Woher haben Sie den Mut genommen, sich in die Selbstständigkeit „zu stürzen“?
Jessica Gutzmann: Mein Mut kam vor allem aus einer positiven Grundhaltung: Ich habe mir immer gesagt, dass wir oft das bereuen, was wir nicht gewagt haben. Hinzu kam meine langjährige Berufserfahrung von 2011 bis 2024, die mir ein solides Fundament gab. Besonders wertvoll waren die Menschen um mich herum – Freunde, Familie und sogar mein ehemaliger Arbeitgeber haben mich darin bestärkt, diesen Schritt zu gehen. Außerdem habe ich mich mit anderen Akustikern ausgetauscht, die bereits den Weg in die Selbstständigkeit gewagt haben. Und nicht zuletzt habe ich mir immer wieder die Frage gestellt: „Was will ich wirklich, und wie kann ich das erreichen?“ Dieser Blick auf die eigenen Ziele hat mir die nötige Klarheit und Zuversicht gegeben. Es macht einfach Freude, flexibel zu sein, Entscheidungen selbst treffen zu können und das eigene „Baby“ – mein Geschäft – von Grund auf zu gestalten und wachsen zu sehen.
Welche Marktanalysen waren Grundlage für Ihre Entscheidung?
Bei meiner Entscheidung spielte vor allem die Standortwahl eine große Rolle – ich habe mich für ein Ärztehaus entschieden, um eine gute Erreichbarkeit und Synergien mit anderen Gesundheitsdienstleistern zu nutzen. Daneben habe ich die Mitbewerberstruktur, das durchschnittliche Alter der potenziellen Kunden und die Kaufkraft in der Region analysiert, um den Bedarf und die Chancen für mein Fachgeschäft realistisch einschätzen zu können.
Wie haben Sie Ihre notwendigen Investitionen finanziert?
Die Finanzierung erfolgte über eine Kombination aus einem Hörgerätehersteller, der mir eine Art Kredit ermöglichte und Eigenkapital, das etwa 20 Prozent der Investitionssumme ausmachte. Auf diese Weise konnte ich die Gründung solide absichern und gleichzeitig flexibel bleiben.
Lassen Sie sich von der aktuellen Berichterstattung zur wirtschaftlichen Entwicklung in irgendeiner Weise beeinflussen?
Nein. Ich bin überzeugt, dass es immer Menschen geben wird, die auf Hörsysteme angewiesen sind, unabhängig davon, wie sich die Wirtschaft entwickelt. Solange wir unseren Beruf mit Leidenschaft ausüben, werden wir auch Menschen anziehen, die unsere Arbeit zu schätzen wissen. Sollte sich einmal etwas gravierend verändern, gibt es immer neue Wege und Möglichkeiten, sich anzupassen.
Ihre Pläne für die Zukunft. Wo sehen Sie sich und Ihr Fachgeschäft in fünf Jahren?
In fünf Jahren möchte ich das Geschäft gemeinsam mit Kollegen führen, weiterhin ausbilden und den Berufszweig aktiv weiterentwickeln. Ein wichtiger Fokus wird auf Kinderakustik und Cochleaimplantaten liegen. Außerdem plane ich, mich in etwa vier bis fünf Jahren ein Stück weit aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen, um Hilfsprojekte im Ausland zu unterstützen – in vielen Ländern der Welt gibt es kaum Akustiker.
Weitere Artikel zum Thema Selbständigkeit:
Florentina Zach: „Ich habe gelernt, dass Zeit der entscheidendste Faktor ist“