Voller Ideen sprühen. Loslegen, durchstarten und die Welt verändern – Start-ups stecken meist voller positiver Energie und Chancen für bahnbrechende Veränderungen. Nimmt man die blutjungen Unternehmen dann etwas genauer unter die Lupe, stößt man immer noch überwiegend auf den männlichen Teil der Gesellschaft. Warum ist das so? Und was kann man als Technologie-Inkubator für mehr Geschlechtervielfalt tun?
Es ziert sich
Eines vorweg: Innovative Ideen entstehen in allen kreativen Köpfen, unabhängig vom Geschlecht. Doch was besagen aktuelle Zahlen? Erst vor wenigen Wochen wurde der Female Start-up Funding Index 1. Halbjahr 2023 von Ernst and Young, FUND F und den Female Founders veröffentlicht (Sheconomy berichtete). Die wichtigsten Ergebnisse: Bei den Neugründungen liegt der Anteil der Female Start-ups in Österreich bei 36 Prozent. Der Hauptgrund, warum Gründungen immer noch überwiegend von Männern bzw. männlichen Teams durchgeführt werden, liegt laut der DEI- Expertin von tech2b Ursula Helml im sogenannten „Confidence Gap“. Dies bezieht sich auf das geringere Selbstvertrauen von Frauen, wenn es darum geht, ihren beruflichen Ideen Raum zu geben und zu gründen. „Frauen finden leider meist 100 Gründe, warum es nicht funktionieren würde, Männer entwickeln ihre Ideen schnell weiter und legen los.“ Ein weiterer Grund: Frauen sehen sich immer noch als Hauptverantwortliche für die Familie und übernehmen oft den Großteil der Care-Arbeit.
Investments: Frauen im Hintertreffen
Erschwerend kommt hinzu: Investitionen in heimische Startups kommen fast ausschließlich rein männlichen Gründerteams zugute: Laut der aktuellen EY-Studie waren bei 82 Prozent der Finanzierungsrunden im 1. Halbjahr 2023 die Gründerteams rein männlich. Bei 15 Prozent bestanden die Gründerteams aus männlichen und weiblichen Gründer:innen. Für rein weibliche Gründungsteams gab es im ersten Halbjahr 2023 nur zwei Finanzierungsrunden – das entspricht rund drei Prozent. „Hier spielt leider der unconscious Bias der Investoren eine große Rolle“, sagt Helml.
„Wir wollen herausfinden, was Frauen motiviert zu gründen, welche Themen sie interessieren, mit welchen Rahmenbedingungen sie konfrontiert sind und wo sie Unterstützung brauchen.“
Ursula Helml,
Unternehmerin und DEI-Expertin von tech2b
Ein steiler und langer Weg
In der gesamten Start-up-Branche gibt es längst Bestrebungen, mehr Frauen als Gründerinnen aufzunehmen und vielfältige Gründerteams zu fördern, wie Ursula Helml erklärt: „Diversity ist kein Sprint. Es ist auch kein Marathon. Diversity ist wie die Besteigung eines Achttausenders“. Was sie damit meint? Die Richtung stimmt. An manchen Stellen geht es langsamer, an anderen schneller.
Wie man bei tech2b gezielt vielfältige Gründerteams und Frauen fördern möchte?
Durch gezielte Maßnahmen wie relevante Netzwerke, Empowerment und mehr Sichtbarkeit. „Als Inkubator wollen wir Gründerinnen ein starkes Netzwerk bieten. Dafür haben wir als Beispiel SHEtech2b ins Leben gerufen, wo wir Gründerinnen und Start-ups untereinander vernetzen und mit inspirierenden Vorbildern und erfolgreichen Unternehmer:innen zusammenbringen“, erklärt Helml. Man bemühe sich, das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Frauen im Gründungsbereich zu schärfen: „Wir arbeiten eng mit Universitäten und Fachhochschulen zusammen, um Projekte zu initiieren und dort präsent zu sein. Wir wollen herausfinden, was Frauen motiviert zu gründen, welche Themen sie interessieren, mit welchen Rahmenbedingungen sie konfrontiert sind und wo sie Unterstützung brauchen“, so die DEI-Expertin.
„Unsere Awareness-Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Frauen ihr volles Potenzial ausschöpfen und die Start-up-Welt aktiv mitgestalten.“
Ursula Helml,
Unternehmerin und DEI-Expertin von tech2b
Fördern und gefördert werden
Neben diesen Maßnahmen berät tech2b Gründerinnen gezielt bei der Suche nach Förderstellen und bietet eigene Stipendien an. Ein weiteres, großes Ziel des Inkubators: Frauen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Dazu arbeitet tech2b eng mit Mentoring-Programmen und Initiativen wie den „Female Founders“ in Wien zusammen. Darüber hinaus werden Gründerinnen gezielt in Programme wie „Lead Forward“ entsandt. Um diese bestmöglich zu unterstützen, stellen sie verschiedene Tools und Ressourcen zur Verfügung, darunter auch Trainings zu Schlüsselthemen wie Finanzierung und Nachhaltigkeit. Eine weitere wichtige Partnerschaft besteht mit Claudia Nowak von „Women on Stage“ und ihrem Projekt „Rampenfrau“, um sicherzustellen, dass Gründerinnen über die notwendigen Fähigkeiten für einen erfolgreichen Auftritt verfügen.
Erfolgreich (durch)gestartet
Als Best-practice-Beispiele nennt Helml Gründerinnen wie Jasmin Rath von Planterista, Eva-Marie Infanger von MatheArena und auch Anita Schweiger von Creonect, die sich während des Inkubationsprogramms beeindruckend entwickelt und Dank Kooperationen und medialer Präsenz zunehmend an Selbstvertrauen gewonnen haben. Viele der Gründerinnen werden selbstverständlicher Teil von Panels und Investorengesprächen. Helml: „Wir setzen uns aktiv dafür ein, Frauen und Studentinnen zu ermutigen, Teil der Start-up-Szene zu werden und ihre Ideen zu teilen. Unsere Awareness-Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Frauen ihr volles Potenzial ausschöpfen und die Start-up-Welt aktiv mitgestalten.“