Frauen investieren seltener in Aktien als Männer. Daran hat sich auch in Zeiten von Inflation und schwachen Sparbuchzinsen wenig geändert. Laut der Uniqa-Umfrage „Frauen & Finanzvorsorge“ setzen nur 17 Prozent aller befragten Frauen auf Aktien bei der Geldanlage – das ist weniger als jede fünfte. Selbst in Investmentfonds und ETFs, die Anlagen über mehrere Werte streuen, investieren nur 20 Prozent. Bei Männern sieht die Sache anders aus: Zwar ist auch bei ihnen das Sparbuch mit 62 Prozent eine beliebte Anlageform, doch direkt dahinter folgen Aktien (40 Prozent) und Investmentfonds/ETFs (31 Prozent).
Dabei sind gerade Frauen auf dem Kapitalmarkt besonders erfolgreich – oft sogar mehr als männliche Anleger.
Frauen sollten sich trauen
Dabei sind gerade Frauen auf dem Kapitalmarkt besonders erfolgreich – oft sogar mehr als männliche Anleger. Das geht aus einer Analyse von Trade Republic hervor. Trotzdem ist die Hemmschwelle hoch. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Aktien der Ruf des hohen Risikos anhaftet – und dass das Investmentbusiness für Laien auf den ersten Blick kompliziert bis undurchschaubar wirkt. Blue Chips, Trailing Stop, Shortselling, Pennystocks – allein die Menge an neuem Vokabular hat Abschreckungspotenzial.
Dazu kommt der Dschungel an Konditionen und Gebühren, die von Wertpapierdepot zu Wertpapierdepot variieren, die Rendite aber vor allem bei kleineren Käufen stark beeinflussen können. Kein Wunder also, dass vor allem schlechter verdienende Frauen, die zu wenig „Spielgeld“ haben, um sich in der Einstiegsphase zahlreiche Fehler leisten zu können, eher zögerlich agieren, wenn es um den Erwerb von Aktien oder ETFs geht. Dabei bräuchten gerade sie die Altersvorsorge am dringendsten. Ein Teufelskreis.
Zum Glück gibt es eine simple Lösung: Sie nennt sich „Musterdepot“. Darunter versteht man eine Art Spielplatz für Aktienanleger:innen. Hier kann man virtuell und stressfrei den Handel mit Wertpapieren üben – ohne Gefahr zu laufen, dass man echtes Geld verliert. Alle Einsätze und Verkaufserlöse sind rein fiktiv, während sich die Kurse am echten Börsenhandel orientieren. So können Neulinge gefahrlos Chancen und Risiken testen. Gleichzeitig lernt man auch den Alltag des Aktiengeschäfts kennen. Dazu gehört, dass etwa Dividenden ausgezahlt werden oder dass man Stop Loss Orders setzen kann, damit Aktien bei fallenden Kursen schneller verkauft werden können. Auch Optionen aus dem Bereich der Börsenprofis können oftmals gewählt werden – etwa das hochspekulative Daytrading, das innerhalb eines Handelstages Gewinne abschöpfen will.
Lernen per App
In der Regel funktioniert das Musterdepot genauso wie das normale Depot: Die Grundfunktion ist der An- und Verkauf von Wertpapieren. Zur Übersicht gehört die Kursentwicklung im Depot, sodass man seine fiktiven Gewinne oder Verluste nachvollziehen kann. Auch die Gebühren werden angezeigt. Dazu kommen häufig noch Sonderfunktionen wie Watchlists oder Börsencharts. Außerdem kann das Musterdepot zumeist per App verfolgt werden – man muss also nicht zu Hause vorm Computer sitzen, sondern kann auch traden, während man im Reitstall oder im Fußballverein wartet, bis die Kinder mit dem Training fertig sind. Viele Musterdepot-Apps sind gratis, ebenso wie dazugehörige Wertpapierdepots. Nur für Zusatzfunktionen – wie Benachrichtigungen oder das Abrufen von Echtzeitdaten – können Kosten anfallen.
Der Umfang des Angebots hängt vom Anbieter ab, und derer gibt es mittlerweile viele. Bei manchen braucht man ein Konto bei der jeweiligen Bank, um ein solches „Spieldepot“ zu eröffnen, bei anderen genügt eine simple Registrierung. Unter anderem werden Musterdepots von Bank Austria, Erste Bank, EasyBank, Flatex, finanzen.net und wikifolio angeboten. Häufig sind auch Mehrfacheröffnungen möglich – etwa, um verschiedene Strategien auszuprobieren. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit, verschiedene Anbieter zu testen, um herauszufinden, welche Oberfläche man angenehm zu bedienen findet oder welches Vergebührungskonzept mit den eigenen Trading-Gewohnheiten am besten kompatibel ist.
Nicht nur für Anfänger:innen
Übrigens sind Musterdepots für alle Anlegerinnen von Vorteil. Erfahrene Investorinnen haben die Chance, neue Anlegestrategien zu entwerfen und auszuprobieren. Sie können zum Beispiel mehr Risiko eingehen, sich auf neues Terrain wagen und den Strategiewechsel vorher durchspielen. Das Musterdepot kann dann parallel zu ihren realen Geschäften geführt werden – so lange, bis man sich entweder dafür oder dagegen entscheidet, das zweite Anlagekonzept in die Tat umzusetzen. Und wenn sich herausstellen sollte, dass der neue Weg in eine Sackgasse führt, so hat man doch immerhin keine schmerzhaften finanziellen Verluste einzustecken – und trotzdem einiges dazugelernt.
Absolute Beginners: Tipps für Aktien-Neulinge, die mit Musterdepots starten
Strategien entwickeln
Sie kennen sich in einer Branche besonders gut aus? Sie interessieren sich für einen bestimmten Warenbereich? Sie finden Umweltschutz, Diversität oder faire Produktionsmethoden wichtig und wollen Betriebe fördern, die sich für diese Werte einsetzen? Wählen Sie Aktien nicht nur nach Trends, die von Börsengurus empfohlen werden, sondern stellen Sie Ihre persönliche Strategie zusammen – und nutzen Sie dafür Ihr Wissen und auch Ihre Interessen. Schließlich werden Sie immer wieder Zeit investieren müssen, um sich mit den Unternehmen zu beschäftigen, deren Aktien Sie im Depot haben. Umso besser, wenn es dabei um Erzeugnisse beziehungsweise Dienstleistungen geht, mit denen Sie etwas anfangen können.
Auf breite Streuung achten
Auch wenn es gut ist, sich auf Bereiche zu konzentrieren, die einem liegen – es sollten idealerweise mehrere sein. Wer nur in eine Branche oder gar in ein einziges Unternehmen investiert, erhöht sein Risiko. Wählen Sie daher für den Anfang zwischen fünf und zehn Wertpapiere aus, die am besten aus verschiedenen Branchen stammen. Das hilft auch dabei, ein besseres Gefühl für die Entwicklung von Kursen zu bekommen.
Von Profis lernen
Viele verschiedene Wirtschafts- und Börsenzeitungen pflegen Musterdepots. Von den dortigen Expert*innen kann man sich ruhig etwas abschauen – etwa, zu welchen Zeitpunkten sie Aktien kaufen und wieder abstoßen. Oder ob sie eher auf Dividenden-Aristokraten oder auf Start-ups mit steilen Kursentwicklungen setzen. Oder wie sie in schwierigen Zeiten agieren.
Am Boden bleiben
Auch wenn Spielgeld dazu verleitet, wie eine Multimillionärin zu agieren. Setzen Sie in Ihrem Musterdepot nur so viel Geld ein, wie Ihnen auch in der Realität zur Verfügung steht. Es nützt nichts, wenn man mit hohen Beträgen handelt, die man später im echten Depot nicht mehr einsetzen kann. Spielen Sie mit dem, was Sie haben – nur so finden Sie heraus, wie hoch Ihre Gewinne (und auch Ihre Verluste) tatsächlich sein könnten.