Der von Marlene Engelhorn gegründete Bürger*innenrat „Guter Rat für Rückverteilung“ hat heute in einer Abschluss-Pressekonferenz die Ergebnisse seiner intensiven Arbeit präsentiert. 50 Menschen, deren Zusammensetzung die österreichische Gesellschaft abbildet, haben in sechs Wochen entschieden, welche Projekte mit 25 Millionen Euro aus Engelhorns Erbe unterstützt werden.
Auswahl der Organisationen
Vier Ratsmitglieder – Elisabeth Klein, Angelika Taferner, Dietmar Feurstein und Kyrillos Gadalla – erklärten gemeinsam mit Projektleiterin Alexandra Wang, wie die Entscheidung getroffen wurde. Die Ratsmitglieder teilten sich in sechs Arbeitsgruppen auf, um nach geeigneten Organisationen zu recherchieren. Begleitet wurden sie bei diesem Prozess von Moderator*innen und Expert*innen. Nach intensiven Diskussionen und Abwägungen wurden die finalen Entscheidungen im Konsent getroffen.
Das Ergebnis dieser Arbeit ist eine Liste von 77 Organisationen, die über mehrere Jahre hinweg finanzielle Unterstützung erhalten werden. Die höchste Summer geht mit 1,63 Millionen Euro an den Naturschutzbund Österreich, gefolgt von der Obdachlosenhilfe Neunerhaus mit 1,59 Millionen Euro. Weiters gehören mit 1,07 Millionen Euro Attac Österreich und mit 1,22 Millionen Euro das Momentum Institut zu den größten Profiteuren. Die unterschiedlichen Summen wurden auf Basis der Größe und Jahresumsätze der Organisationen errechnet.
Fokus auf soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung
Die Ratsmitglieder betonten, dass die ungleiche Vermögensverteilung in der Gesellschaft verringert werden muss. „Unser Schwerpunkt liegt auf Organisationen, die dafür kämpfen oder dazu forschen, dass Vermögen weniger ungleich verteilt wird“, erklärte Elisabeth Klein. Dietmar Feurstein hob hervor, dass der Fokus auch auf Gesundheit und Soziales für benachteiligte Gruppen liege. „Armut und Krankheit bedingen einander. Unsere Unterstützung zielt darauf ab, diesen Teufelskreis zu durchbrechen“, sagte er.
Kyrillos Gadalla, mit 17 Jahren das jüngste Ratsmitglied, betonte die Bedeutung von Wohnraum, Migration und Bildung. Er erläuterte, dass es in Österreich zu wenig leistbaren Wohnraum gebe und Bildung zu stark vererbt werde. Daher wurden Organisationen unterstützt, die sich für faire Bildungschancen und leistbaren Wohnraum einsetzen. Angelika Taferner ergänzte, dass Demokratie und Umwelt ebenfalls zentrale Themen waren. Sie sprach sich für mehr direkte Demokratie und den Schutz von Naturräumen sowie wirksame Klimamaßnahmen aus.
Ein starkes Zeichen für kollektives Handeln
Ein wesentliches Merkmal des Bürger*innenrats war die Diversität seiner Mitglieder und ihrer Perspektiven. „Unsere Entscheidungen spiegeln die Vielfalt des Rates wider und sind Ausdruck unseres gemeinsamen Ziels, eine gerechtere Gesellschaft zu unterstützen“, betonte Alexandra Wang. Die Ratsmitglieder zeigten sich einig darin, dass ihre Arbeit ein starkes Zeichen setze: Wenn es um die Sache geht und nicht um politische Befindlichkeiten, können konstruktive und wegweisende Entscheidungen getroffen werden.
Politik in der Pflicht
Marlene Engelhorn selbst war bei der Pressekonferenz nicht anwesend. Der Bürger*innenrat habe ihr Vertrauen von Anfang an gehabt, und sie habe sich bewusst herausgehalten, um den Entscheidungsprozess nicht zu beeinflussen. In einem schriftlichen Statement äußerte sie sich dankbar für die Arbeit des Rats und betonte, dass das rückverteilte Vermögen im Einklang mit demokratischen Werten eingesetzt wurde. Sie rief die politischen Entscheidungsträger dazu auf, den Beispielen zu folgen und die gesellschaftliche Debatte über Steuergerechtigkeit und soziale Ungleichheit fortzuführen.
Ein Modell für zukünftige Bürgerräte?
Die Beteiligten zeigten sich überzeugt, dass das Modell des Bürger*innenrats Schule machen könnte. „Demokratie in ihrer besten Form bedeutet fundierte Informationen von Experten, Zeit und Raum für Austausch sowie respektvollen Umgang“, sagte Dietmar Feurstein. Elisabeth Klein fügte hinzu, dass Einblicke in andere Lebenserfahrungen das Verständnis und den Zusammenhalt fördern. Abschließend betonte Kyrillos Gadalla, wie bereichernd die Teilnahme für ihn persönlich war. „Jeder hat jedem zugehört und wir haben gemeinsam viel gelernt“, sagte er.
Die Verteilung von 25 Millionen Euro auf 77 Organisationen ist ein Schritt in Richtung einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft. „Mit 25 Millionen Euro kann man Armut nicht verringern, aber es geht darum, exemplarische Beispiele zu unterstützen und zu zeigen, wo man am meisten bewirkt“, resümiert Dietmar Feurstein. Die abschließende Veröffentlichung des Berichts im Herbst wird weitere Einblicke in diesen vorbildlichen Prozess bieten.