StartBusinessSchlüssel zur Zukunft

Schlüssel zur Zukunft

Warum Vielfalt in der Führung keine Option, sondern für eine erfolgreiche Zukunft ein Muss ist, erläutert Unternehmensberaterin Christina Bösenberg. Mix them up!

Text: Christina Bösenberg

Erfolgreiche (Unternehmens-) Führung braucht Vielfalt – in Gedanken, Perspektiven und Kompetenzen. Mixed Leadership ist deshalb kein Schlagwort, sondern ein zentraler Treiber für Innovation und nachhaltigen Geschäftserfolg.

Weiß, männlich, verheiratet – vorbei?

Einen Frauenanteil im Vorstand bei 5,4 Prozent im Jahr 2023, gibt es das noch? Durchaus. Und zwar bei den zehn Unternehmen, die in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland gegründet wurden und in einem der Indizes der deutschen DAX-Familie vertreten sind. Holt man etwas weiter aus, sind es bei den 160 Unternehmen aus Dax, MDAX und SDAX im Schnitt 12,6 Prozent (Allbright 2023). Hier zeigt sich die fortlaufende Macht der Monokultur. Vielfalt und Chancengleichheit waren lange keine wichtigen Themen. Bis jetzt.

Angesichts der Fülle an Herausforderungen – KI-Transformation, Klimawandel, geopolitische Unsicherheiten, Handelskonflikte, akuter Fachkräftemangel – wird auch dem Letzten klar, dass Unternehmen alte Muster hinterfragen und neue Wege einzuschlagen müssen.

Wirtschaftlicher Nutzen von Mixed Leadership

Neben den kulturellen Vorteilen – und eigentlich sollte ja auch die Selbstverständlichkeit gelten – gibt es auch eine klare wirtschaftliche Argumentation für Mixed Leadership. Unternehmen, die auf Diversität setzen, schneiden in Krisenzeiten besser ab, wie Analysen von Morgan Stanley zeigen. Die jährliche McKinsey-Studie „Diversity Wins“ zeigt, dass Unternehmen mit einer hohen Diversität im Management bis zu 36 Prozent höhere Renditen erzielen. Und laut der Boston Consulting Group (BCG) erzielen Unternehmen mit divers besetzten Teams 19 Prozent mehr Umsatz durch Innovation.

Vor allem aber steuern wir immer stärker auf eine echte Klippe zu. Zwei Zahlen reichen, um das ganze Ausmaß der Misere am Arbeitsmarkt zu verstehen:

  • Fast 20 Millionen Menschen werden bis zum Jahr 2036 das Renteneintrittsalter erreichen.
  • Gerade einmal 12,5 Millionen erreichen im selben Zeitraum das erwerbsfähige Alter und strömen auf den Arbeitsmarkt nach.
  • Gleichzeitig geben 77 Prozent der jüngeren Generationen an, dass ein diverses Arbeitsumfeld ein entscheiden der Faktor bei der Arbeitgeberwahl ist (PWC-, BCG-Studien). Diese Generation, die die Zukunft des Arbeitsmarkts dominiert, verlangt von Unternehmen eine sichtbare Haltung, nicht nur Marketingparolen – sicher relevant beim Stichwort Fachkräftemangel.

Für die deutsche Volkswirtschaft heißt das: Um den Wohlstand zu halten, muss im Jahr  2036 die Arbeit von 8,5 Millionen Menschen aufgefangen werden. Hier benötigt die deutsche Volkswirtschaft zwingend gezielte und qualifizierte Zuwanderung – anders ist die Lücke nicht zu füllen. Interessant wird die Integration gerade von unterschiedlichen Nationalitäten, Glaubensrichtungen und Wertesystemen. Wenn im Alltag Menschen eng zusammen arbeiten, deren Herkunftsländer sich beispielsweise bekriegen, müssen Unternehmen und Leadership-Teams gute Werte-Kodizes, Richtlinien und Integrationsstrategien parat haben. Auch dabei ist Mixed-Leadership-Kompetenz in vielen Kategorien gefragt.

Nachhaltigkeit durch diverse Kultur

In Mixed-Leadership-Realitäten geht es darum, ein Umfeld zu schaffen, indem alle Mitarbeitenden ihr Potenzial entfalten können. Dieses muss in die Unternehmenskultur übersetzt werden. Ein inklusives Arbeitsumfeld beginnt bei den Führungs- und Unternehmenswerten – und bei den kleinen Dingen: transparente Karrierepfade, flexible Arbeitszeitmodelle oder Mentoring-Programme, die unterschiedliche Dimensionen von Diversität gezielt fördern. Das ist kein „Nice-to-have“, sondern entscheidend, um in einer globalisierten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Komfortzonen verlassen – Strukturen aufbrechen

Der Weg zu Mixed Leadership erfordert jedoch die Bereitschaft, alte Strukturen aufzubrechen. Voraussetzung ist immer das Bewusstsein, dass Perspektivenvielfalt nicht nur äußerst anstrengend sein kann, sondern bessere Ergebnisse bringt – Rendite inklusive. Es reicht nicht, eine Quote zu erfüllen. Stattdessen müssen wir uns im Alltag mit tiefverwurzelten, unbewussten Vorurteilen – sogenannten „Biases“ – auseinander setzen. Es ist gut belegt, dass diese Biases dafür sorgen, dass Menschen (selbst-) ähnliche Kandidat:innen bevorzugen, befördern, mentoren – ein Phänomen, das zur Homogenität in Führungsetagen führte.

Ich selbst habe in der Vergangenheit gelernt, wie schwierig, aber auch wie notwendig es ist, diese Komfortzonen zu verlassen. Als Geschäftsführerin habe ich bewusst diversere Teams aufgebaut, was nicht immer auf sofortige Zustimmung stieß. Doch der Erfolg hat diese Entscheidungen langfristig bestätigt: Teams mit unterschiedlichen Perspektiven waren kreativer, widerstandsfähiger und nachhaltiger in ihren Ergebnissen.

Meine Vision: Die Zukunft ist divers

Die Zeiten der männlichen Monokultur – mit lediglich einer Frau in den Gremien – sind vorbei. Die Führung der Zukunft wird nicht durch Einzelne geprägt, sondern durch Teams, die sich gegenseitig ergänzen. Mixed Leadership ist dabei kein Selbstzweck, sondern ein Hebel, den drängenden Herausforderungen unserer Welt zu begegnen.

128 Frauen sitzen 2024 in den leitenden Gremien der 160 DAX, MDAX und SDAX-Konzerne – 20 mehr als vor einem Jahr. Damit ist fast jedes fünfte Vorstandsmitglied eine Frau. Ich bin überzeugt, wir bleiben nur dann zukunftsfähig, wenn wir Vielfalt nicht nur fördern, sondern leben. Es bedarf Mut, veraltete Modelle hinter uns zu lassen und Raum für neue Ansätze zu schaffen.

Zuletzt noch Good News: Die männliche Monokultur als Formkultureller Armut kann unsere globalen Herausforderungen offensichtlich nicht bewältigen. Mixed Leadership ist deshalb kein Luxus, sondern ein Muss. Unternehmen, die heute Vielfalt in ihre Führung integrieren, sichern nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit, sondern schaffen die Grundlage für eine gerechtere, innovativere Wirtschaft.


Ergänzende Zahlen & Studien

1. Diversity Dividend Report (Morgan Stanley):

Divers aufgestellte Unternehmen zeigen eine höhere Performance an den Finanzmärkten.

2. International Labour Organization (ILO):

Unternehmen mit Geschlechtervielfalt berichten von einer um 20 Prozent höheren Arbeitszufriedenheit.

3. PWCs „Future of Work“

Flexible Arbeitsmodelle sind ein entscheidender Hebel für mehr Frauen in Führungspositionen.

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Zur Autorin

Christina Bösenberg ist Geschäftsführerin bei Capgemini, Workforce und Organization. Capgemini ist ein börsennotiertes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen mit Schwerpunkten auf Informationstechnik und Spitzentechnologie und der größte diesbezügliche Consultinganbieter europäischen Ursprungs.

 

FotomaterialCAPGEMINI

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