Renate Schnutt ist Head of Scale-ups der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und setzt sich für Female Entrepreneurship ein. Mit sheconomy sprach sie über ihr Start-up-Programm Born Global Academy, die Position der Frau und den soziokulturellen Shift im Business.
Das von Ihnen initiierte Internationalisierungs-Programm für Start-ups, die Born Global Academy, startet in Kürze in die zweite Runde. Wie fiel das Feedback der Alumni vom Vorjahr aus?
Zunächst möchte ich an dieser Stelle meine Freude darüber ausdrücken, dass insgesamt rund 700 Personen an den ersten zwei Programmteilen der Born Global Academy teilgenommen haben. Für die dritte Phase – bei der nur eine limitierte Teilnehmer*innenzahl möglich war – haben sich knapp 60 Start-ups beworben, von denen wiederum zehn ausgewählt wurden, um beim achtwöchigen Intensivprogramm Scaleup Globally, dem Herzstück der Academy, mitzumachen. Hier ging es für die Teilnehmenden auch wirklich ans Eingemachte, und genau das kam auch besonders gut an: tiefgehende Marktanalysen, individuelle Coaching-Sessions, inspirierende Talks mit ausgewiesenen Skalierungs-Expert*innen, etc. Besonders wertgeschätzt wurde dabei der praxisbezogene Ansatz, der lehrreiche Erfahrungsaustausch und der gute Spirit unter den teilnehmenden Teams.
Was möchten Sie heuer anders machen, bzw. was sind die Highlights des diesjährigen Programms?
Für den Kick-off im November haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen. Im Rahmen des Websummits in Lissabon – wo auch die österreichische Start-up Community stark vertreten sein wird – beleuchten und diskutieren wir die neuesten Technologien und Trends in einer Masterclass unter dem Internationalisierungsaspekt. Der Bootcamp Day am 26.01.2023 findet dieses Mal in Linz statt und wird auf stark nachgefragte Themen eingehen: Finanzierung, rechtliche Rahmenbedingungen, Human Resources und nicht zuletzt Nachhaltigkeit. Aufgrund des großen Interesses im Vorjahr erhöhen wir die Teilnehmer:innenzahl beim Scaleup-Globally-Programm auf 15 Start-ups. Für die Abschlussveranstaltung, den Demo Day, ist es uns gelungen, 100 nationale und internationale Investor:innen und mögliche Geschäftspartner:innen zu den Pitches zu bringen. Vielleicht können wir diese Zahl nächstes Jahr noch toppen …
In Ihrer Funktion als Head of Scaleups der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA setzen Sie sich sehr für Female Entrepreneurship ein. Wie hoch war die weibliche Beteiligung bei der Born Global Academy?
Die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen in Österreich allgemein und speziell in Technologie und Innovation ist, wie in vielen Ländern, noch nicht dort, wo sie hingehört. Quoten sind wirksam, das haben schon viele Best-Practice-Beispiele gezeigt, daher ist für mich die einfachste Regelung, eine Zielsetzung von 50 Prozent weiblicher Beteiligung an der Born Global Academy anzuvisieren. In der ersten Runde der BGA hatten wir das Ziel in Reichweite, leider sind uns dann gleich zwei Gründerinnen last minute abgesprungen, weil es Investments gab und somit der Fokus darauf gesetzt werden musste.
Die stärkere Sichtbarkeit von Frauen als Gründerinnen oder in Führungspositionen hat nachweislich positive Auswirkungen für Unternehmen – in der Regel ein Plus von 5,4 Prozent durchschnittlich im Umsatz. Mir ist wichtig, dass die Born Global Academy nicht nur Wissen schafft, sondern auch von Wissenschaft getragen wird und Veränderungen anstößt.
Der Weg in internationale Märkte stellt Start-up-Founder vor besondere Herausforderungen. Worin unterscheiden sich die Erfahrungswerte weiblicher und männlicher Gründer*innen?
Das klassische Exportgeschäft ist sehr männlich geprägt. Wenn jemand beispielsweise im Nahen Osten operiert, sprich, somit auch in weniger frauenfreundlichen Kulturen, wirkt sich das auch auf Geschäftserfolge aus. Der kulturelle Kontext generell ist unglaublich machtvoll und wird oft unterschätzt. Je früher ich diesen mitdenke und in meine Strategie einbeziehe, desto schneller kann ich diese Barrieren abbauen. Wenn ich den Stellenwert der Frau im jeweiligen Zielland kenne und auch sonstige Dimensionen von Kultur, also wie wird kommuniziert, Feedback gegeben, verhandelt, bewertet, entschieden oder einfach Kritik geübt bzw. wie werden Termine vereinbart, habe ich die halbe Miete und kann mit den Unterschieden besser umgehen. Üblicherweise sind auch eher Männer im Export, bauen Auslandsteams auf oder leiten Geschäftsstellen, weil sie schneller von Betreuungspflichten freigespielt werden als Frauen.
Österreich nimmt innerhalb der Europäischen Union mit 36 Prozent Female Startups einen führenden Platz ein. Was sind aus Ihrer Sicht die Treiber dieser Entwicklung und wo liegt noch Potenzial verborgen?
Das ist ein gutes Zeichen in die richtige Richtung, man sieht, dass die Ambitionen und Anstrengungen, die allgemein gesetzt werden, greifen. Das Sichtbarmachen von Frauen im Tech-Bereich hat eine Vorbildwirkung. Auch der soziokulturelle Shift, beeinflusst durch den amerikanischen „entrepreneurial“ Lifestyle in der Gründer:innen-Bubble, animiert zur Fehlerkultur, Frau traut sich mehr. Wir müssen nur das Tempo erhöhen. Laut dem letzten UN-Bericht herrscht erst in 300 Jahren Gleichberechtigung. Weltweite Krisen werfen uns zurück, global gibt es nämlich starke Rückschritte, vulnerable Gruppen der Gesellschaft trifft es als erstes. Wir erinnern uns an Covid-Lockdowns und der schnelle Rückzug von Frauen ins Private …
Gründung ist das eine, Finanzierung das andere. Gründerinnen haben eine härtere Position am Verhandlungstisch aufgrund von stereotypischen Zuschreibungen, sie werden andere Dinge als ihre männlichen Kollegen gefragt, müssen sich stärker rechtfertigen und bekommen, selbst dann, wenn der Deal klappt, weniger Geld. Nur mit Investment können wir sicherstellen, dass frauengeführte Unternehmen wachsen und gedeihen.
Wir befinden uns aktuell in sehr bewegten und wirtschaftlich gesehen sehr herausfordernden Zeiten. Inwiefern werden die Born Global Academy Teilnehmer:innen vorbereitet, um auch in Krisenzeiten erfolgreich zu internationalisieren?
Innerhalb der Born Global Academy arbeiten wir nicht losgelöst von der aktuellen geopolitischen Lage, im Gegenteil. Gerade eine gute Internationalisierungsstrategie muss im Kontext dieser bzw. ihrer wirtschaftlichen Implikationen erarbeitet und umgesetzt werden. Das weltweite Netz unserer Expert:innen – sprich Wirtschaftsdelegierten und deren Teams – an mehr als 100 Standorten in ca. 60 Ländern hilft uns, tagesaktuelle Entwicklungen und Trends einfließen zu lassen. Wirtschafts-Stories aus aller Welt hier.
Join the Born Global Academy!
Du bist Gründerin und dein Unternehmen steht kurz vor dem großen Schritt in die Internationalisierung?
Dann mach mit beim Skalierungsprogramm der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA!
Wann geht´s los?
- 03.11.2022: Masterclass am Websummit, Lissabon
- 26.01.2023: International Bootcamp Day, Linz
- März – April 2023: Scaleup Globally Programm, Wien/online
- Juni 2023: Demo Day auf der ViennaUP 23, Wien
Mehr Infos und Anmeldung: bornglobalacademy.at
Die Umsetzung der Born Global Academy erfolgt im Rahmen der Internationalisierungsoffensive go-international, einer gemeinsamen Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich.