StartBalanceFrauen in Film – die Weiblichkeit auf der Leinwand hat viele Facetten

Frauen in Film – die Weiblichkeit auf der Leinwand hat viele Facetten

Dr. Vivian Pramataroff-Hamburger, Gynäkologin und Psychotherapeutin mit Praxis in München und ihr Mann Professor Andreas Hamburger haben hinter die Kulissen geblickt und gemeinsam mit hochkarätigen Autoren die Rolle von Frauen im Film analysiert. Wir sprachen mit Vivian Pramataroff-Hamburger über das von den beiden Mitgliedern der Münchner Arbeitsgruppe Film- und Psychoanalyse herausgegebenen Buch „Von La Strada bis The Hours – Leidende und souveräne Frauen im Spielfilm“.

Vivian Pramataroff-Hamburger, warum das Buch? Und warum gerade jetzt?

Pramataroff-Hamburger: Seit etwa zehn Jahren bringt der Springer Verlag eine wunderschöne Buchreihe heraus, in der Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker über Spielfilme schreiben. Wir haben für viele dieser Bände schon Beiträge veröffentlicht. Dann ist uns aufgefallen, dass die großen Helden der Leinwand fast immer Männer sind. Die Frauen spielen meist eine begleitende Rolle. Das wollten wir neu beleuchten. Und warum jetzt? Es ist einfach Zeit.

Sie schreiben zu Ihrem Buch den Satz: „Im Kino ist mehr zu erleben als die einfache Formel vom männlichen Blick erwarten lässt“. Was erleben Ihre Leser in dem Buch, in dem Sie nachzeichnen lassen, wie die Inszenierung der Frau im Film auf Zuschauerinnen und Zuschauer wirkt?

Pramataroff-Hamburger: Den „männlichen Blick“ im Kino hat vor allem die Grand Dame des feministischen Filmpsychoanalyse, Laura Mulvey, hervorgehoben. Wir sind stolz, dass sie einen Beitrag zu unserem Buch beigesteuert hat, über Godars „Le Mépris“. Sie sagt, dass im amerikanischen Mainstream-Kino die Frauen als schönes Objekt herhalten müssen, sowohl für die handelnden Filmhelden auch für die Zuschauer. Wir finden aber, dass Frauen auch leidenschaftliche Zuschauerinnen sind, mit einem eigenen, weiblichen Blick. Und ebenso ihre Leinwandheldinnen, wie zum Beispiel in „Thelma und Louise“.

Starlets und Diven, eigensinnige, tapfere und souveräne Frauenfiguren – in den psychoanalytischen Interpretationen widmen sich die Autoren den verschiedensten Typen in den unterschiedlichsten Filmen. Von „Breakfast at Tiffany‘s“ über „Dieses obskure Objekt der Begierde“ und „La Strada“ bis hin zu „Die Vögel“ oder „Lost in Translation“ – um nur einige der insgesamt 29 Filme zu nennen, mit denen sich Ihre Autoren befasst haben. Ihre Erkenntnis: wie hat sich die Rolle der Frau im Film über die Jahrzehnte entwickelt?

Pramataroff-Hamburger: Es gab immer herausragende, einzelne Frauenfiguren, die ganz aus sich heraus von der Kinoleinwand wirken. Heute ist es selbstverständlicher geworden. Wir haben das Buch aber nicht chronologisch aufgebaut, sondern nach der Art ihres Auftritts, zum Beispiel „Strippenzieherinnen – wenn Frauen das Geschehen lenken“ oder „Revolte gegen die Kamera. Der Aufstand gegen den männlichen Blick“

Ihre Empfehlung: an welche Leser haben Sie gedacht, als Sie das Buch konzipiert haben?

Pramataroff-Hamburger: Naja, natürlich an Leserinnen. Aber Scherz beiseite: An alle die Filme mögen und gerne diskutieren. Und dabei auch mal gerne etwas tiefer blicken, in eine filmpsychoanalytische Perspektive. Wenn wir ins Kino gehen, erfahren wir etwas über uns selbst. Bei unseren regelmäßigen Vorstellungen im Münchner Filmmuseum analysieren wir keine Filmfiguren, sondern uns selbst, anhand der Geschichten, die uns das Kino erzählt und die uns lachen, leiden und lernen lassen. Filme sind so etwas wie unsere Analytiker (deshalb zahlen wir auch dafür).

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