„Ok, Boomer …!“ Wer diese Worte – häufig durch genervten Unterton und Augenrollen begleitet – von deutlich jüngeren Kolleginnen und Kollegen schon das eine oder andere Mal gehört hat, ist im kommunikativen Generationen-Gap gelandet. Will heißen: Jüngere verstehen Ältere nicht, können sich nur schwer oder gar nicht in ihr Denken und Handeln hineinversetzen. Und umgekehrt.
Bei altergemischten Teams in Unternehmen kann das zur echten Challenge werden. Denn dieser Gap zeigt in Gesprächen, bei Anrufen und E-Mails deutlich, dass junge Leute der GenZ und Babyboomer (also Menschen, die in etwa zwischen 1956 bis 1964 geboren sind) oft völlig verschieden ticken. „Kommunikation kann trotzdem gelingen, wenn man Vorurteile beiseitelässt. Die sind sowieso meistens grundlegend falsch“, sagt Susanne Vietz. Sie ist mit 23 Jahren Führungskraft bei Siemens in Salzburg geworden, heute ist sie Anfang 30, als Generationenübersetzerin und Coach selbstständig, vermittelt zwischen GenZ, Boomern, Millennials und allen anderen.
Zugegeben, die Positionen verschiedener Altersgruppen sind oft recht konträr. Da treffen überbordende Arbeitsmoral und Überstunden-Liebe auf Work-Life-Balance und selbstbewusste Gehaltsforderungen. Ein Schlüssel zu gegenseitigem Verständnis ist für Susanne Vietz offene Kommunikation. Dabei geht es ihr nicht um Jugendworte wie „Bro“, „Digga“ oder „cringe“, sondern um Werte und Verständnis für das Gegenüber und sich selbst.
Mit ihr haben wir über gängige Glaubenssätze und Vorurteile der Generationen gesprochen und darüber, warum Schubladendenken weg muss. Denn: „Diversity kann etwas Geniales sein. Babyboomern kurz vor der Rente geht es nicht mehr um Karriere, sie lassen auch andere glänzen. Millennials treiben Projekte an, schwimmen gern mal gegen den Strom. Für die GenZ steht das Wir im Vordergrund. Das ist doch ideal für Soziales und Team building“, findet die Expertin.
Früher war alles besser!
Diesen Spruch hat schon der griechische Philosoph Sokrates so (oder so ähnlich, jedenfalls augenrollend) ausgestoßen. Der beschwerte sich nämlich schon vier Jahrhunderte vor Christi Geburt über die schlechten Manieren der Jungen und ihre Ablehnung von Autoritäten. Susanne Vietz rät, die Sichtweise zu ändern: „Wenn ältere Menschen heute klagen, dass früher alles besser war, dann ist das in ihrer Lebensrealität tatsächlich so – allein mit Blick auf Preisentwicklung und Wirtschaft. Doch für Frauen war ,früher‘ mitnichten ,alles‘ besser. Arbeits zeiten, Mutterschutz, Karenz? Diese Standards hat sich die Gesellschaft hart erkämpft!“
Alles zu seiner Zeit…
„Nichts da, die Jungen warten nicht“, sagt Susanne Vietz und weist darauf hin, dass Geduld nicht das große Talent der GenZ ist. „Warten mussten sie auch nie lernen.“ Dabei sei Tempo keine Generationen-, sondern eine Zeitgeist-Frage. Der Alltag werde eben ständig schneller. Rasanz ist also der Normalzustand für junge Menschen, nicht zuletzt wegen der Digitalisierung. Heute wird nicht mehr auf die Zeitung gewartet, wenn auf der Welt etwas passiert. News kommen per Pushnachricht aufs Display. „Bitte nicht vergessen: Am Arbeitsplatz ist nicht nur das Tempo gestiegen, sondern auch der Workload. Was heute an einem Tag umgesetzt wird, wäre vor einigen Jahren noch unmöglich gewesen“, so die Expertin.
Bescheidenheit ist eine Zier!
Junge Leute sind heute viel selbstbewusster. Das kann im Büro irritieren. Babyboomer sind nach dem Motto „Jetzt reden die Erwachsenen“ erzogen worden, doch da hat sich mittlerweile viel verändert. Sehr viel. Die Generationenübersetzerin ruft in Erinnerung: „Eltern haben Kinder immer stärker mit einbezogen, sie nach ihrer Meinung gefragt und aus ihnen verhandlungsorientierte Menschen gemacht.“ Geschichtliche Milestones werden oft durch „Junge, Freche“ angestoßen. Gesellschaftliche Umbrüche gab es unter der jungen Kaiserin Maria Theresia ebenso wie unter den Hippies. Sie wussten nicht um die Konsequenzen ihrer Meinungsäußerung. „Maulkörbe und Filter waren kein Thema. Was für ein Glück!“, sagt Susanne Vietz.
Fähnchen im Wind…
Junge sind so sprunghaft? Ja, teilweise. Für Susanne Vietz lässt sich das entwicklungspsychologisch erklären. „Teenager und junge Erwachsene sind in einer Phase, in der sie sich ausprobieren, ihre Identität suchen, Stärken ausloten. Auch die Angst, etwas zu verpassen, spielt mit.“ Unternehmen merken, dass die GenZ schnell wieder kündigt, wenn Buzz words wie Work-Life-Balance oder Nachhaltigkeit nur Werbe-Gags bei Jobinseraten sind und diese Werte nicht gelebt werden. Doch wenn Worte und Taten zusammenpassen, liefern auch die Jungen Loyalität ab. Immerhin: Sie suchen im Kern Sicherheit am Arbeitsplatz, wie Studien zeigen.
Wir kommen nicht mehr mit?!
Die Positionen der verschiedenen Altersgruppen sind oft gegensätzlich. Susanne Vietz: „Die GenZ zum Beispiel will mehr Flexibilität, Homeoffice, Viertagewoche und dazu gute Bezahlung. Das wird von vielen scharf kritisiert, die nicht dieser Generation angehören, sondern schon älter sind.“ Doch grundsätzlich streben auch Ältere nach einer Balance
zwischen Arbeit und Privatleben, wie Umfragen und Studien vielfach zeigen. Susanne Vietzrät, den Spieß einmal umzudrehen: „Fragt nicht mich, was junge Menschen wollen – geht hin und fragt sie selbst!“ Immerhin drehe sich gute Kommunikation auch im Arbeitsumfeld um Oenheit und Selbstreflektion.“