War es für Sie als Frau schwieriger, in Ihre heutige Position zu kommen, als es für einen Mann gewesen wäre?

Leider gibt es noch immer das Stereotyp: Die IT ist ein Männerberuf. Dementsprechend ist auch eine weibliche CEO in einem großen IT-Unternehmen noch immer keine Selbstverständlichkeit. Ich habe die gläserne Decke schon gespürt, als ich mich für ein Elektronikstudium entschieden habe. Als ich zur Stadtwerke-Gruppe gewechselt bin, habe ich dann sehr große Unterstützung erlebt. Ich habe gesehen: So kann es auch gehen. Hier wird auf den Menschen geschaut, auf die individuelle Leistung. Ein Prinzip, das auch ich jeden Tag in meiner Rolle als CEO lebe. Gerade wir Frauen haben oft das Gefühl, dass wir mehr als 100 Prozent geben müssen, und wir fragen uns: „Kann ich das?“. Hier versuche ich, ganz gezielt zu vermitteln: Stellt euer Licht nicht unter den Scheffel, traut euch was!

Sie sind für Ihren progressiven Ansatz beim Thema Hierarchie bekannt. Welchen Vorteil hat der Führungsstil, den Sie praktizieren?

Für mich sind Menschen alles. Ich liebe es, mich auf unterschiedliche Charaktere einzulassen, dabei meine eigene Individualität zu leben und auch andere individuell sein zu lassen. Ich habe natürlich die Rolle als Geschäftsführerin inne, mit allen Kompetenzen und Verantwortungen. Aber im täglichen Umgang hat ein machtvolles, autoritäres Verhalten für mich keinen Platz. Leadership bedeutet für mich: Mit gutem Beispiel vorangehen, klare Werte vertreten – Transparenz, Ehrlichkeit und Authentizität – und das Unternehmen gemeinsam mit meinen Mitarbeiter:innen formen. Dieser Weg erfordert Mut, aber der Erfolg gibt mir recht: Die Offenheit und das Vertrauen, mit denen ich meinen Mitarbeiter:innen begegne, bekomme ich durch ihren großen Einsatz und ihre Loyalität zurück.

Eine mögliche Lösung für den Fachkräftemangel in der IT wären Quereinsteiger:innen – auch weibliche. Wie schafft man es, Frauen davon zu überzeugen, in einen technischen Beruf zu wechseln?

Ich versuche, ein gutes Rolemodel zu sein, spreche in anderen Unternehmen und versuche, insbesondere Frauen zu ermutigen, Veränderungen zu wagen. Ich habe eine ehemalige Konditorin angeworben, die heute bei WienIT im Change & Adoption Management tätig ist. Oder eine Content Managerin, die davor Filialleitung einer Drogeriekette war. Beide sind happy in der Welt der Bits & Bytes. Auch der Sprung von
Anwendungsseite ins Consulting wird bei uns gelebt. Dabei ist mir aber wichtig, klarzustellen: Frauen sind in der IT richtig. Nicht, OBWOHL sie Frauen sind, sondern WEIL sie Frauen sind, die gut in ihrem Job sind.