukunftsschock“ und verstand darunter „die erdrückende Belastung und vollkommene Desorientierung von Menschen, die in zu kurzer Zeit zu viele Veränderungen durchmachen müssen“. Nicht die Veränderung selbst löst seiner Meinung nach den Schock aus, sondern die Schnelligkeit, mit der sie sich vollzieht.
Der Zukunftsschock entsteht an der Grenze von stabil zu dynamisch. Wenn Menschen die Sicherheit verlieren, dass sie wissen, was sie zu tun haben, wenn das Gefühl von Kompetenz einem Gefühl von Wagnis und Ambiguität weicht und die Zukunft immer weniger planbar und gestaltbar erscheint, ist der Nährboden für einen „Zukunftsschock“ gelegt. Eine einmalige Situation reicht dazu meistens nicht aus – es sei denn, diese Situation ist mit einem eklatanten individuell erlebten Trauma verbunden. Im Regelfall braucht es mehrere solcher Situationen, die in schneller, ungeplanter und ungewollter Abfolge ablaufen, um einen Zukunftsschock zu manifestieren. Die Grundlage dazu war im Jahr 2020 mit Beginn der weltweiten Lockdowns und aller dann folgenden Maßnahmen gelegt.
Der Zukunftsschock ist eine reale Macht, die in das Leben von Menschen eingreift und Menschen zwingt, neue Rollen zu übernehmen, auf die sie nicht vorbereitet sind. Er tritt ein, wenn die vertrauten Schlüsselsignale, die unser soziales und kulturelles Miteinander auszeichnen, wegfallen oder durch unverständliche neue ersetzt werden müssen. Im Zukunftsschock entsteht folglich ein Bruch mit der Wirklichkeit. Weltbilder verändern sich und können nicht durch neue ersetzt werden.
Wie also kommen wir raus aus dem Zukunftsschock?
In meinem ersten Buch Futability® bin ich dieser Frage nachgegangen und habe Lösungen aufgezeigt, wie wir Veränderungen individuell bewältigen und selbstbestimmt gestalten können, denn eine Welt der permanenten Veränderung verlangt von uns auch permanente Veränderungsbereitschaft. Menschen, die veränderungskompetent sind, betrachten einen Wandel der eigenen Lebensumstände nicht pessimistisch, sondern mit einer gewissen Gelassenheit. Das liegt unter anderem an 5 Dingen, die sie definitiv nicht tun bzw. tun.
- Selbstmitleid ist ihnen fremd.
Selbstmitleid ist selbst-zerstörend, denn Selbstmitleid lädt ein zu einer passiven Haltung. In der Folge lassen Menschen die Veränderung über sich ergeben, anstatt sie pro-aktiv zu gestalten. Veränderungskompetente Menschen reagieren stattdessen eher mit Mitgefühl und gehen in Veränderungssituationen achtsam mit sich und anderen um. - Sie bewahren ihre Selbstmächtigkeit.
Veränderungen, die von außen an uns herangetragen werden, sind nicht immer Veränderungen, die uns gefallen oder auf die wir mit Freuden gewartet haben. In diesen Momenten besteht die Gefahr, sich der Situation hilflos ausgeliefert zu fühlen und in einen Zukunftsschock zu rutschen. Veränderungskompetenten Menschen ist jedoch klar, dass sie in jeder Situation, so lange sie leben, immer noch Selbstmächtigkeit – also Handlungsspielräume – haben. Und die nutzen sie aktiv. - Sie fokussieren sich auf Dinge, die sie gestalten können…
… und nicht auf die Dinge, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. So wird die Selbst-Mächtigkeit gepaart mit Gestaltungsmacht. Dadurch stärken sie ihre Selbstwirksamkeit, glauben also an ihre Einflussmöglichkeiten und an den Erfolg, den sie erzielen können. - Sie bleiben visionär,
denn sie wissen, dass Veränderung nur eine Richtung kennt, nämlich nach vorne. Daher trauern sie nicht in der Vergangenheit nach, sondern arrangieren sie sich bestmöglich mit der Gegenwart und haben auch die Zukunft im Blick, denn eine ansprechende Vision und realistische Ziele helfen ihnen, die Veränderungsprozesse motiviert anzupacken. - Sie übernehmen Verantwortung,
denn sie wissen, dass Veränderungsprozesse keine Einbahnstraße sind. Jeder am Veränderungsprozess beteiligte Mensch kann (und muss) Verantwortung übernehmen – und vor der drücken sie sich nicht. Das würde für sie auch keinen Sinn machen, da sie sonst ihre Selbstmächtigkeit (Punkt 2) aufgeben würden.
Welche Strategien helfen Ihnen, gut mit Veränderungen umgehen zu können, um einen Zukunftsschock zu vermeiden? Teilen Sie uns gern Ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mit.
Melanie Vogel macht als Innovatorin, Unternehmerin und VUCA-Expertin Menschen fit für eine Welt dauerhaften Wandels und sorgt für eine mentale Frischzellenkur. Als Wirtschafts-Philosophin und Innovation-Coach begleitet sie bei ganzheitlichen Unternehmenstransformationen. Die Buchautorin ist Mitglied der Arbeitsgruppe „Hochschulbildung für das digitale Zeitalter im europäischen Kontext”, initiiert vom „Hochschulforum Digitalisierung” der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Außerdem schreibt sie als Fachautorin für die Publikationen “PersonalEntwickeln” (Deutscher Wirtschaftsdienst) und „Grundlagen der Weiterbildung” (Luchterhand-Verlag).