StartRolemodelsFleischlos erfolgreich

Fleischlos erfolgreich

Junge Frauen essen aus Klimaschutzgründen immer weniger Fleisch. Gleichzeit wächst das Interesse an In-Vitro-Fleisch und Start-Ups schießen auf der ganzen Welt aus dem Boden. In Deutschland will Laura Gertenbach mit Innocent Meat die Fleischszene verändern.

Ohne Spanischkenntnisse zog die Deutsche Laura Gertenbach gleich nach ihrem Abitur nach Barcelona und begann dort BWL zu studieren. Nach sechs Jahren und zurück in Deutschland studierte sie Informatik und gründete 2013 ihr erstes Unternehmen. Einen Weihnachtsbaumhandel mit Online-Vertrieb. „Wer kauft denn schon online?“ wurde sie damals häufig gefragt. Spätestens seit der Corona-Krise wundert das jedoch wirklich niemanden mehr. Bis heute ist Gertenbachs erste Gründung in Betrieb, die letzte war es jedoch nicht. Die 36-jährige Laura Gertenbach ist Seriengründerin. Mit Oberlecker gründete sie eine Fleischmanufaktur, die das Bio-Fleisch von lokalen Landwirten vermarktet. Als Tochter zweier Landwirte kam Laura Gertenbach früh mit Essen und Fleisch in Berührung. Mit ihrem neusten Start-Up Innocent Meat („Unschuldiges Fleisch“) will sie nichts Geringeres als die Fleischindustrie revolutionieren.

Zunehmender Fleischverzicht in der Bevölkerung

Junge Menschen und insbesondere junge Frauen essen immer weniger Fleisch, das zeigt eine Studie der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung. Rund 9 Prozent der 15- bis 29-Jährigen in Österreich ernähren sich vegetarisch oder vegan. In Deutschland sind es sogar knapp 13 Prozent und damit mehr als doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung. Doch auch hier ist die Zahl von 4,3 Prozent innerhalb von zehn Jahren auf rund 6 Prozent angestiegen. Hauptgrund für den Fleischverzicht der jungen Generation ist der Schutz der Umwelt und des Klimas. Im Zuge der Fleischproduktion entstehen besonders viele Treibhausgase und so entscheiden sich viele individuell weniger Fleisch zu konsumieren. Ersatzprodukte aus Soja und Seitan sind längst im Kommerz angekommen und international läuft der Wettbewerb rund um Technologien für künstlich erzeugte Fleischprodukte aus dem Labor.

Erstes deutsches „Clean Meat“ Start-Up

Laura Gertenbach hörte 2016 das erste Mal vom sogenannten Clean Meat und war sich sofort der Zukunftschancen bewusst. „Es war komplett logisch für mich. Landwirte können nicht die ganze Welt ernähren, wir haben einfach nicht genug Fläche,“ so Gertenbach. Die neuartige Fleischproduktion aus tierischen Stammzellen hat den Vorteil, dass 99 Prozent weniger Land benötigt wird. Außerdem werden auf diesem Weg 80 Prozent weniger Treibhausgasemissionen ausgestoßen und 95 Prozent weniger Wasser verbraucht. So entschied sich Gertenbach das Start-Up Innocent Meat („Unschuldiges Fleisch“) zu gründen, gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Philipp Wolters. Innocent Meat ist das erste deutsche Start-Up, das sich mit der Erzeugung von Fleischprodukten aus tierischen Stammzellen beschäftigt. Vier Jahre nach der Gründung und jahrelanger Forschung hat sich die Strategie von Innocent Meat verfestigt. „Wir wollen kein Consumerproduct herstellen. Wir denken, Clean Meat kommt schneller in die Supermärkte, wenn wir die Technologie den Lebensmittelherstellern zur Verfügung stellen,“ erklärt Gertenbach. Seit ein paar Monaten wird Innocent Meat von dem internationalen Wagniskapital-Fonds Big Idea Ventures mit Sitz in New York gefördert. „In den USA gibt es in Richtung Finanzierung deutlich mehr Möglichkeiten als in Europa,“ so Gertenbach.

Durchhaltevermögen als Erfolgsrezept

Die USA sind kein völlig unbekanntes Pflaster für Laura Gertenbach. Als Jugendliche zog sie zu einer Gastfamilie nach Amerika und machte dort ihren High-School-Abschluss. „Ich habe früh gelernt auf mich alleine gestellt zu sein,“ erinnert sich Gertenbach. Ob dies in Retrospektive der Grundstein für ihr Unternehmertum war? Vielleicht. „Ich denke Durchhaltevermögen ist sehr wichtig, gerade wenn es schwer ist,“ so die Seriengründerin.

 

FotomaterialLaura Gertenbach

STAY CONNECTED