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Eine Sache, die wir (spätestens) von Olympia 2024 lernen sollten

Im Leistungssport ist die Regeneration ein unverzichtbarer Bestandteil des Trainings – ohne ausreichende und getaktete Erholung können auch die talentiertesten Sportlerinnen und Sportler ihre Höchstform nicht erreichen. Wenn Organisationen mal wieder rekordverdächtige Anforderungen an ihre Teams stellen, sollten sie das ebenfalls beachten - und die nötigen Rahmenbedingungen für Balance schaffen.

„Wir machen hier eben jeden Tag Leistungssport“ heißt es gern in Organisationen, wenn die Vorgaben wieder einmal rekordverdächtige Ausmaße annehmen. Haben Sie das auch schon einmal gehört?

Die Bilder von Triathlon, Schwimmen oder 3×3-Basketball von den Olympischen Spielen in Paris waren faszinierend und motivierend zugleich. Ein wichtiges Erfolgselement haben die Kameras jedoch nicht eingefangen. Denn um über eine lange Zeit Höchstleistungen zu erbringen, braucht es vor allem eines: Pausen. Viele von uns dürften in den vergangenen Wochen gemerkt haben, wie sehr Körper und Seele die Ruhephasen im Urlaub nötig hatten. Im Leistungssport ist die Regeneration ein unverzichtbarer Bestandteil des Trainings – ohne ausreichende und getaktete Erholung können auch die talentiertesten Sportlerinnen und Sportler ihre Höchstform nicht erreichen.

Ebenso verhält es sich in der Wirtschaft: Unternehmen sind gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf Höchstleistungen und Innovationen ihrer Teams angewiesen. Aber: Beschäftigte, die kontinuierlich gefordert werden, ohne die nötige Zeit zur Regeneration zu bekommen, laufen Gefahr, auszubrennen und ihre Leistung langfristig nicht abrufen zu können. Es ist dabei nicht nur Sache der Trainerinnen und Trainer, sprich der Führungskräfte, für die nötige Erholung zu sorgen. Auch der Blick auf die eigenen Grenzen, die eigene Belastbarkeit ist gefragt. Pausen sollten kein Grund für ein schlechtes Gewissen sein.

Auf die eigene Gesundheit zu achten, ist jedoch gerade für Frauen eine Herausforderung. Sie schultern noch immer den Großteil der Care-Arbeit. Bei dieser Doppelbelastung gibt es übrigens erstaunliche Parallelen zum Leistungssport:

  • Erwartungen: Athleten und Athletinnen stehen unter ständigem Druck, ihre Bestleistungen zu erbringen, sei es im Training oder Wettkampf. Frauen, die Beruf und Familie jonglieren, müssen zugleich in mehreren Bereichen konstant hohe Leistungen, Produktivität und Fürsorge erbringen.
  • Zeitmanagement und Priorisierung: Sportlerinnen und Sportler müssen ihre Zeit effektiv nutzen, um Training, Wettkämpfe und Erholung in Einklang zu bringen. Frauen (und Männer), die Beruf und Care-Arbeit unter einen Hut bringen, müssen ihre Prioritäten unter erheblichem Zeitdruck bewältigen.
  • Mentale Stärke und Resilienz gehören sowohl im Leistungssport als auch im täglichen Care- und Job-Kosmos zu den Schlüsselkompetenzen.
  • Unterstützungssysteme sind sowohl im Sport als auch im Care-Bereich echte  Erfolgsfaktoren. So wie Trainierende auf ihr Team und Support etwa von Physiotherapeut*innen angewiesen sind, benötigen Familien ein funktionierendes Umfeld und Rahmenbedingungen wie etwa eine zuverlässige Kinderbetreuung. Nur so ist dann auch wieder die nötige Regeneration überhaupt möglich. Und genau hier quietscht es gerade gewaltig im System, diese Reibungsverluste verbrauchen jede Menge unnötige Kraft. Energie, die wir in Wirtschaft und Gesellschaft dringend bräuchten. Deshalb will hier beispielsweise die Pädagogin, Kita-Trägerin und Unternehmerin Nicole Hoffmann gegensteuern, die die Kita-Branche endlich in einen attraktiven Arbeitsmarkt verwandeln möchte – denn es fehlt an Erzieher*innen und Finanzierung. Hier geht es zur aktuellen Story.

Nachhaltiger Erfolg von Unternehmen hat also tatsächlich viel mit Leistungssport zu tun – aber nur, wenn der Blick auch immer wieder auf die Balance zwischen Anforderungen und Motivation der Beschäftigten geht, führt der Weg am Ende auch aufs Siegertreppchen.

Fotomaterial© Paris2024

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