Sich von fest in der Gesellschaft verankerten Rollenbildern zu befreien, ist natürlich leichter gesagt als getan. In ihrem Buch »Mut zum Rollentausch« zeigt Autorin Verena Florian mögliche Befreiungsstrategien auf. Große Empfehlung!
Lust auf hochwertiges Coaching bei Ihnen zuhause, eingekuschelt in die weiße Lyocell-Decke vom letzten Weihnachtsfest? Dann haben wir etwas für Sie. Aber Vorsicht, diese besondere Autorin kennt keine Tabus. Mit Co-Schwangerschaften von Männern, der Erreichung der Geschlechtergleichstellung im Jahr 2150 und Kritik am Perfektionismus der Frau fordert Verena Florian, neben vielen anderen Themen, ihre Leser*innen dazu auf, mit sich selbst in Diskurs zu treten, um alten Rollenbildern der Gesellschaft endlich den Kampf anzusagen. Bereit?
Frau und die Einkommensschere
Wie die Autorin betont, sorgt unter anderem die immer noch vorherrschende altmodische Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in Österreich für das enorme Ausmaß der Einkommensschere. Österreich befindet sich innerhalb der EU mit einer Einkommensdifferenz von 19.9 Prozent zwischen Männern und Frauen am fünftletzten Platz. Das kann frau doch wohl nicht akzeptieren, oder? Deshalb sprach die Autorin und Coachin, im Rahmen der Recherche zu ihrem Buch »Mut zum Rollentausch«, das im Frühjahr dieses Jahres vom Falter Verlag herausgegeben wurde, mit 50 Pionier*innen unserer Gesellschaft, die sich den sozial konstruierten Stereotypen nicht unterwerfen möchten. Erfolg bedeutet zum Beispiel für Frauen wie Theresa I. frei gestalten zu können. »Ich habe mich ganz bewusst immunisiert gegen Bremser«, so die Vorständin aus der Finanzbranche. Ideen und Inspirationen, wie jede*r das erreichen kann, gibt es in diesem Buch in Hülle und Fülle.
Geht doch: Skandinavisches Elternzeitmodell
Familie und Karriere? Eine Herausforderung, die Frauen oft immer noch vor eine große Entscheidung stellt – vor allem dann, wenn der Partner sie nicht unterstützt. Deshalb wird die Frage auch häufig lieber mit einem »oder« als einem »und« gestellt. Die Wichtigkeit dieser Vereinbarkeit haben internationale Konzerne erkannt und werben deshalb mit der entsprechenden Infrastruktur zur Ermöglichung von Familie und Karriere. Eine kluge Entscheidungen, denn sie hätten schließlich gerne die besten Köpfe und bekommen sie auf diese Weise auch. Es ist also möglich. Und auch die Politik reagiert – wenn auch nur in kleinen Schritten. Nach dem Vorbild Skandinaviens führte die deutsche Regierung im Jahr 2007 etwa das »Bundeselterngeld« ein. Das bedeutet, dass bei Inanspruchnahme von Vaterkarenz, ganze zwei Monate Elterngeld zusätzlich ausbezahlt werden. So stieg der Anteil von Vätern in Karenz innerhalb von zwei Jahren von 3,5 auf 22 Prozent und mittlerweile auf 34 Prozent. Dieser Anstieg verläuft übrigens doppelt so schnell wie in Österreich.
Das Spiel mit den Perspektiven
Warum schließt der Wunsch eine Familie zu gründen in unserer Gesellschaft eigentlich immer noch die Möglichkeit Leidenschaft, Motivation und Ehrgeiz im Beruf zu zeigen automatisch aus? Verena Florian nimmt sich dieser Thematik an und spielt in ihrem Buch mit verschiedenen Perspektiven. Dadurch erhält man als Leser*in die Möglichkeit neue Blickwinkel einzunehmen und andere Perspektiven kennenzulernen. Eine seltene, aber sehr wichtige Chance.
Mit Statements aus den von ihr geführten Interviews mit den 50 Pionier*innen – wie zum Beispiel »Im Beruf ist es immer ein schlechter Zeitpunkt Kinder zu bekommen« – holt Florian ihre Leser*innen in die Gedankenwelt weiblicher Führungskäfte. Sie lässt also die Realität zu Wort kommen. Das Statement kann im Übrigen mit Sicherheit so verstanden werden, dass man innerhalb unserer Gesellschaftsstrukturen meist vergeblich auf den richtigen Zeitpunkt zur Familiengründung wartet, sodass Frauen häufig zu Entscheidungen gedrängt werden.
Die Autorin provoziert, manchmal mit Humor und manchmal mit starken Statements. Mit diversen Inputs und verschiedensten Ansätzen schafft sie es, die Leserin oder den Leser zur Reflexion zu bringen. Sie spielt mit Ansätzen, die leider immer noch tabuisiert werden, wie beispielsweise mit dem Thema Värterkarenz, und zeigt dabei, dass vieles davon reine Kopfsache ist. Viele internationale Studien zeigen, dass Väter in Karenz äußerst profitabel sind: Familien sind gesünder, Ehen halten länger und Kinder sind ausgeglichener und erbringen bessere Leistungen. Aber auch die Diskussion über die noch nicht stark vorhandene Bereitschaft von Unternehmen, Väter in der Karenz zu unterstützen, außerfamiliäre Betreuung der Kinder und die beiden Seiten der gläsernen Decke finden im Buch ihren Platz.
Gesellschaftliche Relevanz
Frauen sind erst seit rund 40 Jahren in der Lage selbst ein Bankkonto zu eröffnen. Es hat sich also vieles getan, allerdings noch lange nicht genug. Mit diesem Buch hat die Autorin eine Art Zwischenbilanz aufgestellt, sich also angesehen, wo wir heute in Österreich stehen, unter Berücksichtigung unterschiedlichster Aspekte und Perspektiven. Das macht das Buch so einzigartig. Im Schreibstil leicht, humorvoll und verständlich, initiiert sie, neben neuer Information, zwischendurch auch immer wieder einen kleinen Schuss Sarkasmus. Die Lektüre wird damit also auch zu einem großen Spaß. Es geht der Autorin um eine Verhaltensänderung in der Gesellschaft, die sie mit der Präsentation von Vorbildern einleiten will. Durch das Heranziehen der Pionier*innen und die Strategie des sozialen Lernens ermöglicht sie es ihren Leser*innen, sich von alten Glaubenssätzen zu verabschieden. Kurz gesagt bedeutet das, dass durch Beobachtung, Nachahmung und Reflexion zum Umdenken motiviert wird. Mit dem Buch möchte sie Frauen in ihrem Ermächtigungsprozess bestärken, da die Ermächtigung der Frau mehr Vorteile birgt, als im gesamtgesellschaftlichen Rahmen oft wahrgenommen wird. Neben der Aufstockung des Haushaltskapitals und der damit einhergehenden Verbesserung der Lebenssituation einer Familie, können Männer auch in Väterkarenz gehen und schlussendlich profitiert auch die Volkswirtschaft, indem sie keine hochqualifizierten Arbeitskräfte mehr verliert und sich damit endlich ihren Handschellen entledigt. Wünschenswert wäre gewesen, auch eine Einschätzung der Autorin darüber zu bekommen, wie wir die Männer erreichen können und somit die Schließung des Gaps gemeinsam unternehmen können. Aber wer weiß, vielleicht kommt das ja noch.
ZUSAMMENFASSEND:
Stimmungsbarometer: Hämische Lacher und wohltuendes Self-Treatment garantiert (two in one)
Rückzugsfaktor: Serienmarathon
Ego-Boost Faktor: Terminator
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