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Frauen in Vorständen „auf Rekordhoch“, aber immer noch keine CEO in Österreichs Börsenunternehmen

Der Frauenanteil in den Vorständen österreichischer Börsenunternehmen liegt erstmals bei 13,8 Prozent – ein neuer Höchststand. Doch von echter Gleichstellung ist man weit entfernt: In keinem einzigen Unternehmen steht eine Frau an der Spitze.

Gläserne Decke trotz Fortschritt? Mit 1. August 2025 liegt der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder in den Unternehmen des Wiener Börse Index (WBI) bei 13,8 Prozent. Das zeigt das aktuelle EY Mixed Leadership Barometer, das halbjährlich die Zusammensetzung der Vorstände und Aufsichtsräte analysiert. Damit sind 26 der insgesamt 189 Vorstandsmitglieder Frauen – vier mehr als bei der letzten Erhebung im Jänner. Seit Beginn der Auswertung im Jahr 2015 hat sich der Frauenanteil damit zwar mehr als verdreifacht, bleibt aber auf niedrigem Niveau.

Noch immer keine Frau an der Spitze

Trotz des leichten Anstiegs bleibt die Bilanz ernüchternd: Kein einziges der 54 WBI-gelisteten Unternehmen wird derzeit von einer Frau als CEO geführt. Bei der letzten Erhebung war es immerhin noch eine. Der Rückschritt auf der höchsten Führungsebene zeigt deutlich, wie hartnäckig sich strukturelle Hürden halten – auch wenn auf den unteren Vorstandsebenen zaghaft Fortschritte sichtbar sind.

Auffällig ist auch, dass 31 Unternehmen – also mehr als die Hälfte – nach wie vor gänzlich ohne weibliches Vorstandsmitglied auskommen. Nur drei Unternehmen (BKS Bank, Marinomed Biotech, Oberbank) haben mehr als eine Frau im Vorstand. Die Mehrheit der weiblichen Vorstandsmitglieder ist in operativen oder finanziellen Ressorts tätig: Zehn Frauen sind CFOs, acht verantworten operative Aufgaben, zwei sind Chief Risk Officers. Strategisch prägende Positionen wie CEO oder CTO sind hingegen männlich dominiert.

Kein Grund zur Zufriedenheit

Helen Pelzmann, Partnerin bei EY Law und Leiterin der EY-Initiative „Women. Fast Forward“, betont: „Der erneute Höchstwert beim Frauenanteil in den Vorständen ist ein positives Zeichen – aber es reicht noch nicht. Dass keine Frau die Rolle der CEO innehat und über die Hälfte der Unternehmen keinen einzigen weiblichen Vorstand hat, belegt den Aufholbedarf deutlich.“ Pelzmann verweist auf zahlreiche Studien, die belegen: Diversität in Führungsgremien führt zu besseren Entscheidungen, stärkerer Innovationskraft und nachhaltigem Unternehmenserfolg.

Die Quote zeigt Grenzen

Während sich in den Vorständen leichte Bewegung zeigt, stagniert der Frauenanteil in den Aufsichtsräten. Aktuell liegt er bei 31,5 Prozent – kaum verändert seit Jahresbeginn und sogar leicht unter dem Wert von August 2024 (32 %). Acht Unternehmen haben einen rein männlich besetzten Aufsichtsrat, viele pendeln knapp über der gesetzlich vorgeschriebenen 30-Prozent-Marke. Nur wenige Unternehmen erreichen bereits 40 Prozent oder mehr. Seit die gesetzliche Mindestquote erfüllt wurde, fehlt es offenbar an weiterem Reformdruck – eine Dynamik ist kaum mehr erkennbar.

IT und Finanz vorne

Branchenübergreifend zeigt sich ein differenziertes Bild: Die IT-Branche liegt mit einem Frauenanteil von 40,5 Prozent in den Aufsichtsräten an der Spitze, gefolgt von der Finanzbranche (39,7 %) und Transport & Logistik (37 %). Deutlich unter dem Schnitt liegt hingegen die Rohstoffbranche mit nur 28,6 Prozent.

Neues Gesetz soll Bewegung bringen – aber wann?

Ein Hoffnungsschimmer liegt in der Umsetzung der EU-Richtlinie 2022/2381, die eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern in Leitungsorganen börsennotierter Unternehmen fördern soll. Der österreichische Gesetzesentwurf, das sogenannte Gesellschaftsrechtliche Leitungspositionengesetz (GesLeiPoG), liegt seit Februar 2025 in Begutachtung – in Kraft getreten ist es noch nicht.

Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass in Vorständen mit mehr als zwei Mitgliedern künftig mindestens eine Frau und ein Mann vertreten sein sollen. Aktuell erfüllen diese Anforderung nur fünf Unternehmen – bei 30 Unternehmen mit größeren Vorständen fehlt jegliche weibliche Besetzung. In Aufsichtsräten soll künftig eine 40-Prozent-Quote gelten – unabhängig von der Anzahl der Kapitalvertreter.

Die Debatte über das Gesetz ist kontrovers. Zahlreiche Stellungnahmen wurden im Rahmen der Begutachtung abgegeben, und viele Unternehmen signalisieren Widerstand. Dennoch zeigt die bisherige Entwicklung: Ohne verpflichtende Maßnahmen stagniert der Fortschritt.

Quote als Impuls, nicht als Lösung

Helen Pelzmann sieht in Quoten ein notwendiges Mittel, aber keine umfassende Lösung: „Quotenregelungen sind – wie die Vergangenheit zeigt – ein notwendiger Schritt, um Veränderungen voranzutreiben, aber keine alleinige Lösung. Es braucht weitergehende Maßnahmen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft – etwa bei Gehaltstransparenz, der Reform der Kinderbetreuung oder der gleichberechtigten Einbindung von Männern in Vereinbarkeitsmaßnahmen.“

Und wie steht es eigentlich um den Frauenanteil bei EY?

Mit Stichtag 1. Jänner 2025 waren von den 43 Partner:innen von EY Österreich zehn Frauen – das entspricht einem Anteil von 23,3 Prozent. Auf Management-Ebene liegt der Frauenanteil aktuell bei 44,9 Prozent. Der Frauenanteil in der gesamten Belegschaft inkl. Praktikant:innen von EY Österreich liegt momentan bei 51,7 Prozent.

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