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Netzwerk der Woche: Muslim Women Network Austria

Das Muslim Women Network Austria hat es sich zum Ziel gesetzt, muslimische Frauen sichtbar zu machen und ihre Karrierewege zu fördern. Es stärkt Mädchen und Frauen durch Empowerment, Bildung und Role Models. Zugleich engagiert sich das Netzwerk aktiv gegen antimuslimischen Rassismus.

Sheconomy versteht sich als zentrale Plattform für Frauennetzwerke in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Jede Woche stellen wir eines der zahlreichen Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaftspolitik und Kultur im Detail vor.

Das Muslim Women Network Austria hat es sich zum Ziel gemacht, die Sichtbarkeit muslimischer Frauen zu stärken, ihre Karrierewege aktiv zu fördern und Mädchen zu empowern. Darüber hinaus setzt sich das Netzwerk dafür ein, systematischem antimuslimischem Rassismus entgegenzutreten und die gesellschaftliche Teilhabe von Frauen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen.

Wir haben mit den Gründerinnen Malika Mataeva und Esma Atak darüber gesprochen, wie sie das Netzwerk aufgebaut haben, was sie antreibt und welche Bedeutung Muslim Women Network Austria für Frauen hat.

Wie lautet der Name Ihres Netzwerks?

Muslim Women Network Austria

Wann wurde Ihr Netzwerk ins Leben gerufen?

Juni 2025

Wie viele Mitstreiter*innen zählt Ihr Netzwerk aktuell?

Wir haben derzeit noch kein Registrierungssystem für Mitglieder – ob es eines geben wird, überlegen wir uns noch. Was wir aber gerade entwickeln, ist ein Prozess für aktive Mitglieder sowie Role Models, die uns bei unserer Tätigkeit konkret unterstützen wollen.

Schon jetzt haben sich rund 15 Personen gemeldet, die ehrenamtlich mitmachen möchten. Bis dahin zählen wir die Netzwerkmitglieder anhand unserer Social-Media-Follower: aktuell 130 auf LinkedIn und 140 auf Instagram – und das ganz ohne offiziellen Start.

Man kann uns also auf den sozialen Netzwerken folgen, unsere Events besuchen und sich auch ehrenamtlich bei uns engagieren.

Was sind die Kernthemen und Schwerpunkte Ihres Netzwerks?

Die Kernthemen und Schwerpunkte unseres Netzwerks sind die Sichtbarkeit muslimischer Role Models zu erhöhen, Mädchen und Frauen zu empowern sowie Bildung und Wissensaustausch zu fördern und dem systematischen antimuslimischen Rassismus (speziell gegen Frauen) entgegenzuwirken.

Wir organisieren regelmäßige Events, vernetzen die Community und ermöglichen gegenseitiges Lernen. Außerdem machen wir die Bedürfnisse und Herausforderungen muslimischer Frauen sichtbar und setzen uns aktiv gegen Diskriminierung und Rassismus ein.

Was ist der gemeinsame Nenner aller Mitglieder, die sich in Ihrem Netzwerk zusammengefunden haben?

Es sind muslimische Mädchen und Frauen, die einen sicheren Raum für Austausch, Networking und Vorträge suchen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Sie wollen sich engagieren, Veränderungen bewirken und dafür sorgen, dass endlich mit ihnen und nicht über sie in der Gesellschaft gesprochen wird.

Wie läuft der Austausch innerhalb der Community ab und über welche Kanäle?

Der wichtigste Teil des Austauschs innerhalb der Community findet vor Ort statt: Nach jedem Vortrag im Rahmen eines Events gibt es bei Essen und Kaffee die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu vernetzen. Wir planen auch Vorträge mit Role Models, bei denen Frauen aus verschiedenen Berufsfeldern ihre Geschichten teilen und Einblicke in Ausbildung und Arbeit geben – im Anschluss besteht die Möglichkeit, direkt mit den Role Models in Kontakt zu treten und Fragen zu stellen. Außerdem ist ein Mentoring-Programm in Planung.

Wie oft treffen Sie sich?

Wir planen, alle zwei Monate ein Event zu organisieren. Das Kernteam ist laufend im Austausch.

Wie informieren Sie sich gegenseitig über Neuigkeiten, aktuelle Kampagnen etc.?

Um Neuigkeiten über unsere Aktivitäten und Events zu erhalten, kann man uns auf LinkedIn und Instagram folgen. Die Website ist momentan noch in Arbeit.

Werben Sie gezielt neue Mitglieder für Ihr Netzwerk an, und wenn ja, wie?

Wir werben nicht gezielt, weil das Interesse am Netzwerk ohnehin groß ist. Wichtig ist vor Allem, die Zielgruppe über unsere Social-Media-Kanäle gut zu informieren, damit bestehende Mitglieder die Informationen weitergeben und weitere interessierte Mädchen und Frauen erreichen können.

Wie organisieren Sie die Arbeit im Netzwerk?

Wir besprechen die Ziele und To-Dos in unserem Core-Team und verteilen die Aufgaben entsprechend den Interessen und Möglichkeiten beziehungsweise Ressourcen der jeweiligen Person.

Da sich immer mehr Mitgliederinnen melden, die sich engagieren möchten, werden wir Aufgaben nach demselben Prinzip auch auf sie delegieren.

Netzwerk oder auch Interessenvertretung – wie tritt Ihr Netzwerk nach außen auf?

Unser Netzwerk versteht sich sowohl als Community als auch als Interessenvertretung. Wir arbeiten in beide Richtungen: Einerseits schaffen wir einen Raum für Austausch, Vernetzung und Empowerment unserer Mitglieder, andererseits machen wir die Bedürfnisse und Anliegen muslimischer Frauen sichtbar und treten aktiv dafür ein. Die beiden Rollen schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig.

Wie steht es um den „Nachwuchs“ – ist es schwer, ihn zu motivieren, oder ist er begeistert, Teil des Netzwerks zu werden?

Unser erstes Event hat gezeigt, dass auch ganz junge Mädchen sehr begeistert sind, Teil des Netzwerks zu werden. Sie freuen sich über die Möglichkeit, zu lernen, sich zu vernetzen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Das Interesse am Netzwerk ist groß und wir sehen viel Potenzial, den Nachwuchs langfristig zu motivieren und zu fördern.

Gemeinsam sind wir stark – was treibt Sie und Ihre Netzwerk-Mitstreiter*innen an?

Die Frage beantwortet die Frage teilweise. Uns treibt die Überzeugung an, dass jede muslimische Frau ein Vorbild sein kann, trotz der derzeitigen falschen medialen Repräsentation. Wir wollen ein starkes Netzwerk schaffen, das Frauen ermutigt, ihre Träume zu verfolgen, Wissen zu teilen und sichtbar zu werden. Zusammen können wir Hürden überwinden, die jede Einzelne vielleicht nicht alleine schaffen würde.

Auf den Punkt gebracht – welche drei Eigenschaften zeichnen Ihr Netzwerk aus?

Sichtbarkeit, Wachstum, Zusammenhalt

Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Netzwerk? Wo sehen Sie das Netzwerk in fünf Jahren?

In fünf Jahren wollen wir ein etabliertes DACH-Netzwerk sein, das muslimische Frauen nicht nur verbindet, sondern ihnen auch ganz konkrete Chancen eröffnet – etwa durch Mentoring-Programme, Kooperationen mit Unternehmen und Bildungsinitiativen. Wir möchten eine Plattform sein, die nicht nur inspiriert, sondern auch Türen öffnet und Brücken baut.

Gibt es eine Erfolgsgeschichte eines Mitglieds, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Wie hat Ihre Community dazu beigetragen?

Da wir erst vor kurzer Zeit als Verein gestartet sind, haben wir noch keine offiziellen Erfolgsgeschichten aus dem Netzwerk. Aber als Privatpersonen haben Esma und ich bereits einige Geschichten erlebt, in denen wir Mädchen und Frauen durch unsere Vorbildfunktion, Informationen und unser Netzwerk ermutigen und helfen konnten. Gerade wenn sie im Bildungsbereich oder auf dem Arbeitsmarkt Diskriminierung erfahren haben, konnten wir sie dabei unterstützen, trotzdem ihren gewünschten Weg einzuschlagen.

Wir merken auch, dass das falsche, negative Bild über muslimische Frauen, das viele Medien seit langer Zeit zeigen, sehr demotivierend auf die Mädchen wirkt: Manche sind überzeugt davon, dass sie ihre gewünschten Berufe nicht erreichen können. Teilweise, weil ihnen dieses Narrativ – dass muslimische Frauen unterdrückt, ungebildet seien und nichts erreichen können – so stark eingeprägt wird.

Andererseits, weil sie glauben, dass sie wegen Rassismus und Diskriminierung keine Chance haben, erfolgreich zu werden. Wenn wir an Schulen sprechen, bekommen wir immer wieder von muslimischen Schülerinnen die Frage, wie wir unseren Weg trotz Kopftuch/Migrationshintergrund geschafft haben. Viele denken, es wäre unmöglich, in Österreich erfolgreich zu sein, ohne die eigene Identität aufzugeben. Deswegen versuchen manche gar nicht erst, ihren gewünschten Weg einzuschlagen, was wir sehr traurig finden.

Potenziale bleiben ungenutzt, obwohl wir als Gesellschaft an die Potenziale der Frauen auch angewiesen sind. Genau aus diesen Gründen haben wir uns entschieden, das Muslim Women Network zu gründen – um mehr muslimischen Role Models eine Bühne sowie Sichtbarkeit zu geben und dadurch die junge Generation zu motivieren, zu inspirieren und mit unseren Privilegien zu unterstützen.

Welches Klischee rund um Frauen im Wirtschaftsleben können Sie nicht mehr hören?

Das Klischee, das wir nicht mehr hören können, ist die Annahme, dass Frauen – und besonders muslimische Frauen – zurückhaltend, weniger fähig oder nicht ehrgeizig genug seien. Unsere Erfahrung zeigt täglich das Gegenteil: Frauen mit Energie, Vision und großem Durchhaltevermögen. Das falsche Narrativ, muslimische Frauen seien durch ihre Religion eingeschränkt, führt jedoch oft dazu, dass ihnen weniger zugetraut und dadurch weniger Chancen gegeben werden. Genau diese Vorurteile sind es, die sie tatsächlich einschränken.

Was wären Ihrer Meinung nach die nächsten wichtigen Schritte Richtung Gender Equality?

Neben politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen braucht es auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Frauen in Österreich sind heute gut ausgebildet, verdienen aber im Schnitt noch immer weniger als Männer. Besonders muslimische Frauen stoßen am Arbeitsmarkt oft auf zusätzliche Hürden und haben nicht die gleichen Chancen wie Männer oder sogar wie nicht-muslimische Frauen. Das zeigt, dass Bildung allein nicht ausreicht. Um echte Gleichstellung zu erreichen, brauchen wir faire Bezahlung, transparente Karrieremöglichkeiten und eine konsequente Förderung von Diversität – damit alle Frauen ihre Potenziale entfalten können.

Haben Sie das Gefühl, dass sich Frauen oft doppelt oder dreifach anstrengen müssen, um gleiche Positionen wie Männer zu bekommen?

Ja, leider erleben viele Frauen genau das. Gerade muslimische Frauen sind oft mit mehrfachen Hürden konfrontiert: Geschlecht, Religion und kulturelle Vorurteile. Umso wichtiger ist es, Netzwerke und Plattformen zu schaffen, die diesen Frauen Rückenwind geben.

Wie bewerten Sie die Rolle von (Frauen-) Netzwerken in unserer heutigen Gesellschaft und in der Zukunft?

Frauen-Netzwerke sind essenziell. Sie geben Unterstützung, Inspiration und Sichtbarkeit. In der Zukunft werden sie noch wichtiger, weil sie Brücken bauen: zwischen Generationen, Kulturen und Branchen.

Last but not least – ein Wort zum Thema Frauenquote?

Die Frauenquote ist kein Allheilmittel, aber sie ist ein notwendiger Schritt. Sie öffnet Türen, die sonst oft verschlossen bleiben. Langfristig sollten wir eine Gesellschaft schaffen, in der Quoten überflüssig werden – aber bis dahin brauchen wir sie.

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