Als studierte Diplom-Kauffrau im Fachbereich Tourismuswirtschaft arbeitet Corinna Döpkens seit 20 Jahren in der Reiseindustrie. Über berufliche Stationen bei TUI sowie führenden Unternehmen im Business Travel hat sie sich ein breites Netzwerk aufgebaut. Neben ihrer Beratertätigkeit hat Corinna Döpkens Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen im Studiengang Tourismusmanagement und schreibt als Autorin für Magazine. Als Unternehmerin engagiert sie sich ehrenamtlich in Verbänden für die Förderung von Frauen und ist Mentorin in einem internationalen Programm für weibliche Gründerinnen. Wenn sie nicht in ihrer Wahlheimat auf der Insel Rügen ist, arbeitet sie von unterwegs rund um den Globus.
Frau Döpkens, junge Menschen gehen oftmals nach ihrer schulischen Ausbildung oder nach dem Studium auf die erste große Reise. Abgesehen von verbesserten Sprachkenntnissen werden viele gerade in dieser Phase zu „Weltbürgern“, bauen Vorurteile ab, begeistern sich für andere Kulturen. Und kommen „auf den Geschmack“: Reisen wird Teil ihrer DNA. Die Pandemie wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die Jahrgänge aus, die jetzt – mit Angst im Gepäck – auf gepackten Koffern sitzen und diese Reisen nicht antreten können. Ein Rückschritt für unsere Gesellschaft?
Ja, das ist ein sehr großer Rückschritt. Der kulturelle Austausch und der Aufbau internationaler Beziehungen ist essentiell. Auch wenn das Reisen innerhalb Europas wieder möglich ist, sind viele Fernstrecken derzeitig noch schwierig. Und gerade das ist wichtig für die jungen Menschen – Erfahrungen in fremden Kulturen wie Afrika oder Asien sammeln, den Horizont erweitern, sich alleine zurechtfinden.
Ich hoffe sehr, dass globale Reisen und Auslandsaufenthalte kurzfristig wieder ohne komplizierte Auflagen geplant werden können.
„Denk ich an die Pandemie des Nachts….“ Sie haben – wenn wir es richtig verstanden haben – ihr privates und berufliches Leben auch ganz praktisch und in jeder Konsequenz mit einer uneingeschränkten Mobilität verbunden. Hand aufs Herz – wie oft haben Sie in den vergangenen Monaten mit dem Gedanken gespielt, „sesshaft“ zu werden?
Gar nicht! Ganz im Gegenteil. Ich war viel unterwegs und habe mich immer mal wieder „rausgezogen“. Immer an einem Ort sein – das kommt für mich nicht in Frage. Ich wäre unglücklich und wenig produktiv bei der Arbeit.
Sie verbringen einen Großteil des Jahres in Südafrika. Auch wenn wir in Europa und Nordamerika derzeit Licht am Ende des Tunnels sehen und langsam wieder zur Normalität des Lebens zurückkehren – in Afrika und Asien wird dieser Zustand nicht so schnell zu erreichen sein. Im Gegenteil: die Situation scheint sich auf den beiden Kontinenten zu verschärfen. Wie empfinden Sie persönlich die aktuelle Situation?
Ich kann nur für Südafrika, im speziellen die Region rund um Kapstadt sprechen.
Während der Pandemie habe ich dort mehrere Wochen verbracht und mich wie immer wohl und sicher gefühlt. In meinen Augen hat man die Situation sehr gut im Griff und handelt umsichtig.
Mir hat sehr imponiert, wie man mit der Krise umgeht und sich nicht unterkriegen lässt – ohne staatliche Hilfen. „Keep life going“ – so ticken die Südafrikaner. Wenn eine Sache nicht mehr funktioniert, hat man eine neue Idee und probiert diese aus.
Leider fehlen komplett die internationalen Touristen – das ist für das Land eine Katastrophe. Ich unterstütze in diesem Zusammenhang einige Projekte, u.a. das „Tourism Recovery Programme“ von enpact in Kooperation mit der GIZ und TUI Care Foundation.
Selbst bekannte Persönlichkeiten und unverbesserliche Optimisten wie Haakon Herbst, der als Regionalpräsident die Geschicke des Hotel- und Gaststättenverbandes in Nordrhein-Westfalen verantwortet, geht davon aus, dass der Geschäftsreiseverkehr wohl dauerhaft um bis zu 30 Prozent zurückgehen und die die Hotellerie „nie wieder das Vorkrisenniveau erreichen“ wird. Als Expertin in Sachen Tourismus und Travel Management: Teilen Sie diese Einschätzung? Und wie wirkt sich diese Entwicklung auf das Berufsfeld Tourismus aus?
Es ist schwierig, hier eine konkrete und langfristige Aussage zu treffen. Stand heute würde ich sagen, dass diese Einschätzung nicht korrekt ist. Berufliche Reisen finden wieder statt. Ehrlich gesagt viel früher und in einem größeren Umfang als ich dachte. Wenn diese Tendenz bleibt, wird man schneller wieder auf Vorkrisenniveau sein als man ursprünglich dachte. Der persönliche Austausch ist eben doch nicht zu ersetzen.
Den Standort für Ihr „Homeoffice“ haben Sie bislang ganz offensichtlich nach Lust und Laune wählen können. Wenn die vergangenen Monate einen Trend gesetzt haben, dann den der Machbarkeit, auch von zuhause arbeiten zu können. Ihre Meinung: wie sehen Sie die Zukunft von ortsunabhängiger Fernarbeit beziehungsweise Remote Work von einem x-beliebigen Ort?
Dieser Trend ist tatsächlich sehr spannend. Vor der Pandemie war die Verknüpfung von Arbeit und Reisen ein Privileg für Freelancer, digitale Nomaden und Co. Nun setzen sich plötzlich viele Unternehmen mit diesem Thema auseinander und überlegen, ob und wie sie ihren Mitarbeitern „Bleisure Travel“ und „Workation“ ermöglichen.
Das ist eine ganz tolle und innovative Entwicklung. Unterwegs bin ich immer am produktivsten und habe Ideen. Und das geht sicherlich vielen so. Warum soll das nicht gefördert werden?
Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das jeweilige Arbeits- und Aufenthaltsrecht, die Steuerpflicht und nötige Versicherungen geprüft werden müssen.
Corinna Döpkens (cd-travelmanagement.com)
Foto: Corinna Döpkens
Fotocredit: Corinna Döpkens/Katharine Linder
Das Interview führte Yvonne Molek