Sie sind seit 2007 Generalsekretärin der Interessenvertretung von Österreichs E-Wirtschaft. Was ist für Sie das Faszinierende am Thema Energie?
Ohne Energie gibt es kein modernes Leben. Auf der anderen Seite gibt es auch keinen Wirtschaftszweig, der so im Umbruch ist wie die Energiewirtschaft. Wir wollen ja das System komplett umbauen und in Österreich bis 2040 klimaneutral werden, schneller sogar als die EU das vorschreibt. Da bleibt kein Stein auf dem anderen. Hier mitzuarbeiten an der Schnittstelle zwischen denen, die es umsetzen – der Wirtschaft – und denen, die die Regeln machen – der Politik – ist ein sehr spannender und vor allem sehr sinnvoller Aufgabenbereich.
Einerseits ist Klimafreundlichkeit ein großes Thema. Auf der anderen Seite wurde in den letzten Jahren viel über hohe Energiepreise geredet – die vor allem für Frauen oft schwer zu stemmen sind. Wie lassen sich der Wunsch nach klimafreundlicher Energie und billigem Strom unter einen Hut bringen?
Wir haben es hier mit einem Ziel-Dreieck zu tun. Der Strom muss für den Wettbewerb leistbar sein, wir müssen von den fossilen Brennstoffen wegkommen und es muss noch die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Jahrelang hat das Thema Nachhaltigkeit alles andere überwogen. Jetzt haben wir einen Krieg in Europa – und leider eine große Abhängigkeit von Energieimporten. Wir müssen die Versorgungssicherheit aufrechterhalten, und das geht natürlich zu Lasten des Preises. Auch der Umbau des Stromsystems kostet Geld. Trotzdem müssen wir die Transformation weiter machen. Jetzt aufhören wäre das Teuerste. Wir geben jährlich 10 Milliarden für Importe von fossilen Energieträgern aus dem Ausland aus. Stattdessen in Österreich zu investieren, kann auch ein Impuls für den Wirtschaftsstandort sein.
Trotzdem müssen wir schauen, dass die Transformation leistbar ist. In den letzten Jahren hat es oft geheißen, die Sonne schickt keine Rechnung, aber der Netzbetreiber schickt sehr wohl eine. Deshalb arbeiten wir daran, die erneuerbaren Energien klug ins System zu integrieren und niemanden zurückzulassen. Es braucht für besonders vulnerable Gruppen Maßnahmen, die auch gesetzt werden. Ein Sozialtarif wird diskutiert, in der Strompreiskrise gab es die Strompreisbremse. Für sehr energieintensive Industrieunternehmen gibt es einen Stromkostenausgleich.
Was kann man als Verbraucherin machen, um die Stromrechnung gering zu halten?
Die billigste Kilowattstunde ist jene, die man nicht verbraucht. Durch moderne technische Geräte haben wir Verbraucher im Haus, die wir teilweise gar nicht mehr bemerken. Deshalb: Immer wieder mal schauen, was an der Steckdose hängt. Auch ein Ladegerät, das nur angesteckt ist, verbraucht ein bisschen Strom. Und wenn man bei der Raumtemperatur um nur ein Grad runterschaltet, kann man das schon an der Gasrechnung bemerken. Zum Glück haben die meisten Lieferanten die Strompreise mittlerweile wieder gesenkt – bis zu zweimal im vergangenen Jahr. Hier sollte man verschiedene Strompreise und Anbieter vergleichen.
Hat die Tatsache, dass das Thema Nachhaltigkeit so stark in den Fokus gerückt ist, eigentlich dazu geführt, dass sich mehr Frauen für den Energiesektor interessieren?
Ja, sicher. Der ganze Energiesektor war früher etwas für technische Nerds. Heute setzen sich viel mehr Leute damit auseinander. Wegen der Kosten, aber auch aufgrund der technischen Möglichkeiten beispielsweise selbst eine PV-Anlage anzuschaffen. Das hat dazu geführt, dass das Wissen über Zusammenhänge am Energiemarkt größer geworden ist.
Wie hoch ist mittlerweile der Frauenanteil in der E-Wirtschaft – vor allem in den Führungsetagen?
Es tut sich was, aber es ist noch Luft nach oben. Laut den letzten Zahlen, die wir haben, ist jede vierte Mitarbeitende weiblich. Ich könnte mir vorstellen, dass der Anteil mittlerweile noch gestiegen ist. Der Energiebereich ist auch vielseitiger geworden. Es gibt verschiedene Produkte, Produktentwicklung, Marketing. Und es gibt natürlich auch Technikerinnen. Wir hätten gerne, dass es noch mehr werden. Auch auf der Führungsebene gibt es jetzt mehr Frauen, es sind allein in diesem Jahr einige Vorständinnen und Geschäftsführerinnen dazu gekommen. Wir haben vor zweieinhalb Jahren das Frauennetzwerk Oesterreichs Energie Powerfrauen gegründet, da sind mittlerweile ungefähr 700 Frauen aus der E Wirtschaft dabei, die sich vernetzen, treffen, austauschen und voneinander lernen. Wir machen zum Beispiel einmal im Monat einen Online-Lunch, wo immer eine Kollegin aus ihrem Arbeitsgebiet berichtet.
Abgesehen vom Gender-Aspekt: Wie schaut es denn in der Branche generell mit Diversität aus?
Ich weiß, dass es in den Mitgliedsunternehmen wirklich viele Diversitätsprojekte gibt und die Vorstände die Vielfalt in ihren Zielvorgaben haben. Auch wenn die EU einiges an ESG Vorgaben zurückgedreht hat – bei uns in der Branche wurde nichts reduziert. Diversität ist nach wie vor ein wichtiges Thema und ein echtes Anliegen. Ich glaube, es haben mittlerweile wirklich alle verstanden, dass die großen Fragen der Zukunft in diversen Teams viel besser gelöst werden können. Das gilt auch für die Altersdiversität: Derzeit arbeiten in der Energiewirtschaft bis zu vier Generationen gleichzeitig an einem Arbeitsplatz und die Älteren, die bald in Pension gehen, haben irrsinnig viel Wissen, dass sie gerne weitergeben wollen. Deshalb laden wir junge Menschen, die eine Arbeit suchen, die Sinn und Spaß macht, herzlich dazu ein, zu uns zu kommen und mit uns gemeinsam an der Zukunft zu arbeiten.
