StartMoneyGeld ist relativ oder: kann man vom Arbeitslosengeld leben?

Geld ist relativ oder: kann man vom Arbeitslosengeld leben?

Gut leben vom Arbeitslosengeld – geht das überhaupt? Im sechsten Teil ihrer Kolumne „Jobsuche mit 40+“ berichtet die Autorin ehrlich über finanzielle Ängste, überraschende Entdeckungen und wie sie das Gefühl bekam, mit weniger Geld gelassener und freier zu leben.

Meine intuitive Antwort wäre „nein“. Als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, ohne Unterhalt, ohne Kindergeld dafür aber mit horrenden Anwaltskosten (das alles gehört zusammen, wie Sie sich denken können), hat mich die Aussicht auf 67 Prozent meines Gehalts in Panik versetzt. Dann hat mich eine Freundin darauf aufmerksam gemacht, dass ich das Geld auf dem Tageskonto, das ich für Notfälle ansparte, ja ruhig anzapfen könnte. Genauso ein Notfall sei ja schließlich eingetreten. Ich hörte auf zu hyperventilieren und ließ den Gedanken zu, dass ich vielleicht doch überleben und mit den Kindern sogar in die Ferien fahren könnte.

Und dann musste ich feststellen, dass das Geld irgendwie doch reicht. Ich bekam sehr passend die Steuerrückerstattung vom letzten Jahr, mein blöder Ex-Arbeitgeber zahlte mir den nicht genommenen Urlaub aus (den ich aus Spekulation auf genau diese Zahlung nicht genommen hatte) und ich musste meine Ersparnisse im ersten Monat nicht mal anrühren.

Irgendwie habe ich das Gefühl, mit weniger Geld auszukommen, ohne mich einzuschränken. Ich hatte schon vorher den Verdacht, dass Geld relativ ist. Einerseits kann das nicht sein, denn es geht ja um Zahlen, was soll denn an Mathe relativ sein? Andererseits kam es in der Vergangenheit durchaus vor, dass ich meinte, mir etwas auf keinen Fall leisten zu können, wie z.B. einen Kurzurlaub. Und dann stellte sich heraus, dass es durchaus ging und es war noch immer Geld übrig. Wie kann das sein?

Ich gehe selten aus, aber das habe ich früher auch nicht gemacht. Wie kommt es also, dass ich jetzt mit weniger Geld entspannter bin als mit meinem vorherigen Gehalt und trotzdem nicht das Gefühl habe, mich einschränken zu müssen? Als ich gearbeitet habe, hatte ich ständig dieses beklemmende Gefühl in der Brust, mehr Geld auszugeben, als ich sollte. Ständig habe ich sehnsüchtig auf das nächste Gehalt gewartet und eine Woche später wieder gefürchtet, dass es irgendwie nicht reicht. Jetzt gehe ich mit den Kindern in den Zoo, kaufe Eis, gehe mit ihnen ins teure Spaßbad und kaufe entspannt eine Runde Pommes. Ein Kinoabend mit einer Freundin ist auch noch drin. Der niedrige Kontostand juckt mich überhaupt nicht. Es liegt doch nicht etwa an dem Stress, den ich im Job hatte?

Wahrscheinlich doch. Die ganzen teuren Seidenblusen, mit denen ich meinte, mich belohnen zu müssen, brauche ich jetzt nicht. Die Ledertaschen lassen mich auch kalt. Das atemberaubende grüne Abendkleid, mit dem ich mich für eine besonders stressige Zeit belohnt hatte, hängt im Schrank und wartet immer noch darauf, dass jemand endlich heiratet und ich es dann anziehen kann. Aber diese Ausgabe stört mich nicht. Es muss an dem stressigen Job mit null Anerkennung gelegen haben! Okay, also hier ist mein Plan: mein nächster Job soll bitte interessant, entspannt und mit einem super Gehalt sein! Ich nehme jetzt Angebote entgegen.

Fotomaterial(c) Canva

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