Martha Schultz ist Vieles, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich, Vorsitzende des European Women Network, Unternehmerin und Mutter. Als Bundesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft baut sie zudem, ein starkes Netzwerk für selbstständige Frauen auf. Nicht zuletzt, deswegen wurde sie von uns für den Minerva Award nominiert. Im Interview spricht sie über ihre Ziele in Sachen Female Empowerment und die Herausforderungen als Unternehmerin.
Sie haben sich in ihrer Karriere als Unternehmerin mit hohem Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen erwiesen und führen seit 2004 gemeinsam mit ihrem Bruder die Geschäfte der Schultz-Unternehmensgruppe, eines der erfolgreichsten Unternehmen im Alpenland mit Ski-Resorts, Hotels und Gastronomie. Nun hat die Pandemie im Jahr 2020 den Tourismus besonders hart getroffen. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen mit dieser Herausforderung um?
Mein Bruder und ich sind ein eingespieltes Team im Unternehmen, und wir treffen die Entscheidungen als Familienunternehmen gemeinsam. Die wohl größte Herausforderung im Zuge dieser Pandemie war für uns, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine klare Perspektive geben konnten. Es gibt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schon in zweiter und dritter Generation bei uns arbeiten. Da kennen wir auch die persönlichen Geschichten hinter den Menschen und die Herausforderungen, mit denen sie kämpfen.
Das Jahr 2020 war zweifelsohne ein sehr herausforderndes Jahr für alle, auch das Jahr 2021 lief schwierig an. Jetzt sind wir der Normalität jedoch erfreulicher Weise einen großen Schritt näher! Die Öffnungsschritte sind dank des Impffortschritts, der umfassenden Testungen und des verantwortungsvollen Umgangs der heimischen Betriebe sowie der österreichischen Bevölkerung möglich. Der Sommer ist damit wie erhofft gerettet.
Als Leaderin gehen Sie nicht nur in ihrem eigenen Unternehmen voran, sondern setzen sich auch als Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich und Bundesvorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“ für Unternehmerinnen ein. Wie hat sich seit Ihren Anfängen in diesen Positionen das Bild der Frau als Unternehmerin gewandelt?
Ich bin mit Herz und Seele Unternehmerin und genauso gerne Interessenvertreterin. Es ist wichtig, sich für die Anliegen von Unternehmerinnen und Frauen einzusetzen. Mehr als 130.000 Unternehmerinnen sind eine treibende Kraft in Österreich, da können wir viel Stärke und Power aufbauen.
Ich habe als Bezirksvorsitzende von Frau in der Wirtschaft in Schwaz in Tirol begonnen, und schon damals war das Thema Kinderbetreuung ein zentrales. Auch wenn wir schon Schritte in die richtige Richtung gemacht haben, sind es leider immer noch überwiegend Frauen, die den schwierigen Spagat zwischen Kind und Karriere zu meistern haben. Und da heißt es mit Nachdruck zu fordern und umzusetzen: Wir fordern einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung – denn nur, wenn sich jede Mutter und jeder Vater darauf verlassen kann, dass die Kinderbetreuung reibungslos funktioniert, können sie sich voll und ganz auf ihre Berufstätigkeit konzentrieren.
Seit 2017 sind Sie auch Vorsitzende des European Women Network von EUROCHAMBRES. Ein Netzwerk zur Unterstützung von Unternehmertum europäischer Frauen. Wo reiht sich die Entwicklung weiblichen Unternehmertums in Österreich im europäischen Vergleich ein?
Eine der Hauptstoßrichtungen des Netzwerks besteht darin, gemeinsam in Europa Best Practices zu sammeln und auszutauschen. Insbesondere Frauen brauchen eine stärkere Stimme in Europa, und die EU muss einfach weiblicher werden. Deshalb ist es wichtig, den Stellenwert der Unternehmerinnen in der Öffentlichkeit zu erhöhen, sie müssen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene die bestmögliche Unterstützung erhalten. Ich möchte den Spirit von Frau in der Wirtschaft auch auf die europäische Ebene heben, denn wir sind da in Österreich schon sehr gut aufgestellt.
Dass es wichtig ist, auch in Brüssel stark präsent zu sein, liegt auf der Hand: immerhin beruhen bereits die Hälfte aller Gesetze auf EU-Richtlinien, und rund 80 % der für Österreich oder auch Deutschland wirtschaftspolitisch relevanten Entscheidungen fallen auf EU-Ebene.
Laut Boston Consulting Group Analysen schneiden von Frauen gegründete und mitgegründete Startups im Laufe der Zeit besser ab und erwirtschaften über einen Zeitraum von fünf Jahren einen um 10 Prozent höheren kumulativen Umsatz, als von Männern gegründete Startups. Dennoch erhielten Unternehmen die von Frauen gegründet oder mitgegründet wurden, durchschnittlich weniger als die Hälfte der Investitionen ihrer männlichen Pendants. Was muss geschehen damit Frauen im gleichen Maße gefördert werden?
Frauen müssen mutiger und selbstbewusster werden, sich mehr zutrauen und nachdrücklich verhandeln und einfordern. Genau mit solchen Argumenten – dass weibliche Start-ups einen höheren Umsatz erwirtschaften – müssen Frauen in die Verhandlung gehen. Am Ende des Tages muss immer das beste Konzept die Investition bekommen.
Wie soll die österreichische Unternehmenslandschaft in 5 bis 10 Jahren aussehen und welchen Beitrag wird „Frau in der Wirtschaft“ zur Erreichung dieses Zieles geleistet haben?
Die österreichische Unternehmenslandschaft ist schon jetzt sehr bunt. Wir haben tolle Unternehmerinnen und Unternehmer quer durch alle Branchen in ganz Österreich. Das soll auch so bleiben und soll so weiterwachsen. Ich setze mich konsequent dafür ein, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in 10 Jahren kein Thema mehr ist, das automatisch den Frauen „zugeschoben“ wird, denn es handelt sich um ein Familienthema. Und was ich mir auch wünsche ist, dass der Anteil an Mädchen und Frauen in technischen Beruf steigt. Weil – und das ist mir ganz wichtig zu betonen – Frauen können Technik mindestens so gut wie Männer!
Welche Bedeutung hat eine Veranstaltung wie der Minerva Award für Sie und wie stehen Sie zu Ihrer Nominierung?
Der Minerva Award ist eine besondere Auszeichnung für Frauen, und es ist wichtig, weibliche Leistungen vor den Vorhang zu holen! Ich freue mich über meine Nominierung und würde den Award stellvertretend für alle 130.000 Unternehmerinnen entgegennehmen und für uns alle hochhalten.
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