Sheconomy versteht sich als zentrale Plattform für Frauennetzwerke in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Jede Woche stellen wir eines der zahlreichen Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaftspolitik und Kultur im Detail vor.
QBW* – Queer Business Women* feiert Geburtstag. 2005 wurde das Netzwerk in Wien gegründet und vereint aktuell rund 60 lesbische und queere Frauen*. Das Netzwerk engagiert sich für Sichtbarkeit in der Arbeitswelt, für Empowerment sowie für persönliche und berufliche Vernetzung. Ziel ist eine Arbeitswelt, in der alle Menschen offen und ohne Angst vor Nachteilen zu ihrer Identität stehen können.
Wir haben mit der Präsidentin Astrid Weinwurm-Wilhelm darüber gesprochen, wie sie das Netzwerk aufgebaut haben, was sie antreibt und welche Bedeutung QBW* für seine Mitfrauen* hat.
Wie lautet der Name Ihres Netzwerks?
QBW*. Queer Business Women* – Netzwerk lesbischer und queerer Frauen* in der Arbeitswelt.
Wann wurde Ihr Netzwerk ins Leben gerufen?
2005 – wir feiern im Oktober 20 Jahre QBW*
Mehr zu Programm und Tickets unter: https://pretix.eu/qbw/20jahre/
Wie viele Mitstreiter*innen zählt Ihr Netzwerk aktuell?
Circa 10 Mitfrauen* kümmern sich um das aktive Vereinsgeschehen. Gemeinsam entscheiden wir, wo wir Schwerpunkte setzen, welche Projekte wir vorantreiben, und wie das konkret in die Tat umgesetzt wird. Rund 50 weitere Mitfrauen* sind Teil unseres Netzwerks, kommen zu unseren Veranstaltungen, profitieren von Talkformaten und Weiterbildungsangeboten und freuen sich darauf, mit anderen spannenden Frauen* ins Netzwerken zu kommen. Wer uns noch nicht kennt und gerne kennenlernen will, kann als Interessentin* jederzeit zu einer unserer Veranstaltungen kommen.
Was sind die Kernthemen und Schwerpunkte Ihres Netzwerks?
Sichtbarkeit lesbischer und queerer Frauen in der Arbeitswelt, Empowerment, berufliche und persönliche Vernetzung.
Was ist der gemeinsame Nenner aller Mitglieder, die sich in Ihrem Netzwerk zusammengefunden haben?
Übergeordnetes Ziel unserer Arbeit ist, dass alle Menschen ohne Angst vor Mobbing und Karrierenachteilen zu ihrer Lebensform und Geschlechtsidentität stehen können. Nach wie vor gibt es zu vielen Frauen*, die ihre sexuelle Orientierung verleugnen, um nicht aufzufallen oder, um sich vor homophoben Sprüchen zu schützen. Für ein ganz unaufgeregtes Outing braucht es nicht nur die Stärkung des persönlichen Selbstverständnisses sondern auch die Bewusstseinsbildung in Unternehmen und Organisationen. Dazu tragen wir über die Aktivitäten unseres Dachverbands Pride Biz Austria – der B2B-Plattform für LGBTIQ Diversity – bei.
Wichtig ist, dass wir dieses gemeinsame Ziel immer vor Augen haben – und jede ihr mögliches tut, um sich einzubringen. Alles, was bei den QBW* auf die Beine gestellt wird, wird ehrenamtlich erbracht. Das Commitment und die Verbindlichkeit sind dabei umso wichtiger.
Wie läuft der Austausch innerhalb der Community ab und über welche Kanäle? Wie oft treffen Sie sich?
Die Mitfrauen*, die aktiv das Vereinsleben gestalten, treffen sich einmal pro Monat und konzipieren und organisieren alle Aktivitäten der QBW*. Am liebsten treffen wir einander persönlich. Bei einem Schluck erfrischendem Getränk und einem kleinen Happen plant es sich wesentlich besser. Wenn die Zeit knapp ist oder viele unserer Mitfrauen* beruflich unterwegs sind, dann klappen unsere Arbeitstreffen natürlich auch online oder hybrid.
Für die Frauen* in unserem Netzwerk bieten wir eine Vielzahl an Veranstaltungen, um für alle Interessenslagen etwas anzubieten: bspw. die monatlichen Get Together als loses Netzwerkformat, mehrmals pro Jahr unser Talkformat QBW on Top mit spannenden Gästen über den Dächern Wiens, der QBW* Brunch mit queerer Lesung, der QBW* Summerbreak oder das gemeinsame Punschtrinken bei QBWeihnachten.
Mit den Mitfrauen* und Interessentinnen* unseres Netzwerkes kommunizieren wir über newsletter, LinkedIn, Facebook, Instagram … und persönlich.
Werben Sie gezielt neue Mitglieder für Ihr Netzwerk an, und wenn ja, wie?
Wir sind immer auf der Suche nach weiteren engagierten Frauen*, die sich aktiv ins Vereinsleben einbringen oder auch einfach Teil des Netzwerks und der gemeinsamen Sache – der Sichtbarkeit – sein wollen. Im Rahmen unserer Events laden wir dazu ein, sich einzubringen. Jede Frau* kann sich mit ihrer Zeit, Expertise und mit Kontakten einbringen. Die proaktive Kontaktaufnahme gelingt natürlich auch über unsere Social Media Kanäle oder per email: netzwerk@qbw.at
Wie steht es um den „Nachwuchs“ – ist es schwer, ihn zu motivieren, oder ist er begeistert, Teil des Netzwerks zu werden?
Wir erleben beides: Begeisterung und Herausforderungen. Jüngere queere Frauen* bringen oftmals ein starkes Bewusstsein für Diversität, Selbstbestimmung und politische Anliegen mit – das ist inspirierend und motivierend. Gleichzeitig haben sich Formen des Netzwerkens verändert: Es braucht neue Zugänge, flexible Formate und sichtbare Role Models, um wirklich andocken zu können.
Bei QBW* schaffen wir bewusst niederschwellige Angebote – vom Brunch bis zum Talk – und laden auch jüngere Mitfrauen* ein, selbst Impulse zu setzen. Jedenfalls freuen wir uns immer, wenn Erfahrungen und neue Perspektiven in unser inneres Netzwerk kommen: so entstehen starke Verbindungen, die für uns alle hilfreich sein können. Nicht nur im Ehrenamt, sondern auch auf unseren weiteren beruflichen Wegen.
Gemeinsam sind wir stark – was treibt Sie und Ihre Netzwerk-Mitstreiter*innen an?
Die Überzeugung, dass wir nur weiterkommen, wenn wir uns engagieren. „Warten und Teetrinken“ bringt uns in der patriarchal geprägten Gesellschaft nicht weiter, erreicht nichts im Thema Gleichberechtigung, und schafft keinen Fortschritt in Bezug auf die Sichtbarkeit von queeren Frauen*. ALSO: tun wir was.
Auf den Punkt gebracht – welche drei Eigenschaften zeichnen Ihr Netzwerk aus?
Persönliche Identifikation, professioneller Austausch, gegenseitige Unterstützung.
Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Netzwerk? Wo sehen Sie das Netzwerk in fünf Jahren?
Aktuell schauen wir auf 20 Jahre QBW* zurück. Vieles haben wir erreicht, vieles ist noch zu tun. In den nächsten Jahren werden wir unseren Fokus weiten: Was sind die Anliegen lesbischer und queerer Frauen*? Inwiefern stellt sich auch im lesbisch-queeren Kontext eine „Generationenfrage“? Welche Fragen beschäftigen trans* Frauen oder non-binäre Personen? Wie können wir als Netzwerk dazu beitragen, dass sich alle Menschen mit ihrem „whole-true-self“ am Arbeitsplatz einbringen können? Da gibt es also noch viel zu tun in den kommenden Jahren.
Welches Klischee rund um Frauen im Wirtschaftsleben können Sie nicht mehr hören?
Frauen können nicht netzwerken, interessieren sich gar nicht so für Karriere, wollen nicht auf die Bühne. Alles bullsh…
Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte Richtung Gender Equality?
Faire Rahmenbedingungen und mutige Männer. Solange Männer in Österreich nicht verpflichtet sind, Elternzeit in Anspruch zu nehmen – und gleichzeitig strukturelle Anreize fehlen – bleibt die Gleichverteilung von Care-Arbeit eine leere Forderung. Wir erleben auf vielen Ebenen strukturelle Ungleichheit: der Gender Pay Gap, traditionelle Rollenbilder und mangelnde politische Steuerung verstärken sich gegenseitig. Der Rechtsruck und die globale Anti-Haltung zu allen nicht-normativen Lebensformen tut sein übriges. Nur, wenn wir Position beziehen und weiterhin Druck erzeugen, können wir drastische Rückschritte verhindern, kann es zu einer gerechteren Aufteilung der Care Arbeit und langfristig auch zu einer anderen Arbeitskultur kommen.
Haben Sie das Gefühl, dass sich Frauen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen, um gleiche Positionen wie Männer zu bekommen?
Absolut. Meine liebste Leseempfehlung zum Thema Patriarchat: Das Patriarchat der Dinge von Rebekka Endler.
Wie bewerten Sie die Rolle von (Frauen-) Netzwerken in unserer heutigen Gesellschaft und in der Zukunft?
Wichtig – sonst geht nichts weiter… aber wir müssen auch daran denken, dass wir uns generell in Netzwerken bewegen müssen. Es gibt sie, die sogenannten Male Allys. Und nur, wenn wir uns gegenseitig unterstützen, weiterempfehlen und Bühnen einnehmen, werden wir auch gesehen, gehört und mitgedacht.
Last but not least – ein Wort zum Thema Frauenquote?
Notwendig. Meine Empfehlung: Die Kampagne „Ich bin eine Quotenfrau“.