Brigitte Bojkowszky ist eine international anerkannte Wirtschaftspädagogin und Betriebswirtin mit über 30 Jahren Erfahrung in Wirtschaft und Wissenschaft. Ihre Karriere führte sie durch verschiedene Welten – von der Flugbegleiterin zur Studentin, von der Unternehmenswelt in die Wissenschaft und schließlich in die Selbstständigkeit als Unternehmerin. Diese facettenreiche Erfahrung prägt ihre ganzheitliche Herangehensweise an Markenidentität und Leadership-Branding.
Im Rahmen unserer Interviewserie „Hätt ich das bloß früher gewusst“ haben wir mit ihr über ihre Karriere, Wendepunkte und die Erkenntnisse gesprochen, die sie heute weitergibt.
Als Universitätsdozentin lehrte sie an renommierten Universitäten auf der ganzen Welt – von Kanada über die USA, Russland, Vietnam bis nach Hongkong – und unterrichtete in den Bereichen Globales Strategisches Marketing, Management und Markenführung. Ihre akademische Expertise verbindet sie mit praxisnahen Strategien, um Unternehmen und Persönlichkeiten gezielt beim Aufbau und der Etablierung einer starken Markenidentität zu unterstützen.
Seit 2017 führt sie ihr eigenes Unternehmen BridgetBrands und ist als Strategin für Markenidentitäten tätig. Ihr Ansatz basiert auf der Überzeugung, dass Marken von innen nach außen entstehen – authentisch nur dann, wenn gelebte Werte und ein klares Mindset sie prägen. Erst wenn Identität und Werte bewusst im Inneren verankert sind, können sie glaubwürdig nach außen strahlen. Dieser humanisierte Markenaufbau bildet das Herzstück ihrer Arbeit.
Mit ihrer globalen Perspektive und tiefgehenden Erfahrung versteht sie es, kulturelle Nuancen präzise in Markenstrategien zu integrieren. Sie unterstützt Führungskräfte, Unternehmer:innen und Organisationen dabei, ihre Identität zu schärfen, ihre Präsenz zu stärken und langfristige Markenerfolge zu erzielen. Im April hält sie eine Sheconomy Masterclass zum Thema „Führungspräsenz entschlüsselt“.
Was war der größte Gamechanging-Moment in der Karriere?
Meine Karriere war nie eine gerade Linie. Vielmehr war sie eine Reise voller Wendungen, über verschiedene Branchen und Positionen hinweg. Jeder Abschnitt öffnete ein neues Kapitel, und erst in Retrospekt ergibt sich das große Ganze wie ein perfekt zusammengesetztes Puzzle. Doch wenn ich auf all die Gamechanging-Momente blicke, gibt es einen, der den endgültigen Kurswechsel markierte:
Der Moment, in dem ich erkannte, dass es für mich in der akademischen Welt keine Weiterentwicklung mehr gab. Als nicht-habilitierte Doktorin gab es keinen Aufstieg, keine Karriereleiter, die ich hätte erklimmen können. Senior Lektor:innen? In der universitären Hierarchie eine Art „zweite Klasse“. Mir wurde gesagt: „Einmal Lehrer, immer Lehrer. Wenn du Karriere machen willst, musst du woanders hingehen.“ Das war der Moment, in dem ich wusste: Ich bleibe nicht stehen. Wer nicht weitergeht, stagniert. Stagnation war für mich nie eine Option. Nach unzähligen Pivots in meiner beruflichen Laufbahn als Angestellte war mir klar: Ich werde meinen eigenen Weg gehen.
Ich fühlte mich mit über Mitte 40 zu jung, um mich mit dem Absehbaren zufrieden zu geben. Also traf ich eine endgültige Entscheidung. Und wenn ich eine Entscheidung treffe, dann gibt es kein Zurück. Mein „Side-Hustle“, meine Unternehmen, in den Vordergrund zu stellen. Einzig und allein, selbstständig zu sein. Das war kein einfacher Schritt. Aber für mich ist Veränderung kein Risiko, sondern die Essenz des Lebens. Weiterentwicklung ist nicht nur etwas, das ich lehre, es ist tief in meiner DNA verankert. Und genau das macht jede neue Herausforderung so großartig.
Der größte Boost?
Es gibt Momente, die alles verändern. Nicht, weil sie aus dem Nichts kommen sondern weil sie das Ergebnis von Jahren harter Arbeit, Mut und Beharrlichkeit sind. Einer dieser Boost-Momente war, als ich dieses Testimonial in meinen Händen hielt. Ich las es. Noch einmal. Und noch einmal. Und brauchte einen Moment, um zu begreifen: Die Arbeit, die ich mit so viel Herzblut leiste. Die Strategien, die ich entwickle. Die Transformationen, die ich begleite. Sie bewirken wirklich etwas. Sie hinterlassen Spuren.
Dieses Testimonial kam von Anoush der Boghossian, Head of the Trade and Gender Office der World Trade Organization (WTO), einer inspirierenden Führungspersönlichkeit auf globaler Ebene: Hier aus dem Englischen übersetzt ein keiner Exzerpt daraus: „Ich habe in nur wenigen Monaten mit Dr. Brigitte Bojkowszky mehr gelernt als in Jahren des Trainings. Sie ist eine der wenigen Expertinnen, die meine Karriere wirklich geprägt haben. Ihr strategischer, maßgeschneiderter Ansatz hat meine Perspektive auf Leadership, Kommunikation und Autorität grundlegend verändert. Sie bringt dich mühelos auf das nächste Level.“
Solche Worte liest man nicht einfach. Man spürt sie. Weil sie die Essenz von jahrelangem Dranbleiben widerspiegeln. Von Momenten des Zweifels, des Übersehenwerdens, des Ignoriertwerdens und des immer wieder Aufstehens. Denn am Ende ist es genau das, was zählt: Nicht aufzugeben. Für seine Vision einzustehen. Für das zu brennen, was einen ausmacht.Dieser Boost war mehr als nur eine Bestätigung. Er war der Beweis, dass sich Authentizität, Beständigkeit und Hingabe auszahlen. Dass die eigene Arbeit nicht nur sichtbar wird, sondern wirklich einen Unterschied macht. Und das Beste? Es ist erst der Anfang.
Welche Rahmenbedingungen sind aus Deiner Sicht notwendig, damit Frauen ähnliche Karrierewege einschlagen können?
Ich arbeite seit jeher global. Österreich war für mich immer eng, klein, oft zu sehr in alten Denkmustern verhaftet, anstatt über den Tellerrand zu blicken. Der Gedanke, nur hier zu sein und zu wirken, nimmt mir die Luft zum Atmen. Ich bin von Natur aus neugierig, habe die Welt bereist, Innovationen aufgesogen, Best Practices integriert und zu meinem eigenen gemacht. Stillstand? Keine Option. Doch genau dieser Stillstand ist es, der Frauen oft bremst. Es fehlt an mutigen, visionären Entscheidungsträgern, die nicht nur verwalten, sondern gestalten. Wer nicht mit der Zeit geht, bleibt zurück. Und genau das erleben wir hier in vielen Strukturen noch immer.
Was fehlt konkret?
Weitblick und Veränderungsbereitschaft in Führungsebenen. Viele Systeme sind veraltet, starre Hierarchien verhindern Entwicklung. Wir brauchen Entscheider:innen, die nicht nur „weiter so“ sagen, sondern Status Quo hinterfragen.
Support für neue Arbeitsmodelle und Selbstständige. Ich arbeite online, weltweit, aus meinem Home Office. Doch für Selbstständige, die nicht in klassische Gewerbeformen passen, das betrifft vor allem Frauen, gibt es kaum Unterstützung. Keine starken Online-Communities, keine regelmäßigen Austauschformate, keine strukturierten Mentoring- oder Kooperationsinitiativen. Wo bleibt die Förderung für jene, die die Wirtschaft der Zukunft gestalten?
Echte Inklusion statt symbolischer Gesten. Frauen brauchen keine separaten Netzwerke, in denen sie unter sich bleiben. Wir müssen Männer einladen, zuzuhören, zu verstehen, mitzuwirken. Gendergerechte Sprache allein ändert nichts, wenn das Mindset dahinter fehlt.
Ich sehe in meiner Arbeit mit großen US-Unternehmen, dass es anders geht. Employee Resource Groups (ERGs) sind dort integrative Workshops für spezielle interne Gruppen. Etwa Women Empowerment Sessions, die ich hauptsächlich virtuell halte zu Personal Branding, Leadership Branding oder Compassionate Leadership. Und das Beste? Männer nehmen teil. Sie hören zu, verstehen Herausforderungen, entwickeln Empathie. Das ist der Weg nach vorn: Wirklicher Austausch statt bloßer Symbolik. Wenn wir Zukunft gestalten wollen, müssen wir größer denken. Mutiger sein. Strukturen sprengen. Chancengleichheit braucht mehr als Lippenbekenntnisse. Sie braucht echten Wandel.
Gibt es ein spezielles Ereignis, bei Sie denken: „Hätte ich das bloß früher gewusst?“
Ein Moment im Jahr 2017 ließ mich erkennen: Ich bin nicht nur Expertin. Ich bin Unternehmerin. Damals war ich noch als Senior Lektorin an der WU Wien tätig und hatte nebenbei gerade mein eigenes Unternehmen gegründet. In der Kapazität als Einzelunternehmerin, hielt ich einen zweitägigen Workshop für Führungskräfte einer Einzelhandelskette. Ich wusste, dass ich mein Wissen und meine Erfahrung weitergeben konnte, aber was ich nicht erwartet hatte, war die Kraft meines Impacts.
Das Feedback war nicht nur positiv, es war transformativ. Die Teilnehmenden erzählten mir, wie die Inhalte ihre Sicht auf Führung veränderten, die Geschäftsführung die konkreten Auswirkungen auf ihr Unternehmen. Ich sah es in ihren Augen: Das hier bewirkt etwas. Ich bewirke etwas. Und genau da wurde mir klar: Die Selbstständigkeit ist nicht nur ein Schritt, sie ist mein Weg.
Ich hatte lange gedacht, mein Platz müsse in bestehenden Strukturen sein. Dass ich nur dann „richtig“ sei, wenn ich in ein System passe. Doch was, wenn genau diese Systeme mich begrenzten? Was, wenn mein Potenzial nicht darin lag, mich anzupassen, sondern meinen eigenen Raum zu schaffen?
Mein Gamechanger war die Entscheidung, nicht mehr darauf zu warten, dass mir jemand einen Platz gibt, sondern ihn mir selbst zu nehmen. Heute weiß ich: Unternehmertum ist nicht nur Strategie, es ist Mindset. Es geht darum, die eigene Stimme ernst zu nehmen, groß zu denken und mutig neue Räume zu schaffen. Wenn ich eines gelernt habe, dann das: Die Welt gehört denen, die aufhören zu fragen, ob sie dürfen und einfach machen.
Hätte ich das bloß früher gewusst? Vielleicht. Aber vielleicht kommt jede Erkenntnis genau zum richtigen Zeitpunkt, wenn man bereit ist, sie in die Tat umzusetzen.
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