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Feministische Außenpolitik ist kein Luxus

Die deutsche Außenministerin vertritt eine klare Haltung: Frieden braucht Feminismus. Damit bricht sie mit tradierten Mustern und wird belächelt – wieder einmal zu Unrecht.

 

 

Der Begriff sorgt in jüngster Zeit immer wieder für Nachfragen. Feministische Außenpolitik, was soll das sein? Und warum sollten wir uns in diesen herausfordernden Zeiten damit beschäftigen, warum tritt Annalena Baerbock (B90/Die Grünen) als deutsche Außenministerin so klar dafür ein? Haben wir nichts Wichtigeres auf der Agenda?

Viele Themen aus der „feministischen Ecke“, wie etwa das Gendern, kommen vielen offenbar als zusätzliche Last in einem immer schwereren Alltag vor. Diese Belange lassen sich in schwarz-weiß-Manier vom Tisch wischen, und auf dem politischen Parkett scheinen sich damit sogar Punkte holen zu lassen.

Es lohnt sich, auch im Bereich der Außenpolitik, genauer hinzusehen.

Für diejenigen, die auf Daten und Fakten setzen: Studien belegen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Abkommen eingehalten werden, um 35% steigt, wenn Frauen im Prozess beteiligt waren. Wie friedlich ein Land ist, lässt sich laut einer Untersuchung von 176 Ländern daran ablesen, wie der Stand der Geschlechtergerechtigkeit vor Ort ist.

2014 führte die damalige schwedische Außenministerin Margot Wallström erstmals den Begriff „feministische Außenpolitik“ ein, schon 2000 wurde von der UN eine Resolution „Frauen, Frieden und Sicherheit“ verabschiedet. Für Annalena Baerbock geht es zusammengefasst um „Repräsentanz, Rechte und Ressourcen“. Konkret bedeutet dies einen Paradigmenwechsel weg von männlich geprägtem Machtgebahren und militärischen Muskelspielen, hin zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen, etwa an den entscheidenden Verhandlungsrunden sowie den Schutz von Menschenrechten und benachteiligten Gruppen. Denn wo Frauen mit am Verhandlungstisch sitzen, richten sie den Fokus auch auf die Belange anderer nicht gleichberechtigter Gruppen.

Wie dringend der Schutz von Menschenrechten und Herabsetzung von Frauen beieinander liegen, zeigt nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine. „Ob es Dir gefällt oder nicht meine Schöne, Du musst es erdulden“, drohte Putin. Sprache schafft Bilder. Sprache schafft Wirklichkeiten. Toxische Männlichkeit zeigt sich in Worten und Taten. Wer frauenfeindliche Worte und Misogynie hinnimmt, ja sogar durch Ironie und Verlachen verniedlicht, ebnet den Weg für Schlimmeres.

Hinter der Forderung nach einer feministischen Außenpolitik stehen klare Positionen, Annalena Baerbock folgt dem Vorbild von Ländern wie Schweden, Kanada, Mexiko, Frankreich, Norwegen oder den USA, die entsprechende Leitlinien formuliert und umgesetzt haben.

Auch die Politikwissenschaftlerin Kristina Lunz setzt sich hier seit Jahren ein und beriet das Auswärtige Amt. Wir haben ihr aktuelles Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch – Wie globale Krisen gelöst werden müssen“ am Tag des Erscheinens im Februar vorgestellt. Gemeinsam mit Marissa Conway und Nina Bernarding gründete Lunz 2016 das „Center For Feminist Foreign Policy“, (CFFP), das sie bis heute als Co-CEO vertritt. Auf der politischen Bühne hat sie seitdem einen festen Platz.

Das Buch zeigt, wie sich Frieden, Menschenrechte und Gerechtigkeit mit Außenpolitik zusammen denken lassen und wie mögliche Lösungsansätze für globale Krisen aussehen können. Vor allem aber liefert es auch die historische Sicht darüber, welchen Einfluss patriarchalische Strukturen und Machthaber auf den Verlauf von Kriegen und die Ausübung von Kriegsverbrechen hatten, und wie sich Frauen immer wieder dagegen aufgelehnt haben. Im Angesicht der Gräueltaten in der Ukraine und an anderen Kriegsschauplätzen dieser Welt sind diese Ausführungen wichtiger denn je.

Obwohl auch Annalena Baerbock Waffenlieferungen in der aktuellen Situation zustimmt und die Realität weit vom Ideal entfernt scheint, ist feministische Außenpolitik nicht bereits gescheitert oder naiv. Sie kann ein Stückchen auf dem Weg sein, die weltpolitisch rein männliche Sicht auf die Dinge aufzubrechen, meint etwa Agnes-Marie Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungs-Ausschusses im Bundestag.

Sie weist auch darauf hin, dass der Begriff Feminismus vielleicht in einer bestimmten Generation Bedenken weckt, es gehe „gegen die Männer“. Wer davor Angst hat, sollte sehen, dass hierzulande mit Staatsminister Tobias Lindner ein Mann für das Thema feministische Außenpolitik zuständig ist. Es lohnt aber auch ein Rückblick auf die Bundestagsrede von Annalena Baerbock im Januar, in der sie die Relevanz dieser Politik beschreibt. „Denn wenn die Hälfte der Bevölkerung nicht gleichberechtigt beteiligt, repräsentiert oder bezahlt ist, sind Demokratien nicht vollkommen. Zum anderen erleben wir weltweit, dass der Abbau der Rechte von Mädchen und Frauen ein Gradmesser für das Erstarken von autoritären Kräften ist.“

 

 

 

 

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