Sie sind Gründerin gleich zweier Labels: Amsel und Studio Frankenberg. Wie würden Sie den roten Faden in Ihrer Arbeit beschreiben?
Alexandra von Frankenberg: Amsel habe ich 2012 eher zufällig gestartet. Angefangen hat alles mit meiner Abschlussarbeit, die inspiriert war von Stoffen. Daraus ist dann das erste Dirndl entstanden, das ich selbst zur Wiesn getragen habe, und so bin ich da hineingerutscht. Bei Studio Frankenberg geht es um Set- und Interior-Design. Auf den ersten Blick haben die beiden Labels nichts miteinander zu tun. Aber was sie verbindet, ist Qualität. Wir machen bei Amsel nicht viele Experimente, sondern legen den Fokus auf sehr fundierte Arbeit. Und im Design gilt für mich genauso: weniger ist mehr – aber immer hochwertig.
Ihre Karriere begann in der Mode und führte über Lehre, Bühnen- und Kostümdesign hin zur Gründung. War Unternehmertum für Sie immer ein Ziel?
Es war die Konsequenz daraus, dass ich gemerkt habe, dass ich keine gute Angestellte bin. In einem meiner ersten Jobs hatte ich eine Vorgesetzte, die mir wenig Raum ließ, mich zu entwickeln. Da habe ich gemerkt: So möchte ich nicht arbeiten. Ich will wachsen können und meine Kreativität einbringen.
Als ich damals kündigte und sagte, ich mache mich mit Tracht selbstständig, wurde das belächelt. 13 Jahre später sieht man: es hat ganz gut funktioniert. Vielleicht wäre es anders gekommen, hätte ich einen anderen ersten Job gehabt – die ersten Erfahrungen prägen einen enorm. Für mich war klar: Ich möchte frei arbeiten und meine Ideen verwirklichen.
Mit Amsel haben Sie ein Label aufgebaut, das bayerische Tracht neu interpretiert. Wie gelingt es, das Traditionelle zu bewahren und dennoch modern zu sein?
Als wir vor über 13 Jahren angefangen haben, war Tracht oft sehr opulent und verspielt. Mir war das zu viel – ich wollte es klarer und näher an meinem eigenen Stil. Für mich entsteht alles aus den Stoffen. Ich sehe einen Stoff und weiß sofort, wie ich ihn kombinieren möchte.
Ein Beispiel: Als wir unsere ersten Samtdirndl entworfen haben, wurden wir belächelt – angeblich viel zu warm, niemand würde sie tragen. Heute gehören sie zu den Klassikern, und als Lena Gercke eines unserer Dirndl trug, war das ein Highlight. Genau darin liegt für mich die Balance: traditionelle Materialien neu kombiniert, sodass etwas Eigenes und Zeitgemäßes entsteht.

Trends sind kurzlebig, Sie setzen auf Langlebigkeit und Qualität. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?
Eine sehr große. Schon zu Beginn haben wir mit kleinen regionalen Betrieben zusammengearbeitet – Stoffe aus Italien, Österreich oder Deutschland, Strick aus Bayern, Produktion in Tschechien.
Nachhaltigkeit bedeutet für uns aber mehr als nur Herkunft: Unsere Dirndl sind so gefertigt, dass man sie um bis zu zwei Größen anpassen kann – sie wachsen praktisch mit. Auch im Kleinen achten wir darauf, zum Beispiel mit Kleiderbügeln aus gepresstem Wiesngras oder wiederverwendbaren Versandkisten. Für mich heißt Nachhaltigkeit: hochwertige Stücke schaffen, die lange Freude machen und nicht nach einer Saison entsorgt werden.
Neben Amsel haben Sie mit Studio Frankenberg noch ein zweites Standbein aufgebaut. Was hat Sie dazu inspiriert, Ihr Portfolio über Mode hinaus zu erweitern?
Interior hat mich eigentlich immer schon interessiert. Mit Amsel habe ich lange nur Tracht gemacht, aber das ist eine sehr eigene, manchmal auch enge Welt. Irgendwann wollte ich mich kreativer ausleben. Als dann während Corona die Wiesn abgesagt und ich mit meinen zwei Kindern zu Hause war, habe ich die Chance genutzt.
Am Anfang habe ich einfach unsere Wohnung eingerichtet und Fotos gemacht – bis mich eine Amsel-Kundin fragte, ob ich ihr Interior-Design übernehmen würde. Das war der Startschuss. Von dort aus hat es sich entwickelt: Interior-Projekte, Setdesign, Illustrationen. Vieles entstand organisch, ohne großen Plan – ähnlich wie bei Amsel. Mein USP ist sicher der mutige Umgang mit Farbe. Heute arbeite ich projektbezogen und entwickle vor allem kreative Konzepte, die Kund*innen dann selbst umsetzen können.
„Ich war immer jemand, der einfach losgeht, auch ohne hundertprozentigen Plan.“
Corona war für viele ein Wendepunkt. Solche Umbrüche sind oft ein Motor für Innovation – aktuell zeigt sich das auch beim Thema KI.
Absolut. Corona war eine harte Zeit mit Existenzängsten, aber ohne diesen Einschnitt hätte ich den Schritt ins Interior-Design nie gewagt. Solche Krisen zwingen einen, Neues auszuprobieren. Das Gleiche gilt für KI: Viele haben Angst davor, aber am Ende ist es ein Werkzeug. Entscheidend ist das Mindset – und Mut. Ich war immer jemand, der einfach losgeht, auch ohne hundertprozentigen Plan. Und genauso sehe ich die Zukunft: Wir können uns unsere Jobs selbst erfinden, wenn wir den Mut haben, Neues auszuprobieren.
Für dieses Shooting arbeiten Sie mit Rolls-Royce zusammen. Die Marke gilt als Ikone für Luxus und Zeitlosigkeit. Was macht für Sie eine Marke ikonisch?
Ikonisch ist für mich eine Marke, die sich treu bleibt – in ihren Werten, ihrer Bildsprache, ihrer Qualität. Sie entwickelt sich weiter, ohne beliebig zu werden. Ralph Lauren ist für mich ein Beispiel dafür: Seit Jahrzehnten steht das Hemd für dieselbe Qualität und Haltung. Keine Skandale, keine hastigen Richtungswechsel – sondern Beständigkeit. Genauso sehe ich Rolls-Royce: eine Marke, die nie laut sein musste, um relevant zu bleiben. Das ist auch mein eigener Ansatz. Ich glaube nicht, dass man Erfolg hat, indem man nur laut ist. Leiser zu sein, gibt einem auch die Freiheit, nicht ständig performen zu müssen.

Und wenn wir schon beim Thema Autos sind: Was ist Ihnen persönlich an einem Auto am wichtigsten?
Für mich ist es ganz klar der Komfort. Ich mag es nicht, wenn Autos zu tief auf der Straße liegen – ich fühle mich wohler, wenn ich etwas höher sitze. Geschwindigkeit ist für mich zweitrangig.
Was mich begeistert, sind die Details: die Liebe zum Besonderen, die Möglichkeit, ein Auto individuell zu gestalten. Das fasziniert mich – von außergewöhnlichen Materialien bis hin zum Sternenhimmel im Rolls-Royce. Genau diese Liebe zum Detail zieht sich auch durch meine Arbeit.
Luxus wird heute anders verstanden als zum Beispiel noch vor 20 Jahren. Was bedeutet für Sie zeitgemäßer Luxus?
Für mich ist zeitgemäßer Luxus vor allem Zeit und Ruhe. Wir sind heute ständig auf zig Kanälen erreichbar – da ist es fast schon luxuriös, sich Freiräume zu nehmen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Luxus bedeutet für mich aber auch, den Alltag gut leben zu können: essen zu gehen, reisen zu können, sich eine Wohnung leisten zu können. Das ist für viele schon nicht mehr selbstverständlich.
„Für mich ist zeitgemäßer Luxus vor allem Zeit und Ruhe.“
Ein besonderer Moment von Luxus – zumindest für viele Münchner*innen – ist jedes Jahr das Oktoberfest. Welche Bedeutung hat es für ein Trachtenlabel wie Amsel?
Das Oktoberfest ist für uns die wichtigste Zeit des Jahres. In diesen zwei Monaten machen wir den Großteil unseres Umsatzes. Tracht wird heute kaum mehr im Alltag getragen, sie ist vor allem Gesellschaftskleidung für die Wiesn und für Hochzeiten.
Wenn die Saison startet, merkt man das sofort: Der Laden füllt sich, es herrscht Vorfreude, wir bauen zusätzliche Umkleiden auf, der Prosecco-Kühlschrank wird gefüllt. Für uns als Familienunternehmen ist das eine unglaublich intensive, aber auch schöne Zeit. Danach fällt alles von hundert auf null, bis es im Frühjahr mit der Hochzeitssaison weitergeht.
Wie viel bayerische Kultur steckt heute wirklich noch im Oktoberfest?
Kultur steckt sicher noch drin. Das Oktoberfest ist tief in München verwurzelt und prägt die Stadt jedes Jahr aufs Neue. Gleichzeitig hat es sich stark verändert: Heute ist es ein riesiger Absatzmarkt mit vielen Events und einer großen internationalen Bühne.
Natürlich geht dabei manchmal der ursprüngliche Genuss verloren – einfach mit Freund*innen am Tisch zu sitzen und gemeinsam zu feiern. Trotzdem ist es etwas Besonderes: ein Ausnahmezustand, der Lebensfreude, Tradition und modernes Lebensgefühl verbindet. Und genau das macht die Wiesn so einzigartig.
Welche Vision haben Sie für die nächsten Jahre – für Amsel und für Studio Frankenberg?
Ehrlich gesagt beschäftigt mich die Frage gerade sehr. Aber ich habe keinen festen Plan – für mich ist wichtig, frei kreativ arbeiten zu können und davon leben zu können. Ob das Interior, Mode oder etwas ganz Neues ist, wird sich zeigen.
Für Amsel wünsche ich mir, dass die Werte von Qualität und Tradition Bestand haben. Und wenn es gelingt, das Familienunternehmen einmal an meine Kinder weiterzugeben, wäre das ein schöner Gedanke.