StartMoneyWarum Nahrung wertvoll wird

Warum Nahrung wertvoll wird

Die globale Lebensmittelbranche steht vor großen Herausforderungen – von zunehmenden Wetterextremen bis hin zu einer wachsenden Weltbevölkerung. Die Lösungsansätze sind ebenso vielfältig, zu denen regionale Angebote und technologische Innovationen zählen. Einige Investmentfonds setzten dabei auf eine ganze Reihe ausgewählter Branchenkonzerne.

Die jüngsten Sommermonate sorgten nicht überall für Entspannung. Lodernde Flammen in weiten Teilen Südeuropas und im Westen Kanadas hielten etwa zahlreiche Hilfskräfte auf Trab. Dann folgten schwere Überschwemmungen, die nicht nur in Griechenland hohe Wellen schlugen. Überhaupt nehmen die Wetterextreme zu, mit entsprechenden Folgen für die Nahrungsmittelversorgung. Landwirt:innen im Osten Österreichs berichten etwa von großen Schäden an der Maisernte. Auch für Liebhaberinnen von Pasta gibt es schlechte Nachrichten: Die Preise steigen, denn Unwetter und Dürren setzten der Hartweizenernte etwa in Kanada zu. Die extremen Trockenphasen haben aber auch Spuren bei Viehfutter hinterlassen. Und damit die Fleischpreise angetrieben. An der Chicagoer Warenbörse, der Chicago Mercantile Exchange, erreichten die Notierungen für Rind mit 180 US-Cent pro Pfund ein Rekordhoch.

Die Klimaverschlechterung ist mit Sicherheit eine der größten Sorgen für  die Landwirtschaft.“

– Irene Neumann-Hartberger, ARGE Österreichische Bäuerinnen

Die Herausforderungen für die globale Landwirtschaft sind damit vielfältig. „Die Klimaverschlechterung ist mit Sicherheit eine der größten Sorgen, wie im Übrigen auch für die Forstwirtschaft“, konstatiert Irene Neumann-Hartberger, Bundesbäuerin und Vorsitzende der ARGE Österreichische Bäuerinnen in der Landwirtschaftskammer Österreich. Die ARGE ist Stimme der Frauen in der Land- und Forstwirtschaft, vertritt entsprechend deren Interessen. Zu den Zielen zählen unter anderem die Forcierung der Wertschöpfung sowie der Lebensqualität auf den bäuerlichen Familienbetrieben.

Dramatische Folgen

Dabei sei man den dramatischen Auswirkungen in Form der zunehmenden Hitze, Trockenheit und sonstiger Wetterextreme, aber auch den damit verbundenen Schädlingskalamitäten unmittelbar ausgesetzt, so Neumann- Hartberger. Freilich, die Entwicklung wird von der zunehmenden Bodenversiegelung, die zu einem guten Teil zu Lasten von Agrarflächen erfolgt, weiter angeheizt. Versiegelte Böden können kein Wasser verdunsten, weshalb sie in den Sommermonaten nicht zur Kühlung der Luft beitragen, berichtet das deutsche Umweltbundesamt.

Auch ist eine Umkehr solch eines Vorganges kaum möglich: „Agrarflächen, die einmal zugepflastert wurden, sind meist für immer verloren oder könnten nur mit enorm großem Aufwand wiederhergestellt werden. Ein fruchtbarer Boden ist schnell versiegelt, braucht aber extrem lange, um wiederhergestellt zu werden“, mahnt Neumann-Hartberger. Dabei seien ausreichend vitale Böden zentral allein für die Lebensmittelproduktion, aber auch für andere Aspekte, so etwa für die Biodiversität.

Zudem ist der Klimawandel nicht die einzig negative Folge aus den Versiegelungen. Sie hat auch direkte Auswirkungen für die Menschheit. Die Bevölkerung wächst schließlich weltweit, weshalb immer mehr Lebensmittel produziert werden müssen. Angesichts schrumpfender Ackerflächen wird solch ein Unterfangen zu einer wachsenden Herausforderung. Jüngste UNO-Prognosen verdeutlichen den globalen Bevölkerungstrend: Leben derzeit gut acht Milliarden Menschen auf dem Planeten, könnte die Zahl bis 2050 auf fast zehn Milliarden Menschen steigen.

Fleisch im Fokus

Auch der Blick auf die geografischen Entwicklungen offenbart Interessantes. Immer mehr Menschen in den Schwellenländern steigen in den Mittelstand auf und greifen beim Essen zunehmend zu Fleischspeisen. Auch dieser Trend bleibt nicht ohne Folgen. Die Umweltschutzorganisation Global 2000 hat sich den Aufwand näher angesehen: Allein in Österreich werden für ein Kilo Hühnerfleisch gut 3,3 Kilo Viehfutter benötigt, wovon ein guter Teil als Soja aus dem globalen Süden importiert wird. Für ein Kilo Rind werden sogar 25 Kilo Futter benötigt. Für den wachsenden Fleischkonsum weltweit werden somit immer mehr Böden, so etwa in den Amazonas-Regenwäldern, gerodet.

„Bei den Stufen entlang der Wertschöpfungskette gehen jährlich gut 14 Prozent der Nahrungsmittel verloren.“

– Anita Frühwald, BNP Paribas Asset Management

Die Herausforderungen bei der Lebensmittelproduktion ist jedoch nur ein Aspekt. Auch beim Transport und der Verarbeitung gibt es Handlungsbedarf. So gehen bei allen Stufen entlang der Wertschöpfungskette jährlich gut 14 Prozent der globalen Nahrungsmittel verloren, mahnt Anita Frühwald, Country Head Austria & CEE bei der BNP Paribas Asset Management. Gründe sind Ineffizienzen unter anderem bei der Verpackung und der Lagerung.

Weitreichende Lösungen sind somit dringend notwendig. Die ARGE Bäuerinnen verweist in diesem Zusammenhang auf eine Reihe Innovationen. Zu denen zählt etwa der Anbau von Reis in der Steiermark und von Safran im Burgenland. Der Vorteil eines regionalen Anbaus liegt auf der Hand: Dies spart Sprit für weite Transportwege und reduziert die Gefahr der Verderblichkeit. Obendrein haben die Pandemie sowie der Ukrainekrieg die Nachteile der Importabhängigkeit verdeutlicht. Russland etwa verlängerte zuletzt das Getreideabkommen mit der Ukraine nicht, da es eigene Bedingungen zuerst umgesetzt haben möchte. Einzig, der Anteil Russlands und der Ukraine an den globalen Exporten beträgt bei Weizen immerhin 26 Prozent, bei Mais 16 Prozent.

Doch auch im Bereich der Digitalisierung geschehe Vieles, so Neumann-Hartberger: „Drohnen werden zur Nützlingsausbringung oder Rehkitzrettung eingesetzt, Roboter zu Unkrautbekämpfung, Fütterung und Stallreinigung. Künftig sollen auch Kälbergeburten anhand der vollautomatischen Auswertung des Kuhverhaltens vorhergesagt werden können.“

Positiver Impact

Die zunehmenden Wetterextreme aufgrund des Klimawandels setzen vielen Ernten rund um den Globus zu.

Freilich, eine Vielzahl der Firmen, die an entsprechenden Innovationen arbeiten, sind an der Börse notiert, wobei Anlegerinnen darauf mit Fonds breit gestreut veranlagen können. Ein Beispiel ist der US-Traktorhersteller John Deere, der jüngst eine Drohne mit Unkraut-Scanner und Feldspritze entwickelt hat. Überhaupt sind die technologischen Fortschritte in der Landwirtschaft immer deutlicher sichtbar. Madeleine Ronner, Co-Portfoliomanagerin des DWS Invest Agribusiness Fonds (LU0273158872) sagt: „1960 versorgte ein durchschnittlicher US-Farmer knapp 26 Personen. Heute sind es 155.“ Auch für Anlegerinnen sei der Agrarsektor interessant, da er vom Bevölkerungswachstum und von Wohlstandssteigerungen in den Schwellenländern profitiere.

„Selektiert werden Unternehmen, die einen positiven Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung beitragen.“

Madeleine Ronner, DWS Invest

Können Anlegerinnen da jedoch guten Gewissens auf den Nahrungssektor setzen? Ronner verfolgt in diesem Zusammenhang eine klare Strategie. Selektiert werden nur jene Unternehmen, die einen positiven Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung leisten. „In Agrarrohstoffe wird nicht direkt investiert, somit wird keine Nahrungsmittelspekulation betrieben“.

Dabei entfällt beinahe ein Viertel der Fondsgewichtung auf Unternehmen aus dem Bereich Düngemittel und Agrarchemie, so etwa auf die deutsche K+S und Corteva Agriscience aus den USA. Die DWS-Expertin verweist auf den Rückgang der Düngemittelpreise der vergangenen Quartale. Dies könnte sich wieder wenden: „Wir rechnen weiterhin mit einem engen Markt, der die Düngemittelpreise unterstützen sollte. Aufgrund des Ukrainekriegs fällt zudem ein großer Teil des Angebots aus Russland und Belarus für den Düngemittelmarkt weg. Zugleich kann die Nachfrage nur begrenzt aufgeschoben werden.“

Transport als Chance

Auch in den Transportsektor wird etwa mit der Schienentransportfirma Canadian Pacific Kansas City Railway investiert, wie aber auch in Fleischproduktion, Lachszuchtfarmen und ein klein wenig in Restaurants. Regional sind die USA mit etwas mehr als 40 Prozent gewichtet, gefolgt von Kanada und Europa. Im BNP Paribas Funds Smart Food Fund (LU1165137149) sind die USA mit rund 38 Prozent ähnlich gewichtet.

Danach folgen europäische Länder wie Irland und die Schweiz. So agierten viele der europäischen Unternehmen weitaus nachhaltiger, so Frühwald. Zu den größten Positionen zählt Graphic Packaging. Die Firma stellt Verpackungen aus Karton her, wie auch Smurfit Kappa. Beide Unternehmen sind aus Irland. Darling Ingredients aus den USA recycelt hingegen Restprodukte aus der Fleischverarbeitung und von Bäckereibetrieben, aus denen unter anderem Fette, Gelatine und Düngemittel hergestellt werden.

Anlegerinnen müssen bei solchen Investments jedoch auch die Risiken beachten, zu denen nicht nur Kursverluste bei den Aktien zählen. Auch der politische Gegenwind könnte zunehmen, falls die Lebensmittelpreise noch kräftig anziehen. Staatliche Beschränkungen bei den Exporten sowie die Preissetzung können dann nicht ausgeschlossen werden.

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